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Zarias Sehnsucht

Zarias Sehnsucht

Titel: Zarias Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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wir auch mit.«
    »Und der andere … den ich riechen, aber nicht sehen kann?«
    »Lass ihn hier. Der riecht nach Ärger.«
    Meine Wange ruhte auf jemandes Schulter, einer Schulter, die sich mit jedem Schritt hob und senkte. Ich konnte die Stille der Nacht hören, die von Schritten durchbrochen wurde; ich konnte die Arme spüren, die mich trugen. Ja, ich war wach, aber meine Augen blieben geschlossen, ganz gleich, wie sehr ich mich anstrengte, sie zu öffnen.
    Ich versuchte, mich daran zu erinnern, wo ich vor diesem langen Marsch gewesen war. Ich hatte etwas tun wollen, etwas, das mir und vielen anderen helfen würde, etwas von großer Bedeutung. Mein Geist tauchte jedoch immer wieder ab; ich konnte keinen klaren Gedanken fassen.
    Verzaubert. Ich bin verzaubert.
    Wenn ich nur meinen Zauberstab berühren könnte! Lag er immer noch in der Tasche meines Kleids? Und hatte ich nicht noch etwas anderes bei mir – etwas genauso Wichtiges? Ich musste mich irren. Wenn ich etwas so Wichtiges wie meinen Zauberstab bei mir gehabt hätte, würde ich mich daran erinnern.
    So ging es weiter – mein Geist suchte nach etwas, worüber ich, wie ich glaubte, Bescheid wissen müsste. Manchmal schien das Gesuchte in greifbare Nähe zu kommen, aber dann trieb es wieder weg. Wieder und wieder.
    Wohin gehen wir?
    Ich erwachte – wenn man es so nennen konnte –, als mich derjenige, der mich trug, auf die Füße stellte. Stützende Hände hielten mich aufrecht, während ich mein Gleichgewicht fand. Endlich konnte ich meine Augen öffnen.
    Zuerst sah ich nur einen Dunstschleier. Ich blinzelte unaufhörlich, bis er sich endlich auflöste. Was ich erblickte, erschütterte mich so sehr, dass ich hinfiel. Dieselben Hände zogen mich wieder auf die Füße.
    Ich befand mich in einer riesigen Halle. Gewaltige Steinblöcke, größer als jedes Haus in Elfenland, waren aufeinandergestapelt und bildeten fünfzig Flügelspannweiten hohe Mauern. Man hatte die Steine so sorgfältig zusammengefügt, dass kein Mörtel notwendig war. Der Boden, auf dem ich stand, glänzte wie poliert. Sanftes Licht erfüllte die Halle, auch wenn ich nicht sagen konnte, woher es kam.
    Und ich war keineswegs allein.
    Aus den Mauern ragten unzählige Reihen mit Balkons voller Wesen, die schweigend auf mich hinunterblickten, Wesen, wie ich sie noch nie gesehen hatte.
    Neben mir sagte jemand etwas. »Tr-rohle.«
    Ich drehte mich nach links und entdeckte Meteor. Auch ihn hatte man hingestellt, und er wurde von mehreren Händen aufrecht gehalten.
    Trolle! Wir hatten in der Schule ein wenig über sie gelernt. Aber die Beschreibungen von Trollen waren ebenso unzutreffend wie die der Gnome. Zunächst einmal hatte man uns gesagt, dass Trolle tollpatschig und schwerfällig seien. Falsch. So viel wusste ich bereits. Die Wesen, die Meteor und mich hierher gebracht hatten, hatten sich in einem geschmeidigen Rhythmus fortbewegt, ohne ein einziges Mal zu stolpern. Zweitens waren Trolle angeblich viel größer als der größte Elf und extrem stark – mit der Fähigkeit, mühelos Felsen zu zermalmen. Nun ja, die Trolle neben uns waren vielleicht einen Kopf größer als Meteor. Ob sie Felsen zermalmen konnten, wusste ich nicht. Drittens hieß es, Trolle wären mit dichtem Fell bedeckt und hätten hässliche Gesichter. Die hier versammelten Trolle hatten jedoch glatte, unbehaarte Haut. Merkwürdigerweise waren sie alle auf dieselbe Art und Weise gekleidet – mit einer einfachen orangefarbenen Tunika. Ihre weit auseinanderstehenden Augen waren groß, schwarz und recht hübsch. Sie hatten breite Münder, dünne Lippen und riesige Nasen.
    Nicht schrecklich. Nur Furcht einflößend.
    Ich versuchte, meine Flügel zu bewegen, aber sie hingen wie nutzlose Lappen herunter. Und als ich mich noch einmal daran zu erinnern versuchte, womit ich beschäftigt gewesen war, kurz bevor mich die Trolle fanden, hatte ich das Gefühl, als hätte man meine Erinnerungen in dunklem Wasser ertränkt.
    Zu meiner Überraschung konnte ich mit der Hand in meine Tasche schlüpfen und meinen Zauberstab greifen. Warum hatten sie ihn mir nicht abgenommen? Sie fürchteten sich wohl kein bisschen vor meiner Magie.
    Aber ich hatte Angst vor ihrer. Schreckliche Angst.
    Die Trolle vor uns traten zur Seite und gaben den Blick auf einen Granitstuhl frei, der so sauber aus dem Stein gehauen war, dass man den Eindruck hatte, er wachse aus dem Boden. Darauf saß ein Troll mit goldener Haut. Seine Tunika war braun und nicht orange und

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