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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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Stube, denn bei euch wurd gar nich in der
Küche gegessen. Und wie deine Mutter da so stand in ihrem schönen Kleid, so ein
schönes Kleid, obwohl sie schwanger war, und ich kannte das ja bloß von meiner
Mutter, dass sie denn immer die ollen Kittel angezogen hat, wenn der Bauch in
ihre Kleider nich mehr reinging, und die waren nu lange nich so schön wie
dieses gelbe Umstandskleid von deine Mutter, also, das vergess ich mein Lebtag
nich, und wie sie sich auch gar nich gewundert hat, dass ich da nu dabei war.
»Na, denn kommt mal rein«, hat sie bloß gesagt, und da hab ich gemerkt, dass
ihr auch zu Hause »ordentlich« sprecht, wie unser Lehrer Herr Pittelkow uns das
beibringen wollt, und da dacht ich so, kein Wunder, dass du das so gut kannst,
Anna, dass unsereiner da nich mithalten kann. Aber ab da wollt ich das dann
lernen, so richtig, und das ganze Mittagessen über hab ich überlegt, wie ich
dich das nu fragen kann, ob du mir das beibringst, das ordentliche Sprechen.
    Und es gab Königsberger
Klopse, das weiß ich noch, als war das gestern gewesen, und das war an einem
Freitag, und das dürft ich meinen Eltern nich erzählen, weil die ja dachten,
dass man freitags kein Fleisch essen darf, dabei gabs bei uns sowieso höchstens
Sonntag mal ein Huhn oder ein Karnickel, meistens Karnickel, und das mocht ich
nich, weil das immer wie eine Katze aussah, wie das da so lag aufm Tisch. Und
ich hab gesehn, wie du die Kapern rausgepükert und mit der Gabel an den Rand
geschoben hast, und so hab ich das denn auch gemacht und keiner hat was gesagt,
aber wie ich da so auf dem Klops rumkaute, hab ich mir gedacht, dass ich das
mit dem Hochdeutsch, wie Herr Pittelkow das nannte, dass ich das auch nich zu
Hause erzähl.
    Und denn gab das noch
Nachtisch, Anna, ich wurd ja nich wieder, und den hab ich mir denn auch noch
hintergeschoben, obwohl ich schon nich mehr könnt, aber das hat alles so gut geschmeckt
bei euch, und ich kannt das ja sonst nich so. Und denn bin ich nach Hause,
immer die Landstraße lang nach Putlitz, und mir war, als müsst ich das nu alles
gleich wieder ausspucken, so stramm war mir der Magen, aber ich dacht, das
darfst du nich, Maria Behn, das darfst du nich, behalt das bloß alles schön
drinne.
    Und wir wohnten gleich an der
Straße, gleich da, wo das reingeht nach Putlitz, und ich sah meine Mutter
schon von weitem ausm Fenster hängen, und da musst ich nu immer drauf zu. »Wo
kümmst du denn nu all her? Weitst du nich, wo du tohus büst?« Na, da wusst ichs
denn wieder. Und wie ich reinkomm, sagt sie, dass es nu zur Strafe kein Mittag
mehr gibt, dass sie das nu schon Karl gegeben hätt. Und da wollt ich ja erst
nich so richtig raus mit der Sprache, aber wie sie mich denn noch mal fragt, wo
ich gewesen bin, hab ich denn gesagt, dass ich bei Anna Hanske war, weil sie
mich mitgenommen hat, und außerdem, dass ich da schon gegessen hab.
    »Möötst du di nu all bi anner
Lüü dörchfuttern? Krist hier nich nauch?«, so was hab ich mir denn alles von
meine Mutter anhören können, weil sie das nu wohl auch gewurmt hat, dass das
nu gar keine Strafe für mich war, dass ich kein Mittag mehr krieg, gab aber
Weiße-Bohnen-Eintopf und war ja schon schlimm genug, dass denn Karl und Heini
wieder die ganze Stube mit ihre - na, Blähungen verpesten, und ich musst da ja
noch mit Heini in ein Bett schlafen, und nur eine Decke, und er hatte so
spitzige Kniee, und was hab ich immer gefroren am Rücken, weil die Decke so
knapp war.
    Denn hat sie sich aber wohl
gedacht, meine Mutter, dass das nu gar nich so verkehrt is, und hat gesagt:
»Öwwer denn bedank di nächstens gefällichst uch un segg de Fru Hanske n schönen
Gruß, ick bring ehr denn ma eis wat vörbi.« Aber das könnt ich mir nu gar nich
vorstellen, dass meine Mutter in ihre Kittelschürze da bei euch auf euer Gehöft
marschiert, und ich hab nächstes Mal auch nix gesagt, und meine Mutter is auch
nie zu euch hin.
    Na, und irgendwann war das
denn ja so weit, dass ich gar nich mehr mittags nach Hause bin, sondern immer
bei dir gegessen hab, und wenn schlechtes Wetter war, durften wir sogar bei
euch in der Stube bleiben oder bei dir in dein Zimmer, aber sonst sind wir
immer raus und immer im Dorf umher und überall rumgestrolcht, und da kam das
denn, dass die Leute »Annamaria« zu uns gesagt haben, zusammen, »kiek eis, doo
kümmt Annamaria allwedder«, wenn sie uns gesehn haben. Und denn war das auch
meistens schon abends, wenn ich gesagt hab, »so, nu muss ich

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