Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zarias Geheimnis

Zarias Geheimnis

Titel: Zarias Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
Vom Netzwerk:
Sie stand neben einem Tisch und sortierte mit flatterigen Händen aufgetürmte Briefumschläge. Von der Seite konnte man ihre sommersprossige Nase, eine schmale Wange und ihr langes rotes Haar erkennen. Sie trug ein schwarzes Kleid mit einem Gürtel um die Taille.
    Sam ging zur Tür und schob sie mit dem Handballen zu. »Keine Fliegen, Mom.«
    »Ich gehe nach Denver und werde dem Chef eures Dads die Meinung geigen«, sagte sie und warf die Umschläge auf den Tisch. »Er muss mir endlich sagen, warum wir nichts von eurem Vater gehört haben.« Sie wandte sich Sam mit vor Wut funkelnden blauen Augen zu. »Wenn er meine Anrufe nicht annimmt und meine E-Mails nicht beantwortet, werden wir ja sehen, wie es ihm gefällt, wenn ich in sein Büro gestürmt komme.« Für eine so kleine Frau wirkte sie erbarmungslos.
    Ihr Vater? War er verschwunden ?
    »Soll ich mitkommen?«, fragte Sam.
    Die Frau nahm einen Schlüsselbund vom Tisch. »Nein. Du musst auf Jenna aufpassen.« Sie schnappte sich ihre Handtasche, die so schwarz und glänzend wie ihre Schuhe war. Das kleine Mädchen rannte zu ihr und umklammerte ihre Beine. »Sei brav, Liebes«, sagte ihreMutter und drückte Jenna einen flüchtigen Kuss auf den Kopf. »Ich bin bald zurück. Sam, bestell eine Pizza.«
    Sie lief mit laut klackernden Absätzen an mir vorbei und verschwand durch die Tür, die Sam gerade geschlossen hatte.
    »Kommt Daddy zurück?«, wollte Jenna von ihrem Bruder wissen.
    »Na klar.« Sam lächelte sie an, aber es lag Sorge in seinem Blick. Er nahm seine kleine Schwester hoch. »Komm, wir schauen uns die Videos auf meinem Handy an.«
    »Okay.« Sie wirkte sofort viel fröhlicher.
    Ich folgte ihnen eine Treppe hinunter, die so schmal war, dass ich meine Flügel eng an den Rücken schmiegen musste, um nicht mit ihnen gegen die Wände zu stoßen. Ich beobachtete die Geschwister von der Tür aus und blickte in einen pastellgelb gestrichenen Raum. Sam knallte einen roten Gegenstand auf einen Schreibtisch. Dann nahm er einen schwarzen Stift, der wie mein Zauberstab aussah, und benutzte ihn, um farbige Symbole und Nummern auf der Vorderseite des roten Dings anzutippen.
    Auf dem Schreibtisch leuchtete ein Bildschirm auf. Zuerst dachte ich, es wäre ein Fernseher, ein Gerät, das wir im Menschenkultur-Unterricht durchgenommen hatten. Als Blutstein uns zum ersten Mal davon erzählte, hatte Meteor eingewandt:
    »Haben Sie nicht gesagt, Menschen verfügen über keine Magie?«
    »Das ist richtig«, hatte Blutstein ihm versichert.
    »Aber wie können sie ohne mächtige Magie Ereignisse aus der Vergangenheit zeigen?«
    »Man nennt es Technologie«, erwiderte Blutstein. »Und es verändert die Erde schneller, als Magie es je könnte.«
    Als ich den Bildschirm vor Sam und Jenna betrachtete, musste ich Meteor zustimmen. Darauf waren Szenen zu sehen, Orte und Menschen, die nicht im Raum waren. Wie war das möglich?
    Sam hatte Jenna auf dem Schoß. Sie lachte und zeigte auf den Bildschirm, aber er schien nicht bei der Sache zu sein. Da sein Vater offenbar verschwunden war, konnte ich mir denken, was ihn gerade beschäftigte.
    Jenna kreischte auf. »Eine Elfe!« Sie zerrte an Sams Arm. »Schau, sie fliegt.«
    Sam beugte sich um sie herum vor und starrte den Bildschirm an. »Mann! Was zum …?«
    Auf dem Bild war ich zu sehen, wie ich davonflog. Ich blickte einmal zurück und schwebte einen Moment lang an Ort und Stelle, bevor ich in den Himmel abhob.
    »Wer hat an meinem Handy herumgespielt?«, fragte Sam. Seine Hand schnellte vor und berührte etwas auf dem Schreibtisch. Dann bewegte er die Finger, und der Film spulte zu der Stelle zurück, an der mein Gesicht zu sehen war. Mein Bild erstarrte; ich bewegte mich nicht mehr; ich schien in diesem Augenblick aus der Vergangenheit eingeschlossen.
    Technologie war Magie.
    »Sie hat violette Augen«, sagte Jenna.
    »Irgendjemand hat sich in mein Handy gehackt!«, rief Sam aus.
    Ich wünschte, ich könnte sein Gesicht sehen. Was meinte er mit gehackt ?
    »Und violette Flügel«, plapperte Jenna weiter.
    »Ja. Sie ist wunderschön«, meinte ihr Bruder. »Jason muss sie da reingespielt haben.«
    Reingespielt?
    »Violett, violett, violett«, trällerte Jenna. Sie verdrehte den Oberkörper, um zu Sam aufzusehen. »Wie macht sie das mit dem Fliegen?«
    Sam atmete tief durch. »Das wüsste ich auch gerne.«
    Jenna schnappte nach Luft. Sie heftete den Blick auf mich. »Schau!«, rief sie und streckte einen Finger aus.
    Ich hatte völlig

Weitere Kostenlose Bücher