Zarter Mond - Hawthorne, R: Zarter Mond - Dark Guardian - 03 Dark of the Moon
die anderen darstellte. Verhielt ich mich vollkommen selbstsüchtig?
»Meine Mom kommt morgen zurück. Vielleicht hast du Recht. Vielleicht stimmt mit meiner Geburtsurkunde etwas nicht.Vielleicht das Geburtsjahr. Ich rede mit ihr.«
»Sie werden dich nicht aus dem Rudel werfen, wenn du … anders bist«, beruhigte sie mich.
»Aber ich kann kein Dunkler Wächter sein.«
»Es schränkt dich in deinen Fähigkeiten ein, wenn du dich nicht verwandeln kannst«, räumte sie ein.
»Ja, ich weiß. Ich kann nicht riechen, wer gerade mit wem rummacht.«
Spielerisch knuffte sie nun meine Schulter und schien zu verstehen, dass ich versuchte, meine schwierige Situation zu verharmlosen. »Es geht um mehr.«
»Ich weiß«, erwiderte ich ernst. »Wenn meine Mom keine Antwort weiß und wenn beim nächsten Vollmond wieder
nichts passiert, dann werde ich mich outen und unsere Gemeinschaft verlassen.«
»Ich glaube nicht, dass du so weit gehen musst. Es muss doch irgendetwas geben, was du tun kannst. Vielleicht kannst du am Computer arbeiten oder so.«
»Lindsey, ich habe mich mein Leben lang darauf vorbereitet, eine Kriegerin zu werden. Ich habe mir nichts so sehr gewünscht, wie ein Wolf zu sein. Heute Abend, als Connor sich verwandelt hat, war ich überwältigt von seiner Fähigkeit, zu einem derart wundervollen Wesen zu werden. Gleichzeitig war ich vollkommen verzweifelt, weil ich diese Erfahrung noch nie machen konnte. Ich hab es so satt, immer nur die langweilige, öde Brittany zu sein.« An dieser Stelle hielt ich inne, um nicht auszuposaunen, dass ich die Motive von Bio-Chrome verstehen konnte. Sie waren wie ich: neidisch auf das, was sie nicht zustande brachten.
Lindsey fehlten ganz offensichtlich die Worte. Wie hätte sie mich trösten können? Wir wussten beide nicht, was mit mir los war. Ich stand auf. »Gute Nacht.«
Unser Zimmer war leer. Kayla schaute entweder noch den Werwolf-Streifen, oder sie hatte sich mit Lucas davongeschlichen, um ein bisschen mit ihm allein zu sein. Ich tippte auf das Letztere. Junge Liebe. Würg.
Aber ich sehnte mich auch danach.
Nachdem ich mich bettfertig gemacht hatte, starrte ich in das Mondlicht, das durchs Fenster fiel, und betrachtete das Schattenmuster, das es auf meine Beine warf. Der Vollmond war verschwunden. Es ging auf Neumond zu.
Ich stellte mir vor, wie es sein würde, wenn das Mondlicht auf meiner Haut kribbelte, so wie es gekribbelt hatte,
als Connor mich berührte. Seine Finger waren rau und schwielig von all der Arbeit im Freien, aber sie waren ganz sanft über meinen Rücken gestrichen. Mir wurde warm, als ich daran dachte, fast genauso warm wie in dem Moment, als es passiert war. Ich versuchte, ihn aus meinem Kopf zu verscheuchen. Aber beim Einschlafen erwartete er mich wie immer in meinen Träumen.
8
A m nächsten Morgen war Connor beim Frühstück nirgends zu sehen. Da ich keine Lust zum Reden hatte, setzte ich mich an einen leeren Tisch in der Ecke. Ich war so konzentriert darauf, mein Frühstück reinzuschaufeln, dass ich Lucas erst bemerkte, als er bereits neben mir saß.
Statt einer Begrüßung zog ich nur kurz die Braue hoch und trank meinen schwarzen Kaffee, obwohl ich wusste, dass mir das einen baldigen Termin fürs Zähnebleichen einbringen würde. Mein Verhalten schien ihn zu amüsieren.
Doch plötzlich wurde er ernst. »Wir müssen reden.«
»Dann schieß los«, erwiderte ich achselzuckend.
»Hier ist kein guter Ort dafür.«
Ich schaute mich um. Einige Leute starrten uns mit unverhohlener Neugierde an, während die Höflicheren versuchten, ihr Interesse zu verbergen. Wahrscheinlich wurde ich langsam paranoid, denn ich hatte das Gefühl, alle würden den Freak in mir sehen, der ich war.
»Also wo?«, fragte ich und bemühte mich, mein Unbehagen zu verbergen.
Wir gingen aufs Dach. Ich fühlte mich seltsam befreit hier oben. Wenn man sich umschaute, sah man nichts als Wald, der sich bis zu den weit entfernten Bergen hinzog.
»Immer wenn ich vergesse, was es ist, das wir schützen sollen, komme ich hier herauf«, sagte Lucas ehrfürchtig. »Ich denke an die Sommersonnenwende, wenn wir uns hier versammeln, um unsere Existenz zu feiern. Ich denke daran, wie zerbrechlich sie ist und wie viel wir verlieren könnten, wenn sie bekannt wird.«
Er teilte also die Befürchtungen der Ältesten. Kein Wunder, denn einer von ihnen war sein Großvater.
»Wie Kayla glaubt auch Connor, dass wir unsere Existenz vielleicht öffentlich machen sollten«, sagte
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