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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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Finessen hatten dazu geführt, dass sich Kusters privates Bankkonto angenehm füllte.
    2007, das war aber auch wirklich ein besonders fettes Jahr gewesen, hatte er sogar knapp an der Grenze von einer Million gekratzt, sagenhaft, das alles für etwas Gequatsche, Stühlerücken und Butlerservice in allen Lebenslagen. Wirklich in allen, obwohl Kuster diese Dienste selbst nur sehr selten in Anspruch nahm, hatte er sich auch ein Verzeichnis der besten Escort-Services in den wichtigsten Hauptstädten der Welt zugelegt. Die verdienen ja noch mehr als ich, hatte er staunend bemerkt, nachdem er das erste Mal zwei Luxusnutten für ein kleines Weekend auf der Luxusyacht des Luxuskunden organisiert hatte und die flotte Rechnung über 50000 Dollar vom Geheimkonto, von dem außer Kuster, dem Kunden und zwei Erbsenzählern bei der Kreditunion niemand etwas wusste, abgebucht hatte.
    Das war das erste Mal gewesen, als Kuster sich plötzlich fragte, was ihn denn eigentlich von diesen Luxusnutten unterschied, aber er hatte den Gedanken schnell wieder verdrängt. Anständige Arbeit unterschied ihn sicher nicht, das wusste er, denn fast achtzig Prozent seiner Kunden legten sehr großen Wert auf eine steuerneutrale Behandlung ihrer Gelder, zögerten keine Sekunde, einen Privatjet für 10000 Franken die Stunde zu mieten, wenn die Sause in Zürich mal wieder etwas länger gedauert hatte und die Gefahr bestand, dass sie sonst am nächsten Vormittag zu spät auf den Golfplatz in Sardinien kämen. Aber dem gierigen Staat auch nur einen Franken Steuern in den Rachen zu schmeißen, niemals, da gaben die Kunden lieber ein paar zehntausend Franken zusätzlich für die Errichtung einer Stiftung, die Anmietung eins Treuhänders in Liechtenstein und die Installation eines Trusts auf den Kanalinseln aus.
    Kuster nahm wieder einen Schluck vom Palmer; etwas müde im Abgang, bemerkte er kritisch, vielleicht hätte ich ihn doch länger belüften sollen. Nun, setzte Kuster seinen Gedankengang fort, vielleicht bin ich ja einfach eine Geldnutte, das kann man schon so sehen. Aber schließlich verkaufe ich nicht meinen Körper, sondern nur mein Mundwerk. Und wer kann schon von sich sagen, dass er damit in fetten Jahren eine Million verdient?
    Kuster nahm noch einmal einen kräftigen Schluck, langsam hatte sich die Tiefe der Nacht über seine Terrasse gesenkt, es fröstelte ihn leicht. Also, sagte sich Kuster, was ist die Bilanz bislang? Ist doch alles prima gelaufen, bis auf diesen kleinen Rumpler in meiner Karriere bei der Kreditunion. Ich frage mich wirklich, was da immer so schwadroniert wird über den Sinn des Lebens, wer bin ich, woher komme ich, wohin gehe ich und all dieser Schwachsinn, wird doch schwer überschätzt. Wer ich bin? Ich bin jemand, der in angenehmer Umgebung durch ein bisschen Gerede nette Summen aus reichen Deppen rausleiert, die dann mehr oder weniger profitträchtig angelegt werden, und ich schneide mir davon ein Scheibchen ab. Woher komme ich? Na, von der Kreditunion, kicherte Kuster, und wohin gehe ich? Zur PK Financial Consulting natürlich, PK für Philipp Kuster, da hat sich doch diese Lebensbilanz gelohnt, endlich ist mir ein guter Name für meine eigene Vermögensverwaltung eingefallen, da kann ich Müller gleich morgen beauftragen, schon mal neue Visitenkarten drucken zu lassen, dezente Reliefschrift, edel, nicht aufdringlich, first class halt. Und dann gönnte sich Kuster noch einen letzten Schluck Château Palmer 79, immer noch etwas müde im Abgang, bemerkte er. Dass er den Schluck in ein gähnendes Nichts, bekleidet mit einem Maßhemd, einer Brionihose und rahmengenähten Budapestern reingoss, bemerkte er aber nicht.

Elf
    »Aber nein, Herr Franzen«, sagte Abersold, »ich glaube nicht, dass dieses Gespräch abgehört wird, aber wenn Sie eine persönliche Begegnung vorziehen, lasse ich gerne einen Flug von Berlin nach …
    Eben. Also, wie ich gerade ausführte, jetzt heißt es Nerven bewahren. Wie bitte? Nein, Herr Franzen, das scheint mir, ehrlich gesagt, auch keine gute Idee zu sein, wenn Sie jetzt Ihr ganzes Depot abziehen, dann ändert das ja nichts daran, dass wir verpflichtet sind, dementsprechende Unterlagen eine hübsche Zeit lang aufzubewahren. Und nebenbei, es nach Liechtenstein zu transferieren, also wirklich, die sind ja bereits bei den deutschen Steuerraubrittern zu Kreuze gekrochen, ein Raubritter merkt halt sofort, wenn ein stärkerer kommt. Und außerdem gehen denen ja häufiger heikle Kundendaten verloren

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