Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus
paar Minuten absolviert hatte. Ich beschaffte mir unterwegs ein Verbindungswerkzeug aus dem Mechanikraum und setzte die letzten Konnektoren in die Hüllenplatte ein, so dass sie wieder richtig fixiert war. Dann legte ich mich auf die Koje und versuchte nachzudenken. Ich dachte auch für eine Weile nach, aber diese Überlegungen schienen ins Leere zu laufen. Also stieg ich wieder zum Mitteldeck hinauf, um die Brücke zu kontrollieren.
Tera hielt noch immer brav die Stellung – oder hielt wieder brav die Stellung, falls sie diejenige war, die sich zwischen den Hüllen der Ikarus herumgetrieben hatte. Ich schlug ihr vor, für sie zu übernehmen, während sie sich im Tagesraum etwas zu essen holte; und als sie dann an mir vorbeiging, versuchte ich mich zu vergewissern, ob ihre Kleidung Ölflecken aufwies oder ob sie irgendwie verdächtig roch. Die Sichtprüfung und der »Schnüffeltest« ergaben aber nichts Ungewöhnliches.
Allerdings konnte ich mich auch nicht erinnern, dass ich bei meinem Aufenthalt zwischen den Decks irgendwelche Flecken oder Gerüche wahrgenommen hätte. Also war ich noch genauso schlau wie zuvor.
Als sie aus meinem Blickfeld verschwunden war, unterzog ich die Brücke einer vollständigen Inspektion, wobei ich die Ausrüstung und den anliegenden Kurs kontrollierte. Tera stand nach wie vor ziemlich hoch oben auf meiner Liste der Verdächtigen; und selbst wenn sie nicht diejenige war, die sich die brandneuen Unterbrecher unter den Nagel gerissen hatte, gab es keinen Grund, weshalb ein Saboteur mit einem Faible für Sprechanlagen sein Hobby nicht auch auf lebenswichtigere Ausrüstung ausdehnen sollte.
Aber es war alles in bester Ordnung. Ich ließ mich müde in den Kommandantensitz sinken, legte die Ellenbogen auf die Armlehnen und starrte auf die hypnotisch flackernden Lampen der Statusanzeigen, bis Tera zurückkam. Wir wünschten uns gegenseitig eine Gute Nacht, und ich ging wieder in meine Kabine. In Ermangelung konkreter Hinweise verzichtete ich vorläufig darauf, mir den Kopf wegen dieser Vorkommnisse zu zerbrechen, legte mich in die Koje und schlief ein.
9
Potosi war die bevölkerungsreichste Welt, die wir bislang angeflogen hatten: Sie war so groß, dass sie keine Kolonie mehr war, sondern ein gleichberechtigtes Mitglied des Najiki-Archipels, eines Verbunds aus etwa dreißig Najiki-Welten, die über ein paar Hundert Lichtjahre verstreut waren und dabei die beanspruchten Gebiete beziehungsweise Einflusssphären von mindestens drei weiteren Spezies tangierten. Dass diese anderen Spezies tolerierten, was sie sonst vielleicht als eine nicht hinnehmbare Beeinträchtigung ihrer Souveränität betrachtet hätten, war nur der Diplomatie und dem Verhandlungsgeschick der Najiki geschuldet.
Das – und ihr einzigartiges Talent, Wohlstand zu schaffen und die Bereitschaft, diesen Wohlstand auch mit Regierungen zu teilen, die ihrerseits bereit waren, ihnen ein Wegerecht durch ihr Territorium einzuräumen. Wobei ein Zyniker das natürlich etwas krasser formuliert hätte.
Es gab auf Potosi fünf große Raumhäfen der InterSpiral-Klasse , deren größter und modernster von der Handelsflotte der Patth mit Beschlag belegt wurde. Sobald wir in Reichweite waren, nahm ich Kontakt zum Controller auf und bat ihn, mir einen Landeplatz zuzuweisen, der möglichst weit von ihnen entfernt war. Ich wusste zwar, dass der Controller eine solche Bitte unter Umständen mit gerunzelten Augenbrauen quittieren würde – beziehungsweise mit der Najik-Entsprechung gerunzelter Augenbrauen. Aber das Beinahe-Monopol der Patth auf dem Transportsektor hatte diese Region besonders hart getroffen und einen glühenden Hass auf sie geschürt; und ich wusste, dass die Controller dieses Gefühl ebenfalls verspürten.
Leider bedeutete dieser universale Hass aber auch, dass alle ankommenden Nicht-Patth-Schiffe den gleichen Antrag stellten; und die meisten von ihnen kamen als Stammgäste hierher. Also wurde uns nicht nur der einen halben Kontinent entfernte Landeplatz verweigert, den wir beantragt hatten, sondern wir wurden auch noch mitten auf der Patth-Drehscheibe abgesetzt – ein Ergebnis, das sich nahtlos in das deprimierende Muster der bisherigen Reise einfügte.
Und wieder sagte ich dem Rest der Besatzung, dass sie an Bord bleiben sollten, während ich auf eine Einkaufstour ging. Und wieder waren sie überhaupt nicht glücklich mit dieser Entscheidung.
»Ich glaube, dass Sie die Situation falsch einschätzen«, knurrte
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