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Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Titel: Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Zahn
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ihn ständig mit Fragen abzulenken. Ich nahm mir aber vor, bei unserem nächsten Stopp ein paar Außenbordkameras mit Zoom-Funktion zu installieren.
    Das Pfeifen aus dem Lautsprecher des Funkgeräts kam so unerwartet, dass Shawn und ich einen Satz machten -eine Bewegung, die in der Schwerelosigkeit slapstickartig überzeichnet wurde. »Ich habe es gefunden«, berichtete Chort, als ich die Sicherheitsgurte packte und mich wieder richtig auf den Stuhl setzte. »Es ist nur eine kleine Druckfalte. Leicht zu reparieren.«
    Er hantierte wieder mit seinen Quetschröhrchen. »Das will mir nicht in den Kopf«, bemerkte Shawn. »Wenn das Zeug so gut für die Reparatur von Hüllenrissen und Falten ist, wieso wird dann nicht die ganze Außenhaut damit behandelt?«
    »Gute Frage«, pflichtete ich ihm bei und warf ihm wieder einen verstohlenen Blick zu. Er war ruhig, freundlich, und jetzt machte er auch noch intelligente Konversation. Ich fasste wieder einen Vorsatz – in Zukunft meine Interaktionen mit ihm auf den Zeitpunkt zu verschieben, nachdem er seinen Morgenkaffee oder was auch immer genossen hatte.
    Wenn Chort ein repräsentatives Beispiel für die craeanischen Außeneinsatz-Fähigkeiten war, war es auch kein Wunder, dass sie so begehrt waren. In weniger als zehn Minuten hatte er die Falte versiegelt, zwei Risse identifiziert, die von dieser Stelle ausgingen, und sie ebenfalls abgedichtet. »Alles sicher«, meldete er. »Ich werde noch den Rest der Sphäre kontrollieren, aber ich glaube, das war das einzige Problem.«
    »Hört sich gut an«, sagte ich. »Bevor Sie aber weiter vorgehen, könnten Sie vielleicht noch einmal nach achtern gehen und die Fracht- und Maschinensektion einer schnellen Inspektion unterziehen?«
    »Verstanden.« Chort machte kehrt und ging über die Seite der Frachtsphäre zurück. Dann hielt er inne, stieg an der Seite in Richtung der Verschalung ab …
    Und plötzlich – mit einem erneuten Gefühl der Desorientierung, bei dem sich mir schier der Magen umdrehte -wurde ich auf den Sitz gepresst.
    Shawn japste vor Überraschung und Schmerz, als er wie ein Stein neben mir aufs Deck fiel. Aber ich achtete kaum darauf. Es war geradezu unglaublich und eigentlich auch unmöglich – aber das Schwerefeld der Ikarus hatte sich wieder aktiviert.
    Und dann sah ich ebenso hilflos wie entsetzt, dass Chort gegen die Seite der Frachtsphäre schlug, von der Verschalung abprallte und aus dem Erfassungsbereich des Bildschirms verschwand.
    »Revs!«, brüllte ich in die Gegensprechanlage und riss die Kamerasteuerung herum. »Abschalten!«
    »Ich habe doch gar nichts eingeschaltet«, erwiderte er verärgert.
    »Es ist mir scheißegal, wer es eingeschaltet hat!«, knurrte ich. Ich hatte Chort jetzt wieder auf dem Bildschirm; er hing wie eine Marionette an ihrem Faden am Ende des Sekundärschlauchs auf dem Boden des künstlichen ›unten‹, das der Gravitationsgenerator der Ikarus für diese kleine Raumblase erzeugt hatte. »Schalten Sie es einfach ab.«
    »Kann ich nicht«, erwiderte er genauso schroff. »Die Regler reagieren nicht.«
    Ich knirschte vernehmlich mit den Zähnen. »Tera?«
    »Ich versuch’s auch schon«, ertönte ihre Stimme. »Aber der Computer hat sich aufgehängt.«
    »Dann unterbrecht die Stromversorgung für den gesamten Abschnitt«, blaffte ich. »Das werdet ihr wohl noch hinkriegen, oder? Wenigstens einer von euch?«
    »Ich arbeite dran«, grunzte Nicabar.
    »Der Computer reagiert immer noch nicht«, fügte Tera angespannt hinzu. »Ich sehe ihn nicht mehr – ist er in Ordnung?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich unwirsch. »Und wir werden es auch nicht wissen, bis wir ihn geborgen haben …«
    Plötzlich verstummte ich, und mir stockte der Atem. Weil ich mich zunächst auf Chorts Absturz konzentriert hatte und dann darauf, die Gravitationsquelle abzuschalten, hatte ich mich nicht gefragt, weshalb Chort so tief abgestürzt war. Weshalb Jones den Hauptschlauch nicht ordentlich nachgeführt hatte – und weshalb er nicht schon begonnen hatte, den Craea wieder in die Verschalung zurückzuholen.
    Als ich aber zum ersten Mal seit dem Unfall einen Blick auf die Außenseite des Eingangsbereichs warf, erkannte ich auch den Grund dafür. Über die Kante der Luke hing eine schlaffe Hand in einem Raumanzug neben dem genauso schlaffen Primärschlauch. Jones’ Hand.
    Er rührte sich nicht.
    »Revs, haben Sie noch einen Anzug da?«, rief ich, fluchte leise und versuchte die Kamera so auszurichten, dass sie mir

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