Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus
es mich schon verschlagen hatte, waren nicht für allzu neugierige Kellner bekannt gewesen. Diese Art der Befragung war irgendwie untypisch, selbst wenn man dem Barkeeper zugutehielt, dass er sich wahrscheinlich zu Tode langweilte. »Und nein, keiner von ihnen hat sich die Mühe gemacht, uns eine Warnung zukommen zu lassen. Aber wieso interessiert Sie das überhaupt?«
»Beachte ihn gar nicht«, ertönte eine Sopranstimme neben mir.
Ich drehte mich um. Eine der zwei Frauen am Tisch auf der anderen Seite des Raums war aufgestanden und kam zu uns. Sie war mittelgroß und schlank, und ihr Schritt schwankte nur unmerklich. Im ersten Moment fragte ich mich, ob sie vielleicht Onkel Arthurs Kurier war, aber unter dem hautengen Outfit, das sie trug, hätte sie nicht einmal einen Poker-Chip verbergen können. Wenigstens bedeutete das auch, sagte ich mir zusätzlich, dass wir uns nicht fragen mussten, ob sie eine Killerin war. »Wie bitte?« Meine Stimme klang nicht übermäßig intelligent.
»Ich sagte, du sollst ihn einfach nicht beachten«, wiederholte sie und bedeutete dem Ulkomaal in der mehr oder weniger universalen Geste eines verächtlichen Wedelns mit der Hand, er möge sich trollen; dabei funkelten die großen Klunker, die sie trug, kurz im trüben Licht des Raums. Wo sie uns nun gegenüberstand, sah ich auch, dass sie das »Signaltuch« einer Bardame trug. Das spezielle Schottenkaro des um den Hals gebundenen Tuchs verriet, welche Dienste sie anbot und wie viel sie jeweils dafür verlangte. Ich fragte mich vage, ob Tera auf diesem Gebiet einschlägig bewandert war und hoffte, dass dies nicht der Fall war. »Nurptric der Neugierige, so nennen sie ihn«, fuhr die Frau fort. »Hättet ihr etwas dagegen, wenn ich mich zu euch setze?«
»Die Geschäfte gehen schleppend?«, fragte Tera mit frostiger Stimme. Anscheinend wusste sie um die Bedeutung des Halstuchs.
Die Frau bedachte sie mit einem Lächeln, das zu gut achtzig Prozent schelmisch war. »Deins auch?«, fragte sie honigsüß, schnappte sich einen Stuhl vom Nachbartisch und zog ihn heran. Mit der Hüfte schob sie Tera geschickt beiseite – worauf Tera entsprechend konsterniert reagierte – und platzierte ihren Stuhl mitten zwischen uns. »Ich will mich nur ein bisschen um euch kümmern, wo ihr doch fremd hier seid und so«, sagte sie und ließ sich auf den Stuhl fallen. Dann wandte sie sich mir zu und zeigte Tera die kalte Schulter. »Gibt es irgendein Gesetz dagegen?«
»Es gibt hier kaum ein Gesetz gegen irgendetwas«, entgegnete Tera spitz. »Wie man sieht.«
»Und wie du schon sagtest, die Geschäfte gehen schleppend«, fuhr die Frau fort und machte sich noch etwas breiter, indem sie mit Hüften und Schultern wackelte. »Ich bin sicher, dass ich mit niemand sonst hier ins Gespräch komme. Mein Name ist Jennifer. Möchte jemand mir einen Drink bestellen?«
»Möchten Sie denn nicht woandershin gehen?«, fragte Tera. Sie klang schon regelrecht böse. »Das hier ist eine geschlossene Gesellschaft.«
»Ziemlich kess«, bemerkte Jennifer, und ein amüsiertes Lächeln spielte um ihre Lippen. »Unfreundlich noch dazu. Was führt euch her?«
Tera hatte sich schon halb erhoben und setzte sich dann widerwillig wieder hin, als Chort ihr sachte die Hand auf den Arm legte. »Wir sind leider ziemlich abgebrannt, Jennifer«, sagte ich diplomatisch. »Wir haben kaum genug Geld für den Brennstoff, den wir brauchen. Luxus können wir uns nicht leisten.«
Sie sah mich nachdenklich an. »Wirklich schade«, sagte sie und schaute zu dem Ulkomaal hinüber, der noch immer wie ein dienstbarer Geist hinter Chort stand. »Gib mir einen kleinen vodkaline, Nurp.«
Sein Augenbrauenwulst verfärbte sich kurz zu Magenta, aber er nickte beflissen. »Natürlich. Und für den Rest von Ihnen?«
»Habt ihr vielleicht auch kompri ?«, fragte Chort.
»Nein, nichts in der Art«, sagte Nurptric. »Wir servieren keine craeanischen Getränke.«
»Wir könnten doch zum Hühnerhof gehen«, schlug Jennifer vor. »Wir befriedigen dort alle Arten von Laster«, sagte sie und lächelte Chort verschmitzt an. »Es ist nicht weit – wenn ihr es euch einmal ansehen wollt?«
Chort sah mich unsicher an. »Wenn wir noch Zeit haben …?«
»Nein«, sagte Nicabar in einem scharfen Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Sobald das Schiff aufgetankt ist, sind wir von hier verschwunden.«
»Er hat Recht«, pflichtete ich ihm bei. Mir gefiel die Vorstellung an sich schon nicht, länger als unbedingt
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