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Zarias Geheimnis

Zarias Geheimnis

Titel: Zarias Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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mich wie Messer mit Perlmuttgriffen. »Ich verstehe, warum ein Waisenkind wie du zunächst so misstrauisch sein würde, aber eines Tages wirst du begreifen, dass ich die beste Mentorin bin, die du dir wünschen könntest.« Sie tippte den falschen Zauberstab an, den ich ihr gegeben hatte. »Disclosan nos enchanterel.«
    Der Stift leuchtete kurz auf und wurde wieder schwarz.
    Lily nickte. »Dieser so genannte Zauberstab weist keine Aktivität auf.« Sie ließ den Stift auf den Boden fallen, als wäre er ein Stück Müll. »Und dennoch habe ich dich heute Morgen den Beförderungszauber anwenden sehen, und du hast dich mit einem Schutzzauber umgeben.«
    Ich betrachtete Sams Stift, ein schmaler schwarzer Streifen auf dem Teppich.
    »Nur drei Tage mit einem Zauberstab«, fuhr Lily fort, »und du hast bereits den Hohen Rat von Elfenland hintergangen.«
    »Ihretwegen«, schrie ich. »Sie haben das Zauberbuch meiner Mutter gestohlen!«
    Als ich den zufriedenen und schadenfreudigen Blick in ihren Augen sah, wünschte ich, ich könnte meinen Ausbruch ungeschehen machen. Beryl hatte mich davor gewarnt, ihr etwas über mich oder meine Gefühle zu verraten.
    »Beeindruckend, Zaria. Du belegst deine Mentorin mit einem Schlafzauber, machst dich unsichtbar. Dann ein falscher Zauberstab. Du erweist dich als ebenso einfallsreich wie dein Vater.«
    Ich schluckte schwer. »Mein Vater?«
    »Hast du das nicht gewusst? Gilead Turmalin war in ganz Elfenland für seinen großen Einfallsreichtum bekannt.«
    Mein Vater war in ganz Elfenland berühmt gewesen? Warum hatte mir das niemand gesagt? Ich wollte Lily mit Fragen bombardieren, aber mir schnürte sich die Kehle zu, als wäre ihr Knebelzauber erfolgreich gewesen.
    »Jetzt zeig mir deinen echten Zauberstab.« Sie streckte erneut die Hand aus.
    »Er…erzählen Sie mir von …« Ich konnte den Satz nicht zu Ende sprechen.
    »Zuerst deinen Zauberstab, Zaria, dann erzähle ich dir von Gilead.«
    Sie bot mir die eine Sache an, die ich mir am meisten wünschte. Wie verlockend es war, mich nicht mehr gegen sie aufzubäumen und sie einfach tun zu lassen, was sie wollte. Sie wusste so viel mehr als ich über Radia und Elfenland – und über meinen Vater. Wie konnte ichmir die Chance entgehen lassen, die Wahrheit zu erfahren, die mir alle vorenthielten?
    Wenn ich Lily meinen Zauberstab gab, würde sie herausfinden, welche Zauber ich angewandt hatte und wie viele. Sie würde jedoch nicht erfahren, wie oft ich auf der Erde gewesen war oder dass ich Leona geholfen hatte, ihren Zauberstab von einem Menschen zurückzuholen; sie würde weiterhin nichts über das Portal in Galena erfahren; und sie würde auch nicht dahinterkommen, dass ich Beryl im Hässlichen Krug an der Grenze zur Kobold-Kolonie gesehen und das Zauberbuch meiner Mutter unter einem Baum vergraben hatte.
    Aber sie würde mir von meinem Vater erzählen.
    Ganz langsam holte ich meinen echten Zauberstab hervor.
    »Gut«, sagte Lily.
    Doch dann zögerte ich. Vor einer knappen Stunde hatte ich auf die Ehre meiner Familie geschworen, niemals irgendjemandem meinen Zauberstab zu geben. Niemals. Niemandem. Wie konnte ich jetzt schon in Erwägung ziehen, diesen Schwur zu brechen – und auch noch ausgerechnet für Lily Morganit?
    Ich steckte den Zauberstab hastig zurück in mein Kleid.
    Sie beugte sich zu mir vor. »Ich kann dich zwingen, deinen Zauberstab dem Hohen Rat auszuhändigen«, sagte sie ruhig. »Aber ich würde den Zauber lieber nur unter vier Augen anwenden.«
    Ich spürte, wie mich ihre Willenskraft unter Druck setzte. Sie würde nie aufgeben!
    Ich dachte an den Moment zurück, als ich auf die Ehre meiner Familie geschworen hatte, an den Moment, als sich die Kräfte meines Vaters, meiner Mutter und meines Bruders mit meinen vereint hatten.
    »Nein«, sagte ich.
    Lily seufzte. »Zaria, du bist so einsam und verloren. Du brauchst jemanden, der dich führt. Und ich kann dich durch alle Gefahren hochstufiger Magie geleiten. Ich habe nur versucht, das Zauberbuch deiner Mutter an mich zu nehmen, um es sicher zu verwahren. Hast du auch nur die geringste Vorstellung davon, wie gefährlich es war, das Buch an einem so ungeschützten Ort zu lassen? Beryl Danburit meint es ja gut, aber sie weiß ganz offensichtlich nicht, wie sie die Interessen einer violetten Elfe wahrnehmen soll, und versteht auch nicht, wie versucht du sein würdest, die Zaubersprüche im Buch deiner Mutter auszuprobieren – Zauber, die deine Radia-Vorräte erschöpfen und

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