Zauber der Hoffnung
gehen. Um genau zu sein, wollte ich gerade Pizza bestellen, wir schauen uns einen Film an. Und wir würden uns freuen, wenn du noch bleibst.“
Mit diesem Vorschlag wollte sie vor allem ihre Mutter ärgern, und allen dreien war das auch klar, dennoch hatte sie deswegen nicht vor, ein Wort davon zurückzunehmen.
Ruth stieß ein eingeschnapptes Zischen aus. „Dann gehe ich und überlasse euch eurer Pizza, da ja niemand Wert auf meine Meinung legt.“
Claire war auf einmal sehr müde, erschöpft von all den Jahren, in denen sie versucht hatte, mit den Launen und Unverschämtheiten ihrer Mutter zurechtzukommen. Sie vermisste die lustige, glückliche Mutter, an die sie sich inzwischen kaum noch erinnern konnte, die Mutter, die Ruth vor dem Mord und den erniedrigenden Umständen gewesen war. Sie vermisste es, mit ihr unter einer Decke auf dem Sofa zu schmusen, während draußen ein Schneesturm tobte, vermisste Wanderungen auf dem Woodrose Mountain und die Mom, die immer eine witzige Geschichte parat hatte. Diese kluge und fähige Mutter hatte sich in eine bedürftige, hilflose und verbitterte Frau verwandelt.
„Danke, dass du Macy abgeholt hast“, meinte Claire und versuchte, sich auf das Positive zu konzentrieren.
„Du weißt, dass ich immer gern helfe. Ich bringe sie morgen früh zu ihrem Fußballspiel.“
„Danke für das Angebot, doch Holly und Jeff machen das schon. Falls sie es sich noch anders überlegen, gebe ich dir Bescheid.“
Steif nickte Ruth und ging zur Eingangstür. Sowie sie die Tür sanft hinter sich ins Schloss zog, zuckte Claire schlimmerzusammen, als wenn ihre Mutter sie laut zugeknallt hätte. Ein geräuschvoller Abgang wäre ihr lieber gewesen, diese stille Wut hingegen war fatal.
Sie musste einen Weg finden, die Sache mit ihrer Mutter wieder einzurenken, hatte allerdings nicht den blassesten Schimmer, wie. Außer Riley aus dem Haus zu werfen, was sie aber nicht vorhatte.
„Es tut mir leid, Riley. Meine Mutter kann ganz schön …“ „Ich weiß, wie deine Mutter sein kann. Direkt, aber ehrlich.“ „Sie hat ihre eigene Meinung. Die ich übrigens nicht teile.“ „Viele andere hingegen schon. J. D. hat eine Menge Freunde, die der Ansicht sind, dass er der bessere Polizeichef wäre. Und was geschehen ist, hat nicht gerade dazu geführt, dass sie ihre Meinung ändern.“
„Aber ich meinte das vorhin ernst. Du machst deinen Job sehr gut.“
„Danke.“ Er sah sie wachsam an. „Hör mal, ich freue mich über die Pizzaeinladung. Das war eine nette Geste von dir, doch wirklich nicht nötig. Ich bin schon mit schlimmerer Kritik in meinem Job konfrontiert worden. Zumindest will hier niemand auf mich schießen. Noch nicht jedenfalls.“
„Die Einladung war ernst gemeint. Die Kinder haben gestern Abend so viel Spaß gehabt. Sie würden sich wahnsinnig freuen, ihre Pizza mit dir zu teilen.“
„Und was ist mit dir?“ Sein Blick wurde dunkel, bohrend, ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen.
„Was soll mit mir sein?“
„Hast du mir nicht gerade erst die Gründe dafür aufgezählt, warum wir uns gegenseitig nicht guttun? Möchtest du, dass ich hierbleibe?“
„Sonst hätte ich dich nicht eingeladen“, erwiderte sie. „Was ich vorhin gesagt habe, ist noch immer so, aber nur weil da etwas … zwischen uns ist … heißt das doch nicht, dass wir nicht Freunde sein können.“
„Richtig. Freunde.“ Er musterte sie einen langen Moment,dann lächelte er leicht. „Und es gibt ja nichts Normaleres auf der Welt, als mit Freunden eine Pizza zu essen und einen Film zu schauen, nicht wahr?“
Schwierigkeiten. Er machte nichts als Schwierigkeiten, sehr richtig.
Riley saß im Lehnsessel, Claire lag auf dem Sofa, und die Kinder hatten sich auf einem dicken Kissen auf dem Boden ausgestreckt. Sie schauten irgendeinen Superhelden-Film, aber er hätte selbst unter Androhung der Todesstrafe nicht sagen können, worum es darin überhaupt ging.
Die Worte von Ruth Tatum hallten in seinem Kopf wider und übertönten alles andere. Wo er auch auftauchte, machte er Schwierigkeiten.
Die verschiedenen Frauen in seinem Leben hätten vermutlich jederzeit eine Annonce in der Sonntagszeitung mit genau demselben Wortlaut aufgegeben. Riley McKnight hatte vom Tag seiner Geburt nichts anderes als Schwierigkeiten gemacht. Er hat seiner Mutter unzählige Male das Herz gebrochen . Das konnte er nicht abstreiten. Seine Mutter hatte viele Tränen um ihn vergossen, lange bevor er nach Ansicht aller die größte
Weitere Kostenlose Bücher