Zaster und Desaster
Auslieferungsabkommen mit Deutschland gibt, dort lassen Sie sich nieder?
Also bitte, Herr Franzen, ich werde mir diesen Vorschlag weder rollen noch sonst wohin stecken, sondern bin gerne bereit, das Gespräch fortzusetzen, wenn Sie wieder gefasster sind. Herr Franzen, was soll das, womit wollen Sie mir denn drohen? Jegliche juristische Maßnahme Ihrerseits würde doch das Interesse der deutschen Behörden wecken, um das mal klar zu formulieren. Auf Wiederhören.«
Die Deutschen meckern wirklich am meisten, dachte Äbersold, das war schon der Dritte heute, und ich komme schon wieder zu spät auf den Golfplatz.
Zwölf
Hugentobler saß in der gepanzerten schwarzen Mercedeslimousine und war auf dem Rückweg nach Zürich. Wenn wir am Abgrund stehen, laufen wir doch zu Formen auf, dachte er.
Nachdem er das DVD-Angebot im Direktionswagen der EBS durchgeblättert hatte, »Wall Street« kannte er nun wirklich auswendig, »Terminator 1 bis 3« auch, Pornos waren nicht nach seinem Geschmack, lehnte er sich gemütlich zurück und goss sich einen kleinen Grappa Berta Tresolitre aus der Bordbar ein. Den halte ich auch für den Besten, nickte er wohlwollend, und dann ließ er die Besprechung in Bern Revue passieren. Frechheit siegt immer, schmunzelte Hugentobler, wenn ich von unserer fabulösen Landesregierung eine Milliarde verlangt hätte, dann wäre der Bundeszwerg aus dem Zetern nicht rausgekommen und ich säße jetzt noch in seinem Büro, das im Übrigen im Vergleich zu unseren Direktorenzimmern doch eher ärmlich eingerichtet ist. Keine Stilmöbel, nicht mal USM Haller, uralte Telefonanlage, wenn ich das richtig mitgekriegt habe, nicht mal Panzerglas in den Fenstern, aber der Gipfel war ja die Kunst. Wenn ich mich nicht täusche, hing da sogar ein Schinken von Rolf Knie an der Wand.
Noch im Nachhinein schüttelte es Hugentobler, und er nahm einen weiteren, kräftigen Schluck. Aber halt gerade das richtige Ambiente, um mal schnell 80 Milliarden Soforthilfe zu fordern. Ein Hodler oder ein Anker wäre dabei sofort von der Wand gefallen, aber glücklicherweise haben sie ja den Blocher rausgeschmissen, der hätte mich wahrscheinlich glatt ausgelacht.
Hugentobler konnte das Summen des Telefons nicht mehr länger ignorieren, die rote Lampe leuchtete, also schaltete er den Zerhacker ein und sagte: »Hier Hugentobler, die Leitung ist sicher.«
»Und?«
Na, dachte Hugentobler, der liebe COO der EBS sitzt ja dann doch etwas auf Kohlen, obwohl er immer so obercool tut. »Ich würde das Gespräch als konstruktiv und offen bezeichnen, es fand grundsätzlich in einer freundschaftlichen Atmosphäre statt, und es ist mir wohl gelungen …«
»Kriegen wir das Geld oder nicht«, unterbrach ihn der COO scharf.
»Nun, wir sprechen hier ja nicht von einer Million, nicht wahr«, weidete sich Hugentobler an der Ungeduld des COO, denn er wusste genau, dass man ihn nicht einmal aus seiner momentanen Position als bevollmächtigter Gesandter der EBS raushauen würde, wenn er dem COO eins in die Fresse haute, dafür war die Situation doch zu delikat. »Der Bundeszwerg, äh Bundesminister, war etwas schockiert, musste aber nicht medizinisch betreut werden. Anschließend laberte er wie vorgesehen etwas von unmöglich, Parlament, Referendum, erinnerte sich sogar dunkel an Finanzbegriffe wie Sicherheiten, aber alles in allem hat er es mit Fassung getragen.« Hugentobler machte wieder eine Pause, dann erlaubte er sich den Spaß, das Telefon einfach aufzulegen. Sofort summte es wieder, Hugentobler wartete fünf Sekunden, dann schmiss er wieder den Zerhacker rein und sagte: »Hugentobler, die Leitung ist sicher, wir sind unterbrochen worden, Sie wissen ja, der Empfang zwischen Bern und Zürich lässt doch zu wünschen übrig, vielleicht sollte man …«
»Kommen Sie endlich auf den Punkt, Mann«, bellte ihn der COO an, aber seine Stimme hatte einen flehenden Unterton. Dass mir das noch vergönnt ist, dieses Arschgesicht winseln zu hören, freute sich Hugentobler und nahm einen weiteren Schluck Grappa. Ob ich dessen Qualität vielleicht noch kurz erwähnen sollte, fragte er sich, doch dann hatte er ein Einsehen: »Also, bevor wir wieder unterbrochen werden, ich würde mal sagen, dass wir ein paar Flaschen Roederer Cristal köpfen können«, denn Hugentobler wusste, dass der COO diesen Protzchampagner am liebsten trank, obwohl es da seiner Meinung nach bessere Alternativen gab, »es sieht alles danach aus, als ob das Licht in Ihrem Büro nicht
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