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Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Titel: Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Zahn
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Vielleicht hatte ich ihn jetzt doch nachdenklich gestimmt.
    »Zu viele Personen«, orakelte ich. »Zumal auch schon viele Leute – darunter Raumhafenbeamte – meine Personenkennung im Zusammenhang mit dieser Sache gesehen haben. Leute, die sich vielleicht fragen, wieso ein unabhängiger Schiffer es sich leisten kann, auf diese Art und Weise einen Vertrag zu brechen. Leute, die sich vielleicht fragen, ob dieser unabhängige Schiffer nicht vielleicht noch über andere Einkommensquellen verfügt.« Ich zuckte ansatzweise die Achseln. »Und wenn man sich diese Fragen erst einmal stellt, werde ich Ihnen als Mitarbeiter auch nicht mehr viel nützen.«
    Für eine Weile starrte er mich nur mit ausdruckslosem Gesicht an und atmete schwer. Ich erwiderte den Blick, wobei ich nun auch visuell angemessen zerknirscht wirkte und fragte mich unbehaglich, ob ich mein Blatt eben nicht überreizt hatte. Wenn er mich von unserem Vertrag entband, würde er dadurch den größten Teil der Fünfhunderttausend verlieren, die ich ihm noch schuldete; obwohl die Antoniewicz-Organisation wahrscheinlich allein in einem Monat so viel für Briefklammern ausgab. Falls er allerdings zu dem Schluss gelangte, dass ich ein zu großes Risiko darstellte und nicht mehr vertrauenswürdig sei, würde er mir wahrscheinlich das Licht ausblasen lassen wie bei einer Kerze auf einem Geburtstagskuchen.
    Und es wäre der Gipfel der Ironie, wenn es sich dann herausstellte, dass ich derjenige gewesen war, der ihn dazu animiert hatte.
    »Sie zwingen mir immer wieder solche Entscheidungen auf, Jordan«, sagte er schließlich. Seine Stimme war noch immer kalt, aber ich glaubte eine minimale Erwärmung herauszuhören. »Sie stellen mich laufend vor vollendete Tatsachen. Damit ist jetzt aber Schluss.«
    »Jawohl, Sir«, sagte ich. »Ich werde mich bemühen, das zukünftig zu unterlassen. Es ist nur so, dass die Ereignisse sich förmlich überschlagen und ich deshalb improvisieren muss.«
    »Schluss damit, Jordan«, wiederholte er im gleichen Ton. »Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    »Jawohl, Sir«, sagte ich. »Absolut.«
    »Gut. Weshalb rufen Sie also an?«
    Ich holte tief Luft. »Ich muss einen Dealer finden, Sir.«
    Bei diesen Worten blinzelte er zuerst, und dann legte er die Stirn in tiefe Falten. »Einen Dealer?«, wiederholte er, und die Temperatur fiel wieder auf arktische Minusgrade. Bei dem ganzen Elend, das er mit seinem Happy Glibber verursachte, verwandelte Bruder John sich förmlich in einen Puritaner, wenn es darum ging, dass seine eigenen Leute das Zeug konsumierten.
    »Einen, der Borandis verkauft«, sagte ich eilig. »Eines meiner Besatzungsmitglieder leidet an der Cole’s-Krankheit, und Borandis ist die richtige Arznei. Sie wird auch als ›Schakal-Spucke‹ bezeichnet.«
    »Ja, ich weiß.« Für ein paar Sekunden fixierte er mich mit diesen seelenlosen Augen; sein Gesicht war noch immer ausdruckslos, aber höchstwahrscheinlich fragte er sich, ob ich die Wahrheit sagte oder ihm nur eine Lüge auftischte. Ich hielt den Atem an und versuchte so unschuldig und ehrlich wie möglich dreinzublicken.
    Und dann zuckte er zu meiner Erleichterung die Achseln. »Wieso nicht? Wo sind Sie?«
    Ich holte erst einmal wieder Luft. »Potosi«, sagte ich. »Raumhafen Kacclint.«
    Er grunzte. »Eine Najik-Welt. Ganz anständige Käferfresser.«
    »Jawohl, Sir«, pflichtete ich ihm bei – gelinde erstaunt, dass ein so fremdenfeindlicher Typ wie Bruder John sich überhaupt ein solches Kompliment für eine nichtmenschliche Rasse abzuringen vermochte. Entweder zollte er den Najiki wirklich widerwilligen Respekt, oder aber er verfolgte geschäftliche Interessen im Archipel und scheffelte viel Geld durch seine Deals mit ihnen. Wenn ich hätte raten sollen, dann hätte ich mich für Letzteres entschieden. »Ich muss wissen, ob die hiesige Organisation einen Dealer an der Hand hat, der uns weiterhelfen kann. Und wenn ja, wo er zu finden ist.«
    »Ja.« Bruder Johns Blick schweifte abrupt nach rechts ab. »Einen Moment.«
    Der Bildschirm wurde dunkel.
    Ich holte wieder tief Luft und spürte plötzlich unter der Jacke den Druck, den die Plasmawaffe gegen meine Seite ausübte. Bisher sah es ganz hoffnungsvoll aus. Aber ich wusste, dass ich noch keine »Entwarnung« geben dürfte -nicht einmal vorläufig. Bruder John war für seine extremen Stimmungsschwankungen berüchtigt; und bei dem Missfallen, das er wegen meiner Anwesenheit an Bord der Ikarus bereits kundgetan hatte, wäre

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