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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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Dass du ihn nich richtig gekannt
hast, deinen Mann. Aber man steckt da ja nich drin, nich? Das hab ich auch zu
Simon gesagt, der war auch ganz vonne Socken, wie er das hörte. Und wie sich
das nu erst rumgesprochen hatte, na, da ging das Schlattern los, das war ja
nich mehr feierlich. Da kamen sie auf einmal alle bei mir an und wollten mich
nu ausfragen. Aber ich wusst ja auch nix. Da wurd sich nu mächtig drüber aufgeregt:
Wie das denn sein könnt, das würd ja auf keine Kuhhaut gehn, so viel Frechheit,
erst den Russenkuli spielen und wien Dunkelroter tun, und denn beier erstbesten
Gelegenheit in Westen abhaun, nee, son falscher Fuffziger! So ging das die
ganze Zeit, und du hast das ja mitgekriegt, auch wenn du nu so tun wolltst, als
würd dich das alles nix angehn. Na, die feine englische Art war das ja auch
nich gerade. Auch, wie das denn auf einmal hieß, er hätt da ne andre gehabt, in
Berlin. Und dass er mit der nach drüben war. Oder vielleicht auch gleich eine
von da aufgegabelt hätt. Da hätt ihm das denn hier nich mehr genügt. Und
sowieso hätt er ja wohl von dir die Nase voll gehabt, so wenig, wie er zu Haus
gewesen war, und wenn, denn hätt er nix Bessres zu tun gehabt als mitte Russen
zu saufen. Na, das war ja auch kein Wunder gewesen, so wie du ihn reingelegt
hättst, erst hättst du ihm ein fremdes Kind aus Hinterpommern vorgesetzt, das
er nu mit dir mitheiraten musst, und denn hättst du inne Zwischenzeit schon
still und heimlich das Erbe von dein Vater aufgebraucht, und dabei hätt doch
jeder gewusst, dass ihr ordentlich was auffer hohen Kante hattet, schlecht war
euch das nie gegangen, »Ummer in Saus un Braus lääwt, Ummer nieje Schauh för
den Bengel, anstatt dat se em ierst mool dat Stottern afwööhnt hett«, sagte
Martha denn, und wie er denn gestorben war, dein Vater, da war da gar nix mehr
übrig gewesen. Und dadrauf hätt er ja bloß spekuliert gehabt, dein »Luftikus«,
dass er da was abstauben könnt, sonst hätt er dich doch nie nich geheiratet,
und nu, Pustekuchen, ja denn mal nix wie weg. »Dat hemm wie joo glieks seggt,
dat dei nix döcht!« Da brauchtest du nu gar nich rumjammern. Als ob du
gejammert hättst, na, da kannten sie dich aber schlecht! Den Gefallen hättst du
ihnen nich getan, und wenn da sonstwas passiert war. Da hattst du ja deinen
Stolz.
    Für die Kinder war das nu zum
Glück nich so schlimm, auch wenn das nich gut war, dass da nu kein Vater mehr
im Haus war, aber Ingrid war noch zu lütt, um das mitzukriegen, die war ja noch
kein Jahr alt, und Peter, na, ich sag mal, besonders traurig war er da wohl
nich drum. Dass sein sogenannter Vater jetzt weg war, zu dem er ja nie
>Vater< oder >Papa< gesagt hatt, auch wenn Theo ihm das gern
angewöhnen wollt. Aber der hat doch genau gemerkt, dass da nix dahinter war.
Dass das kein Vater für ihn war. Dass der bloß so angeredet werden wollt,
obwohl er ja gar nich richtig sein Vater sein wollt. So einer war das nämlich
auch, dein Theo, son kleiner Scheinheiliger, da hatten die Leute schon nich
ganz unrecht mit, weil, ich glaub, wenn Peter nu wirklich >Papa< zu ihm
gesagt hätt, war ihm das in Wirklichkeit, ich mein, so insgeheim, so nur für
sich - auch wieder nich recht gewesen.
    Und der Jung hätt einen
richtigen Vater gebraucht, wo er nich bloß so Bummel hintenan gewesen war. Denn
war das mit sein Stottern vielleicht auch besser geworden, er war ja gar nich
zu verstehn manchmal, dein Stotter-Peter. Vielleicht warst du da auch bisschen
enttäuscht von dein Theo. Vielleicht hast du denn gedacht, du müsstst das nu
irgendwie wiedergutmachen. Und Peter hatte das ja gut bei dir. Ich will ja nu
nix sagen, aber manchmal dacht ich, dass du mehr an ihm hängst als an dein
eignes.
    Von Theo hast du nix mehr
gehört. Das stand auch in diesem Bescheid drin, dass, wenn du was von ihm hören
würdst, dass du das sofort melden solltst. Das hast du natürlich nich gemacht.
Nich, dass du was von ihm gehört hättst. Aber gemacht hättst du das sowieso
nich. Ich bin denn erst wieder paar Wochen später zu dir hin und wollt dir was
aus unsern Garten mitbringen, zuerst hatt ich mich ja gar nich getraut, wie das
noch ganz frisch war, ich wusst ja gar nich, in was für ein Zustand ich dich
antreffen würd, und Simon hatte auch gesagt, ich soll nich gleich wieder hingehn.
Und denn komm ich zu dir und sag denn so: »Mensch, Anna, was willst du denn
jetz machen?« Aber ich glaub, das hast du mir irgendwie krummgenommen.
    »Tja, was willst du denn

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