Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
Der mächtige Erzmagier hat den Kuss des Todes gespürt. Er weiß, wer heute sterben sollte. Ich schaue auf die tote Diebin hinunter und trauere aufrichtig um sie und ihre Tapferkeit. Doch wenigstens wird Aris nie wieder auch nur ein Vieh quälen und töten.
»Wir sind hier nicht mehr sicher, Benedict!« Goddart ringt nervös die Hände und beobachtet, wie die Wächter,denen ausnahmsweise erlaubt wurde, die Tempelanlage zu betreten, den Olivenhain durchkämmen und langsam näher kommen. Ich muss weg, bevor der Falke entdeckt wird, aber …
»Goddart hat recht«, sagt Wonset. »Darf ich vorschlagen, dieses Treffen in einer geschützteren Umgebung fortzusetzen?« Ihre Stimme klingt bissig.
Die Wächter rücken immer näher. Sie suchen mit ihren Speeren jeden Strauch und Baum ab. Ich entdecke Otter unter ihnen und frage mich erneut, wem seine Loyalität gilt. Wusste er von dem Anschlag? Weiß er, dass ich hier oben in dem Falken sitze?
»Ihr habt keine andere Wahl, als meine Gastfreundschaft anzunehmen und die Nacht in meinem Palast zu verbringen. Ich versichere Euch, dass wir dort von niemandem gestört werden.« Benedicts Stimme ist wieder ruhig und gefasst, aber ich spüre, wie seine Wut die Luft zum Vibrieren bringt. »Aris wird verschwinden müssen. Wir können uns später eine Erklärung überlegen, aber es darf nicht bekannt werden, dass ein Erzmagier von Vieh getötet wurde. Wonset, kümmert Euch um seine Leute. Wir schicken einen Boten in seine Stadt. Aber diesen Mord hat es nie gegeben.«
Kümmert Euch um seine Leute? Als ich ins Gesicht der alten Magierin sehe und verstehe, was gemeint ist, halte ich entsetzt die Luft an und vergesse für einen winzigen Augenblick, den Geist des Falken im Griff zu behalten. Der Raubvogel kreischt auf, schlägt mit den Flügeln und hebt in die Luft ab.
»Was ist das?«, höre ich Falus alarmierte Stimme. »Dort oben, im Baum! Das Biest hole ich mir …«
Schnell verlasse ich den Falken, rolle meinen Bewusstseinsfaden auf und falle ohnmächtig in meinen Körper zurück.
Als ich die Augen öffne, laufen mir Tränen übers Gesicht. Ich sehe den Wolfshund an und bringe kein Wort hervor. Er zieht mich an sich und hält mich fest, und ich klammere mich zitternd und weinend an ihn, bis ich vor Erschöpfung kopfüber in ein tiefes weißes Nichts stürze.
23
G ebt ihr noch mehr, Meisterin Quint.«
Ich habe Met noch nie gemocht. Die Apothekerin drückt mir den Becher mit der goldenen Flüssigkeit in die Hand, aber ich starre ihn bloß widerwillig an.
»Trink, Zara. Wir haben nicht viel Zeit.«
Ich schaue Floster an. Mein Herz fühlt sich an, als wäre es mit einer Eisschicht überzogen. »Wer war sie?«
Die harten Züge der Diebin werden weicher und nehmen einen traurigen Ausdruck an. »Ein gutes und mutiges Mädchen«, antwortet sie. »Und deine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass ihr Tod nicht umsonst war. Trink endlich, Zara, damit du wieder zu Kräften kommst und heute Abend in den Palast kannst. Wir müssen wissen, was sie planen.«
»All die Tribute, Aris’ Wächter … Sie …«
»Du kannst nichts mehr für sie tun. Aber für die anderen. Sonst wird es nie aufhören. Das weißt du, Zara. Deswegen hast du dich uns angeschlossen. Gib jetzt nicht auf.«
»Ich kann nicht …« Ich atme langsam ein und aus. Natürlichkann ich. Ich habe gar keine andere Wahl. Es stimmt, ich bin am Ende meiner Kräfte und zittere immer noch am ganzen Körper. Aber der Honigwein macht mich angenehm benommen und mutig genug, um Floster zu fragen, ob ihr klar war, dass Benedict die Wachen umbringen würde.
»Mirris Pfeil war für Benedict bestimmt. Sie war meine beste Bogenschützin.« Die Diebin seufzt. »Immerhin werden die anderen Tribute überleben. Nur die von Aris mussten zum Schweigen gebracht werden.«
»Otter ist ebenfalls dort gewesen.«
»Ja.« Flosters Augen und ihre Stimme geben nichts preis. »Konzentriere dich auf deine Aufgabe, Zara.« Sie deutet auf die Ratte, die in einem Käfig zu Füßen des Wolfshunds hektisch im Kreis läuft. Ich schaue in seine braunen Augen und danke den Göttern, dass ich bei dem, was vor mir liegt, wenigstens diesen Mann an meiner Seite habe. Ich weiß jetzt, warum Floster ihm so bedingungslos vertraut. Er ist wie eine Eiche. Ernst erwidert er meinen Blick.
»Wir müssen los«, sagt er. »Packt sie warm ein. In den Tunneln ist es kalt, und das Mädchen kühlt völlig aus, wenn sie in einem Tier ist. Bleib deinem Körper heute Nacht nicht
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