Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus
möchte, dass Jones ihn begleitet und über den Hauptschlauch versorgt. Sonst besteht die Gefahr, dass der sich um die Steuerdüsen wickelt oder geknickt wird, und das würde Zeit kosten.«
»Zumal ich auch schon gehört habe, dass die Sensoren wegen verdrehter Schläuche falsche Werte angezeigt haben«, meldete Tera sich zu Wort. »Er würde dann vielleicht eine Rumpfplatte reparieren, die überhaupt nicht defekt ist.«
»Das wird schon nicht passieren«, versicherte Chort ihr. »Ich werde den Schaden als solchen erkennen, sobald ich ihn sehe.«
»Natürlich werden Sie das«, sagte Everett und stapfte den Gang entlang in Richtung der hinteren Leiter. »Ich schaue mal nach, ob Jones Hilfe benötigt.«
Es befanden sich tatsächlich drei Raumanzüge im Spind, von denen einer Jones ganz gut passte; und mit Everetts Hilfe hatte er den Anzug in fünfzehn Minuten angelegt. Noch einmal fünf Minuten später waren er und Chort unter der Verschalung, die Schotte der Luftschleuse an beiden Enden waren geschlossen, und ich war auf der Brücke. Die Kameras für die Überwachung der Außenhülle waren auf ihren Auslegern ausgefahren.
Und wir waren ebenfalls so weit. »Fertig werden«, rief ich in die Gegensprechanlage. »Revs, schalten Sie die Gravitation ab.«
»In Ordnung«, bestätigte Nicabar aus dem Maschinenraum, und ich verspürte die plötzliche, übelkeiterregende Desorientierung, als der Gravitationsgenerator der Ikarus abgeschaltet wurde. Ich kontrollierte noch einmal den Luftschleusenstatus und wechselte dann auf die Frequenz des Anzugsfunks. »Jetzt sind Sie an der Reihe, Chort. Geben Sie ihm vorsichtig Leine, Jones.«
Wenn man bedachte, dass Jones einen Craea am anderen Ende des Schlauchs hatte, war meine automatische Warnung wahrscheinlich unnötig, wenn nicht sogar lächerlich. Bevor die Außenluke sich noch ganz geöffnet hatte, war Chort bereits draußen auf der Hülle. Er hielt kurz inne, um den Sekundärschlauch an den Verbindungsschlitz anzuschließen, und huschte dann geschmeidig über die Verschalung, wobei er die Hüllenhaken und Klebepads benutzte, als ob er in der Schwerelosigkeit geboren wäre.
»Was dagegen, wenn ich zuschaue?«, ertönte eine Stimme im Eingang hinter mir.
Ich drehte den Kopf. Shawn schwebte direkt vor der Tür und schaute an mir vorbei auf die Monitore. Er wirkte hoch konzentriert und eigentümlich ruhig. »Nein, kommen Sie rein«, sagte ich.
»Danke«, erwiderte er, manövrierte durch den Raum und verharrte schließlich neben meinem Sitz schwebend. »Es gibt keine Bildschirme in der Elektronikwerkstatt, und ich habe noch nie einen Craea im Außeneinsatz gesehen.«
»Es ist auf jeden Fall ein sehenswerter Anblick«, sagte ich und versuchte ein Stirnrunzeln zu unterdrücken, als ich sein Profil musterte. Der unstete, nervöse und sarkastische Junge, der uns dermaßen auf die Nerven gegangen war, als wir draußen vor der Ikarus warteten, schien irgendwann in den letzten sechs Stunden entführt und durch diese fast perfekte Kopie ersetzt worden zu sein. »Wie geht es Ihnen denn?«
Er lächelte leicht verlegen. »Sie meinen, wie es kommt, dass ich mich nicht mehr wie ein Idiot aufführe?«
»So drastisch hätte ich es zwar nicht ausgedrückt«, sagte ich. »Aber wo Sie es nun selbst erwähnen …«
»Ja, ich weiß«, sagte er mit bebenden Lippen. »Aus diesem Grund wollte ich auch mit Ihnen sprechen und Sie dafür um Entschuldigung bitten. Ich war … wohl ziemlich nervös, vermute ich. Sie müssen schon zugeben, dass das wirklich eine merkwürdige Situation ist, und ich komme mit merkwürdigen Situationen nicht besonders gut klar. Und schon gar nicht am frühen Morgen.«
»Ich komme morgens manchmal auch nur langsam in die Gänge«, sagte ich und wandte mich wieder den Bildschirmen zu. »Machen Sie sich deswegen keine Gedanken.«
»Danke. Er ist wirklich gut, oder?«
Ich nickte. Chort bewegte sich langsam am Rand der Abdeckung entlang, die den Zwischenraum zwischen den beiden Sphären überbrückte. Die Gesichtsplatte befand sich nur ein paar Zentimeter über der Hülle, während er über die Oberfläche glitt. Hier und da hielt er für einen Moment an, berührte etwas mit den langen Fingern und wählte gelegentlich eins der Quetschröhrchen aus, die als Bündel an den Unterarmen angebracht waren. Ich zog schon in Erwägung, ihn per Funk zu fragen, was er da tat, doch dann überlegte ich es mir anders. Offensichtlich verstand er sein Handwerk, und es hatte keinen Sinn,
Weitere Kostenlose Bücher