Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
röchelnder Atem ist. Ich knie mit gesenktem Kopf auf dem Boden und jeder Muskel in meinem Inneren zittert. Nie war ich dem Tod näher und er zieht sich nur zögernd zurück. Ein Teil von mir würde ihn am liebsten bitten zu bleiben. Um Ruhe zu finden. Um nicht mehr kämpfen zu müssen. Wenn Twiss, die mich besser kennt als jedes andere Vieh, glaubt, ich könnte ihre Leute verraten und dem Tod ausgeliefert haben, was für einen Sinn macht das alles dann noch?
Als ich schließlich die Augen öffne, scheint vor meinem verschwommenen Blick jedes Staubkorn auf dem Boden inHunderten verschiedenen Brauntönen zu glitzern. Langsam, weil mein steifer Nacken die Bewegung nur unwillig ausführt, hebe ich den Kopf und sehe Philip und die anderen Erkenntnissuchenden an, deren Gesichter alle möglichen Empfindungen widerspiegeln, von Bestürzung bis Schadenfreude. Dann schaue ich Twiss an.
Der Wolfshund hat seine kräftigen Arme um sie geschlungen, und Floster, die über den langen Tisch geklettert sein muss, steht mit wütend hervortretenden Augen vor ihr und hat die Hand erhoben, um sie erneut zu schlagen. Doch von allen Anwesenden scheint Twiss diejenige zu sein, deren Bestürzung am größten ist … abgesehen vielleicht von meiner eigenen.
Die junge Diebin starrt mich hasserfüllt an. »Dreckige Magierin! Mörderin!« Immer und immer wieder stößt sie die Worte hervor.
»Ich habe sie nicht verraten, Twiss!« Meine Stimme ist heiser und das Sprechen tut mir weh. »Ich war es nicht!«
Sie glaubt mir nicht. Ich sehe es in ihren Augen.
»Ich habe es versprochen«, flüstert sie wie von Sinnen. »Ich habe es versprochen. Ich habe …«
»Halt den Mund, Twiss!« Floster klingt wütend und gleichzeitig besorgt. »Wie kannst du es wagen, dich meinem Befehl zu widersetzen? Habe ich nicht ausdrücklich gesagt, dass die Magierin unter meinem persönlichen Schutz steht? Ich werde dir den Ungehorsam eigenhändig aus dem Leib prügeln! Es war ein Fehler, dich so viel Zeit mit dem Schmied verbringen zu lassen.« Sie sieht den Wolfshund an. »Diebe können es sich nicht leisten zu lieben! Nicht, solange die Magier in Asphodel herrschen.« Ihr Blick kehrt zuTwiss zurück. »Bruin würde sich für dich schämen. Schämen würde er sich!«
Die Worte zeigen Wirkung. Twiss keucht auf und scheint wie aus einem Fieberwahn zu erwachen. Sie beruhigt sich und leistet keinen Widerstand mehr, aber ihr Blick ist weiter auf mich geheftet und er schwört mir hasserfüllt Rache. Ich habe eine neue Todfeindin: Twiss, die Magier-Mörderin.
19
W arum hast du sie nicht getötet?« Floster hat wieder am Tisch Platz genommen und sieht mich stirnrunzelnd an.
Ich stöhne frustriert auf und wundere mich, wie sowohl Vieh als auch Magier es schaffen, nur das zu hören, was sie hören wollen. »Twiss hat mir das Leben gerettet«, antworte ich zum wiederholten Mal.
Floster schüttelt ungehalten den Kopf. »Eine Magierin, die von einer Diebin angegriffen wird? Sie hätte innerhalb eines Wimpernschlags tot sein müssen.«
Ich schaue Twiss an, die still neben ihrer Herrin steht und den Blick feindselig erwidert, was mir einen überraschend schmerzhaften Stich versetzt. »Ich kann Twiss nicht wehtun«, antworte ich achselzuckend. Mittlerweile ist es mir egal, ob Floster mir glaubt oder nicht. »Sie hat mein Leben gerettet. Außerdem ist sie noch ein Kind.«
Philip stößt ein bellendes Geräusch aus. Es dauert einen Moment, bis mir klar wird, dass es ein Lachen ist. »Ihr seid selbst noch ein Kind«, sagt er.
»Ich bin schon seit Jahren keines mehr.«
»Es heißt, dein Vater hätte deine Mutter umgebracht.« Flosters Stimme klingt triumphierend. Sie glaubt zu wissen, warum ich zur Verräterin meiner eigenen Art wurde. Sie irrt sich, aber das spielt keine Rolle.
»Twiss hat ebenfalls Menschen verloren, die sie liebt«, fährt Floster fort. »Sie ist auch kein Kind mehr. Trotzdem … ich denke, mir bleibt nichts anderes übrig, als dir Glauben zu schenken.«
Die neue Hoffnung, die unvermittelt in mir aufwallt, ist so ungestüm, dass es mich erschreckt: Mir war nicht bewusst, dass ich so sehr leben will.
Die Herrin der Diebe wendet sich Philip zu. »Ich habe mich geirrt. Wie es scheint, hasst die Magierin ihren Vater mehr als uns. Der Verräter muss ein Erkenntnissuchender sein.«
»Oder ein Dieb!« Philip zieht eine Braue hoch. »Woher wollt Ihr wissen, dass Benedict nicht einen Eurer Leute bestochen hat?«
»Es ist kein Dieb.« Flosters Stimme ist
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