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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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aber mit der Angst gekriegt und ganz laut gesagt: »Mein Vater is aber
auch kein Verbrecher, und der war auch gar nich im Krieg«, und da hast du bloß
gesagt: »Na, weil er noch zu lütt war, und da muss er jetzt vielleicht«, denn
dafür war der Ausweis, hat dein Vater gesagt. Das könnt ich gar nich verstehn,
weil ja gar kein Krieg war, und wie du gesagt hast, »zu lütt«, könnt ich mir
das auch gar nich vorstellen, weil mein Vater son Spacker und Langer war und es
mir nu gar nich in'n Kopp wollt, dass er ja auch mal ein lütter Bengel gewesen
war. Und da musst ich auf einmal lachen, weil ich mir meinen Vater vorgestellt
hab, so wie er da war, nur kleiner, und wie denn einer zu ihm gesagt hat:
»Dootau büst noch tau lütt«, wie er das zu mir gesagt hat, als ich einmal mit
seinem Fahrrad fahren wollt, und da hatt ich auch eine Woche für gebraucht, bis
ich mich getraut hatte, ihn das zu fragen, aber bloß Karl dürft das manchmal.
    Und denn kamen die ja nachher
noch mal. Und da hatten sie grad mit dem Krieg angefangen, und wie das dann an
unsere Tür kloppt, och, das weiß ich noch wie heut, wie meine Mutter und wir
Kinder da Angst hatten, dass sie uns nu den Vater wegnehmen, für ihren Krieg,
dass er nu losmuss in'n Krieg. Aber die wollten bloß wieder so ein Zettel
ausfüllen, und meine Eltern mussten da sogar ihre Heirats- und Geburtsurkunden
und die von ihre Eltern vorzeigen, und das hatten die alles gar nich so parat,
das gab vielleicht ein Kuddelmuddel, kann ich dir sagen. Und denn hat auch Karl
seinen Ausweis bekommen, und er war ja noch n bisschen jung, da haben sie ihn
nich gleich eingezogen, und meine Mutter hat immer gesagt, Gott sei Dank,
nämlich dass sie nich gleich ihren ersten Verehrer geheiratet hatte mit
siebzehn, sondern meinen Vater, denn sonst war ihr Sohn vielleicht heut schon
tot, so hat sie immer gesagt, aber denn musste Karl ja nachher doch los und
Vater auch, und der is ja nich wiedergekommen und Karl auch nich.
    Und fünfundvierzig haben sie
denn auch noch Heini geholt. Und er war grad drei Wochen weg, als der Brief
kam. Und denn bin ich meine Mutter nich mehr vonne Seite, weil sie immer gesagt
hat: »Wenn ick man bloß nich katholisch wier!«, denn würd sie sich nämlich was
antun, hab ich gedacht, und sie war ja da bloß noch Haut und Knochen. Und Simon
war auch noch nich wieder da, und ich schon schwanger mit das zweite Kind, das
wurd ja denn auch nix.
    Und wie das nu mit dir war zu
der Zeit, dadran kann ich mich gar nich mehr so genau erinnern, nich, wie du
das nu eigentlich gemacht hast. Da haben wir uns nich oft gesehen, zu der Zeit,
weil ich dir das wohl auch n bisschen krummgenommen hab, dass du dich nich
gefreut hast, als ich gesagt hab, ich heirat jetz den Simon Wachlowski, da hast
du ja bloß gelacht und gesagt: »Na, weißt das auch genau?«, und ich hab gesagt:
»Natürlich, was denkst du denn, denkst, ich erzähl Leuschen, Anna? Er hat doch
meinen Vater gefragt!«
    Und wie du das denn gemeint
hast, das will mir bis heut nich in Kopp, wie du gesagt hast: »Na das mein ich
ja.« Aber ich glaub, du warst da wohl bloß n bisschen neidisch, was, Anna, dass
du mir das nich gegönnt hast, das will ich ja nu nich sagen, aber bisschen
neidisch warst du. Dass nu ich mal die Erste war, du hattst da ja auch schon
dein kleines Techtelmechtel mit Theo, den hattst du dir ja in Anklam angelacht,
wie er mal auf Urlaub war, aber nu war er wieder an der Front, und ob der nu
jemals zurückkommen würd und dir denn auch noch n Antrag machen, das wusst ja
nu keiner, ob er denn nich längst ne andre hätt, da hast du ja auch dran
gedacht, kann ich mir denken. Und Simon musst ja auch gleich los, aber da war
das doch nu besser, noch fix zu heiraten, als denn so inner Luft zu hängen, und
dass ich da nu zu jung gewesen war für, das stimmt ja nich, die andern hätten
auch mit siebzehn geheiratet, wenn sie einen gehabt hätten, und ich hatt kurz
vorher das erste Mal meinen Trödel bekommen, und worauf hätt ich denn nu noch
warten sollen, meine Mutter hatte gesagt, »nu büst erwachsen«, und da hat sie
ja recht gehabt, mit zweiundzwanzig war das auch nix andres gewesen, außer,
dass ich denn vielleicht Simon nich mehr gekriegt hätt.
    Und du warst denn ja auf
einmal auch ganz alleine bei euch, als dein Vater mit seinem einen Auge am Ende
denn auch noch in'n Krieg musst, und da warst du denn ganz alleine mit deine
neunzehn Lenze in dem großen Haus. Da bin ich denn manchmal hin zu dir,

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