Zauber der Hoffnung
zurückkommen, oder glaubst du, sie sind zu schwer?“
„Das konnte ich bei dem Licht nicht genau sehen, dennoch denke ich, du wirst für einige eine Kettensäge brauchen.“
„Oh. Na, ich finde sicher jemanden, der mir hilft.“
Er zögerte einen Moment. Aber auch wenn er wusste, dass er nicht zu viel Zeit in ihrer Nähe verbringen sollte, musste er ihr dieses Angebot einfach machen. Er war jetzt in Hope’s Crossing,und so waren die Leute in einer Kleinstadt eben nun mal. Sie halfen sich gegenseitig, wenn sie konnten. Davon abgesehen war er ihr noch etwas schuldig. Wäre er nicht gewesen, würde sie nicht hilflos hier liegen und hätte keine Probleme, sich selbst um die Äste zu kümmern.
„Ist schon ein paar Jahre her, doch bestimmt hab ich nicht vergessen, wie man eine Kettensäge anwirft.“
Sie schaute ihn überrascht an. „Du bist doch viel zu eingespannt, Riley. Du hast keine Zeit, meinen Garten aufzuräumen. Ich habe da jemanden, der für mich kleinere Reparaturen und so weiter erledigt. Andy Harris. Falls er keine Zeit hat, wird sicherlich Jeff das für mich erledigen.“
Riley versuchte sich vorzustellen, wie der aalglatte Herr Doktor sich im Garten der Exfrau mit seiner schönen jungen Ehefrau an der Seite die Hände schmutzig machte. Allerdings wollte ihm das nicht so recht gelingen.
„Ich besorge mir eine Kettensäge und komme später am Vormittag vorbei. So gegen elf?“
„Riley …“
Er wollte nicht länger darüber diskutieren, denn er musste sich mit aller Willenskraft davon abhalten, sie einfach in die Arme zu nehmen. „Bis dann“, sagte er knapp. „Brauchst du noch was, bevor ich verschwinde?“
„Nein … danke.“
„Wofür sind denn Freunde da?“, murmelte er und verließ eilig dieses warme, hübsche Heim, solange er noch die Kraft dazu hatte.
8. KAPITEL
S ie sollte das wirklich nicht tun. Während das laute Kreischen der Kreissäge die Mittagsstille zerschnitt, hockte Claire auf diesem blöden Bürostuhl, Chester zu ihren Füßen, und spähte durch die dünnen Vorhänge des Fensters wie in einem Alfred-Hitchcock-Film. Nur dass sie nicht heimlich die Nachbarn dabei beobachtete, wie sie eine Leiche im Garten vergruben, sondern einen unglaublich attraktiven Mann, der mit der Säge ihre Bäume bearbeitete.
Irgendwas war mit ihr ernsthaft nicht in Ordnung.
Riley hatte mit den herabgestürzten Ästen kurzen Prozess gemacht und war danach kurz ins Haus gekommen, um ihr mitzuteilen – und nicht etwa nachzufragen, denn es interessierte ihn nicht, als sie widersprach –, dass er jetzt noch die von dem langen Winter beschädigten Äste abschneiden würde.
Sie hatte darauf bestanden, dafür einen Profi zu bestellen, doch er hatte sie nur angelächelt und war zurück an die Arbeit gegangen.
Sie sollte ihn nicht so anglotzen und schon gar nicht bemerken, wie ihm das T-Shirt am Körper klebte und die Muskeln in seinem Rücken arbeiteten, während er die größeren Äste auf ihren Holzstapel wuchtete.
Das hier war Riley. Alex nerviger Bruder, der immer hinter irgendwelchen Ecken hervorgestürzt war, weil er sie erschrecken wollte, der immer die Düse des Wasserhahns so verklebt hatte, dass jeder, der das Wasser aufdrehte, von oben bis unten vollgespritzt wurde. Dessen Lieblingshobby es im Sommer gewesen war, im Garten darauf zu warten, dass sie sich in die Sonne legten, damit er sie mit dem Schlauch vollspritzen konnte.
Jetzt war er allerdings definitiv kein kleiner Junge mehr, sondern ein ein Meter achtzig großer Mann mit harten Muskeln.
Ich war schon in dich verknallt, ehe ich alt genug war zu kapieren, dass man von Mädchen nicht wirklich die Krätze kriegt. Ich hatte all diese wirklich tollen Fantasien …
Das kaufte sie ihm noch immer nicht ab, bestimmt hatte er sie nur auf den Arm genommen. Und doch geisterten seine Worte seitdem ständig in ihrem Kopf herum.
Bei ihrem Seufzer sah Chester sie neugierig an. „Entschuldige. Schlaf weiter. Ich hab gerade nur gedacht, was für ein Idiot ich bin.“
Er bellte einmal zustimmend, dann ließ er den Kopf wieder auf die Pfoten sinken. Plötzlich wurde Claire klar, dass das Geräusch der Kettensäge nicht mehr zu hören war.
Sowie sie in den Garten spähte, entdeckte sie Riley, der vor ihrem Lieblingsbaum – einer Gleditschie – kniete und die Kreissäge in einer orangefarbenen Kiste verstaute.
War er fertig? Ja. Eine Minute später sah sie, wie er die Kiste zuklappte, aufstand und auf das Haus zusteuerte. Es war reines
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