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Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Titel: Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Renner
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wieder der schwarzhaarige Dieb ein, der ihr wie ein gehorsamer Hund gefolgt ist. Irgendetwasan ihm ist seltsam gewesen, aber was? Und dann weiß ich es plötzlich: Als er mich angeschaut hat, lag keine Furcht in seinen Augen. Selbst die Anführerin der Diebe sieht mich an, als wäre ich eine Natter, die jeden Moment ihr Gift verspritzt. Aber Flosters Wolfshund hat keine Angst vor mir. Genauso wenig wie Bruin.
    Die Stärke des Schmieds, sein Wunsch nach Gerechtigkeit und sein unbeugsamer Wille – ich kann nicht fassen, dass nichts davon mehr existiert. Als ich noch jünger war, hat es mich immer getröstet, an ihn zu denken. Genau wie wenn ich an Gerontius gedacht habe. Dabei mochte Bruin mich noch nicht einmal sonderlich, aber das machte mir nichts aus – jedenfalls fast nichts. Ich wünschte, ich könnte vergessen, was ich in der Folterkammer gesehen habe. Grauenvolle Bilder ziehen vor meinem inneren Auge vorbei. Denk an Aidan! An seine strahlend blauen Augen und sein hübsches Lächeln. Einen Augenblick lang sehe ich ihn tatsächlich vor mir. Aber er lächelt nicht, sondern starrt mich vorwurfsvoll an und wendet sich dann von mir ab.
    Mein knurrender leerer Magen vertreibt die Spukbilder, und mir wird klar, dass ich noch nie Hunger – echten Hunger – gelitten habe. Ich habe mich gestern Nacht mit meiner eigenen Magie förmlich selbst aufgezehrt und jetzt sterbe ich fast vor Hunger.
    Soll ich die Tür zertrümmern, bevor auch noch das letzte bisschen meiner Kraft schwindet und ich endgültig hier in der Falle sitze? Ich habe nicht wirklich eine Wahl. Falls Benedict wider Erwarten doch das Lager der Diebe in den Katakomben entdeckt hat, während ich bewusstlos hier drin lag, ist möglicherweise niemand lebend davongekommen.Der Gedanke an niedergestreckte Körper, die Glieder verdreht und zermalmt wie die von Bruin, lässt mich schaudern.
    Langsam und mit vor Schmerz zusammengebissenen Zähnen sammle ich Wasser aus der Luft, um es mit dem Eisen der Türangeln zu verbinden, als die Stille plötzlich von einem schabenden Geräusch durchbrochen wird. Die Klappe vor dem Sehschlitz gleitet zur Seite und das Rechteck füllt sich mit flackerndem Licht. Dann verschwindet das Licht wieder und an seine Stelle tritt ein blutunterlaufenes Auge, das mich lauernd anstarrt. Ich starre wie gelähmt zurück – gehört es einem Dieb … oder einem Magier?
    »Nun mach schon auf«, sagt eine vertraute Stimme und ich sacke erleichtert in mich zusammen. »He, genug geglotzt. Na los, verzieh dich … ich erledige das.«
    Einen Moment später schwingt die Tür nach außen auf und in dem flackernden Licht der Fackel zeichnen sich die Umrisse einer Gestalt ab: klein, aufrecht, dunkel. Ihr spitzes Katzengesicht, das mit meinem auf Augenhöhe ist, ist so ernst und finster wie eh und je, und plötzlich muss ich gegen meinen Willen lächeln. »Guten Morgen, Twiss.«
    Von der Angst und der Panik, die gestern Abend noch jeden Winkel der Katakomben fest im Griff hatten, ist nichts mehr zu spüren. Stattdessen herrscht emsige Betriebsamkeit und die Bewohner gehen wieder zielstrebig ihren gewohnten Pflichten nach. Es steht also keine unmittelbare Katastrophe bevor. Die Angst vor meinem Vater schwindet. Er muss denken, dass ich tot bin. Wird es ihn kümmern? Höchstens insoweit, dass er etwas verloren hat, von dem er glaubte, es würde ihm gehören.
    Und noch etwas ist auffallend anders im Lager der Diebe: Jeder Halbling, an dem wir vorbeikommen, wendet den Blick ab oder ignoriert mich. Ihre Gesichter sind misstrauisch, aber nicht mehr mordlüstern. Herrin Floster ist in der Tat eine Frau, die nicht zu unterschätzen ist.
    Wir gehen durch die Haupthöhle in einen anderen Teil der Katakomben. Die Durchgänge dort sind höher und breiter, und an den Wänden hängen nach ranzigem Fett stinkende Öllampen, deren trübe gelbe Flammen unentwegt flackern – die Katakomben müssen demnach über ein ausgeklügeltes Belüftungssystem verfügen.
    Ich bin so geschwächt, dass ich immer wieder stolpere, und als Twiss schließlich vor einer großen Flügeltür stehen bleibt, kann ich mich kaum noch auf den Beinen halten. Während des gesamten Weges sind zwei der wenigen erwachsenen Diebe – ein Mann und eine Frau – als Wachposten gefolgt, haben dabei aber weder mit mir gesprochen noch Hand an mich gelegt.
    Doch als Twiss jetzt an die Tür klopft und eintritt, rammt mir die Frau den Schaft ihres Speers in den Rücken und stößt mich grob in die

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