Zauber der Hoffnung
um genau das zu tun, schloss ihn dann aber wieder. Er hatte so furchtbar müde ausgesehen, es erschien ihr grausam, ihn jetzt wachzumachen und wieder hinaus in den Regen zu schicken.
Gerade hatte sie sich doch gewünscht, ihm irgendwie helfen zu können. Vielleicht waren ein paar Stunden Schlaf genau das, was er brauchte.
„Riley?“, wisperte sie noch einmal.
Er seufzte und schmiegte sich noch tiefer in den Sessel. Obwohl sie das unbestimmte Gefühl hatte, es eines Tages zu bereuen, brachte sie es nicht übers Herz, ihn zu wecken. Stattdessen nahm sie eine weiche Decke vom Sofa und breitete sie vorsichtig über ihm aus.
Dasselbe hätte ich auch für Macy und Owen getan, sagte sie sich, sowie sie zurück in die Polster sank und ihre eigene Decke um ihr schmerzendes Bein schlang. Sie war einfach nur nett zu einem alten Freund. Diese Geste hatte überhaupt nichts zu tun mit diesem idiotischen, verrückten Teil ihn ihr, der es genoss, ihn bei sich zu haben, während draußen der Sturm tobte und im Kamin ein Feuer prasselte.
7. KAPITEL
E r träumte, dass er wieder in Oakland war, als Underco-veragent, sein langes struppiges Haar hing ihm ständig in die Augen, der Dreitagebart kratzte, und er trug Klamotten, die nach Wodka und weiß Gott was noch stanken. Er war bei Oscar Ayala, einem der wichtigsten Akteure im Cartoce- Drogen-Kartell. Laute Latinomusik dröhnte aus den Lautsprechern in Oscars Haus, der konstante Norteño-Rhythmus zerrte an Rileys Nerven.
Sie waren ganz nah dran, das Kartell auffliegen zu lassen. Sechs Monate lang hatte er die Rolle des Lieferanten gespielt und einige schreckliche Dinge gesehen. Schreckliche Dinge getan. Nur noch ein paar Wochen, und die Sondereinheit würde eingreifen – Hauptsache, er konnte seine heikle Position als Vertrauter von Oscar Ayala noch so lange aufrechterhalten. Langsam wurde es allerdings ziemlich brenzlig, denn Oscars Chica , Gabriela, eine heiße kleine Nummer aus Venezuela, hatte ein Auge auf Riley geworfen.
Er hatte ihre Annäherungsversuche nun schon seit Wochen abgewehrt, doch es wurde immer schwieriger, sie sich taktvoll vom Leib zu halten. Ihr Einfluss auf Ayala war immens. Also dufte er Oscar auf keinen Fall das Gefühl geben, dass er mit seinem Mädchen rummachte, zugleich konnte er es sich nicht leisten, dass eine beleidigte Gabriela irgendwelchen Blödsinn über ihn herumerzählte.
Er war in der Küche, schenkte Getränke ein, die Musik hämmerte, da drängte sie ihn in eine Ecke. Offenbar hatte sie keine Lust mehr, sich länger zurückzuhalten. Sie wählte den direkten Weg und legte ihm eine Hand in den Schritt.
„Oscar ist eingepennt, das ist unsere Chance“, murmelte sie in der Traum-Erinnerung und schlang sich um ihn wie eine Boa Constrictor. Sie küsste ihn, ließ ihre Lippen hart und geschickt über seinen Mund gleiten.
Außer zu behaupten, dass er schwul wäre, wusste er nicht,wie er sich aus dieser Situation befreien sollte. Und das würde sie ihm vermutlich nicht abkaufen, so wie sein bescheuerter Körper auf ihren Annährungsversuch reagierte – eine geschmeidige, schöne Frau drückte sich gegen seine empfindlichsten Stellen nach Monaten der vollkommenen Enthaltsamkeit, in der er mit nichts anderem beschäftigt gewesen war, als diese verdammte Rolle eines Dealers zu spielen.
Und trotzdem wollte er gerade die Schwulen-Karte ausspielen, als das Schlimmste geschah. Er hörte ein Brüllen von der Tür, sah auf und erblickte Oscar, die Gefängnis-Tätowierungen in seinem Gesicht sogar noch bedrohlicher als sonst.
„Er ist über mich hergefallen“, schrie das Miststück in abgehacktem Spanisch. „Ich wollte mir nur noch einen Drink holen, und plötzlich hat er mich gepackt. Ich habe versucht, mich zu wehren, Baby.“
Riley stand nur einen Moment zu lange einfach da, sein Gehirn hatte sich ausgeschaltet, und Oscar stürzte in die Küche und zog seine Glock.
„Puta“ , zischte er, und bevor Riley irgendetwas sagen konnte, schoss er Gabriela in den Kopf. Blut und Gehirnmasse spritzten auf Riley. In seinem Traum spielte sich dieses Geschehen in Zeitlupe ab, Bild für Bild, also ungefähr so, wie es sich im wahren Leben angefühlt hatte.
„Sie ist eine Nutte“, meinte Oscar selbstgefällig grinsend. „Ich hab die Schnauze voll von ihrem Scheiß. Ein Schwanz nach dem anderen, das sehe ich nicht mehr ein. Am Ende steckt die mich noch mit Filzläusen an oder so was.“
Riley stand da. Bedeckt von Körperfetzen eines anderen Menschen.
Weitere Kostenlose Bücher
Zehn Mal Fantastische Weihnachten. Zehn Online Lesen
von
Sandra Regnier
,
Teresa Sporrer
,
Jennifer Wolf
,
Cathy McAllister
,
Natalie Luca
,
Jennifer Jäger
,
Melanie Neupauer
,
Katjana May
,
Mara Lang
,
Lars Schütz
,
Pia Trzcinska