Zauber der Begierde
dem Schlund der Hölle.«
Als der Rosenstrauch ihr
nicht den Vorwurf machte, melodramatisch zu sein oder ins Dichterische
abzugleiten, gab sie ein wirklich mitleiderregendes Seufzen von sich und fuhr
fort. »Ich werde, verdammt noch mal, einfach nicht schlau aus diesem Mann.
Zuerst will er mich - ich meine, komm schon, er hat meine Dame verbrannt, um
mich hierzubehalten, was offensichtlich nicht wirklich geklappt hat. Aber die
Absicht war da. Er rettet mir zum wiederholten Mal das Leben, obwohl es
gewissermaßen indirekt seine Schuld war, daß ich überhaupt in Gefahr geriet,
dann weigert er sich, mich zu empfangen. Und als ob das nicht schon reichen würde,
macht er sich aus dem Staub, ohne auch nur ein Gehab dich wohl!«
Gereizt zupfte Adrienne
an dem Rosenstrauch.
»Ich glaube nicht, daß
ihm die Notwendigkeit offener und rechtzeitiger Kommunikation wirklich bewußt
ist. Rechtzeitig bedeutet jetzt. Wo genau liegt Uster überhaupt?« Sie überlegte ernsthaft,
sich ein Pferd zu suchen und selbst dorthin zu reiten. Wie konnte er es bloß
wagen, abzuhauen und sie zurückzulassen? Nicht, daß sie etwas gegen ihre
Umgebung einzuwenden hätte - Dalkeith-Upon-the-Sea war sicherlich ein
wunderbarer Ort, was aber, wenn sie für immer in ihre eigene Zeit
zurückgeschleudert würde und ihn nie wiedersah?.
Verdammt, wenn das die
Dinge nicht in ein völlig anderes Licht tauchte. Ein paar Soldaten des Krieges,
der in ihrer Brust tobte, erhoben sich und verlegten ihr Lager in verräterischer
Manier an die Wurzeln dieses Gedankens.
Wie hatte ihr bloß
dieser Fehler unterlaufen können zu vergessen, daß sie verschwinden könnte,
ohne den Mann, dem sie angetraut war, jemals wiederzusehen? Daß sie es nicht im
geringsten unter Kontrolle hatte? Zwanzig weitere Soldaten schlugen sich in dem
Spektakel, das sich in ihrem Inneren abspielte, auf die Seite des Hawk.
Heiliges Kanonenrohr.
Fragst
du dich nicht, Adrienne, wie es sich anfühlen würde, neben ihm zu liegen, in
der flirrenden Hitze überwältigender Leidenschaft?
Okay. Sie hatte noch
einen Soldaten auf ihrer Seite, und sein Name war Herr Mißtrauen von Furcht.
Verräter! Finster blickte sie auf das neue Feldlager des Hawk.
Allein an ihn zu denken ließ in ihr Hitze aufsteigen. Sie ließ ihre Finger
durch das perlende, chemiefreie Wasser des Brunnens gleiten.
Sie konnte sich nicht
vorstellen, nie wieder diesen herrlichen Brunnen zu sehen, nie wieder die
reine Lavendelluft von 1513 zu atmen. Keine Lydia, kein Tavis. Kein Schloß am
Meer. Kein Schloßherr Hawk, Mann aus Stahl und glühender Leidenschaft. Nur
Seattle und bittere Erinnerungen und Furcht, die sie dazu brachten, ihr Haus
nicht zu verlassen. Die neunziger Jahre, Geschäfte, Smog und Ozonlöcher.
Sie bezweifelte, daß
Hawk je versuchen würde, sie allein in den Urlaub zu schicken. Er schien die
Art Mann zu sein, der seine Frau in Ehren hielt und nahe an seiner Seite, wenn
die Frau es zuließ. Nah an dieser traumhaft muskulösen Seite, und unter diesem
Kilt...
»Träum einen sündhaften
Traum«, seufzte sie leise. Adrienne preßte die Augen fest zusammen und ließ den
Kopf in ihre Hände sinken. Unendlich viele Fragen überschlugen sich in ihrem
Kopf, und langsam, aber entschlossen half sie dem letzten kleinen Soldaten auf
die Beine, staubte ihn ab und nahm ihn bei der Hand, um ihn auf die andere
Seite der Schlacht zu führen. Sie hatte ihre Entscheidung getroffen. Sie würde
es versuchen.
Langsam hob sie den
Kopf, und ihre Augen begegneten Adams stechendem Blick. Wie lange hatte er
schon dagestanden und sie mit Verehrung im Blick beobachtet? Dunkle Augen,
schwarz wie der Haß. Was war wohl der Grund dafürf
»Du haßt den Hawk, nicht
wahr, Adam?« fragte sie in einem Aufblitzen kristallklarer Intuition.
Er lächelte voller
Hochachtung. »Ihr Frauen seid so. Mit sicherem Blick genau ins Schwarze
treffen. Aber Haß verleiht seinem Objekt eine große Wichtigkeit«, höhnte er,
während er sich neben ihr auf dem Brunnenrand niederließ.
»Keine Spielchen mit
mir, Adam. Beantworte meine Frage.«
»Das würde dir gefallen? Ehrlichkeit von einem Mann?«
»Ja.«
Er zuckte mit seiner wohlgeformten, sonnengebräunten
Schulter. »Ich hasse den Hawk.«
»Warum?« fragte Adrienne empört.
»Er ist ein Narr. Er schafft es nicht, deine Schönheit
entsprechend zu würdigen, Schönheit.«
»Meine was?« Das Unwichtigste an ihr überhaupt.
Der Schmied ließ ein blendendes Lächeln aufblitzen.
»Er will nur deine
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