Zauber der Hoffnung
sich, sie errötete und sah schnell weg. Er war so abgelenkt, dass er den Korb verfehlte.
„Ich hab gewonnen!“, schrie Owen.
„Gutes Spiel, Kumpel.“
„Wie wär’s mit zwei von drei?“, fragte der Junge.
Riley schaute Claire an. „Vielleicht ein anderes Mal. Ich sollte jetzt mal deiner Mom Hallo sagen.“
„Okay. Ich muss sowieso aufs Klo.“
Riley legte den Ball auf den Boden, tätschelte kurz Chesters braunes, schlaffes Gesicht und lief dann die Verandatreppe hinauf. Dabei musste er ständig an den Kuss denken, sosehr er sich auch dagegen wehrte. Es gab tausend Gründe, warum es besser war, sie nie mehr wieder zu küssen.
Und doch konnte er nicht anders, zumindest gab er ihr einen flüchtigen, freundschaftlichen Kuss auf die Wange. Wenn er auf diese Weise ihren Duft einatmete, frisch wie dieser Frühlingsabend, dann ging das verdammt noch mal niemanden etwas an.
„Danke, dass du mit ihm ein paar Minuten gespielt hast“, meinte sie. Er fragte sich, ob er sich den heiseren Ton in ihrer Stimme womöglich nur einbildete. „Ist für mich im Moment etwas schwierig mit dem Bein.“
„Und der eingegipste Arm macht es auch nicht direkt besser.“
Sie lächelte. „Ich schätze, in dieser Hinsicht bin ich ein Wrack.“
„Wie ich höre, hast du heute wieder angefangen zu arbeiten“, sagte er nach einem unbehaglichen Moment des Schweigens undschwang sich auf die weiße Brüstung, die um das Haus herum verlief.
„Wow, wirklich? Wusste nicht, dass ich es in die Hope Gazette geschafft habe.“
„Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Hope Gazette in dieser Gegend reine Papierverschwendung ist. Ich meine, wer braucht diese Zeitung schon, wenn jeder sowieso alles brühwarm aus erster Hand erfährt? Donna Mazell hat mir erzählt, dass sie dich im Laden gesehen hat. In einem hübschen, bequemen Sessel neben der Kasse hast du gethront wie die Perlenkönigin von Hope’s Crossing.“
„Queen Claire. Das bin ich. Ich hatte ganz vergessen, dass Donna da war. Sie brauchte Kunststoffperlen, um mit ihren Enkeln zu basteln.“
Er hätte Kunststoffperlen nicht von Pintobohnen unterscheiden können, genauso wenig wie er wusste, warum Donna eigentlich glaubte, dass er sich für das Kommen und Gehen einer bestimmten gemeinsamen Bekannten interessierte.
„Sie erzählte, dass sie ungefähr fünfundsiebzig Dollar für Perlen ausgegeben hätte, die sie gar nicht vorgehabt hatte zu kaufen. Und dass sie keine Ahnung hätte, was sie mit denen jetzt anstellen soll.“
Claire lächelte. „Das ist das Problem beim Perlenknüpfen, ungefähr so wie beim Stricken. Ich habe mehr Perlen in meiner Privatsammlung, als ich jemals verarbeiten kann. Sag Donna, dass sie es einfach hinnehmen soll. Widerstand ist zwecklos.“ Nun, das war mal eine Aussage, mit der er etwas anfangen konnte. Ihr zu widerstehen, brachte er nämlich auch nicht fertig.
Owen, der offenbar seinem körperlichen Bedürfnis nachgekommen war, stürzte gerade aus dem Haus und wollte zu seinem Basketball rennen, da rief ihm seine Mutter zu: „Hast du schon alles gepackt, was du für die Übernachtung bei deinem Dad brauchst?“
„Oh, stimmt. Hab ich vergessen.“
Er wirbelte herum und raste mit Vollgas zurück ins Haus.
„Ich wusste gar nicht, dass sie auch unter der Woche bei Jeff und Holly übernachten.“
„Ist eine Ausnahme. Jeff hat Geburtstag.“
„Ah.“
„Wir entscheiden das meist ganz spontan. Gleich nach der Trennung waren sie die Hälfte der Zeit bei ihrem Vater, allerdings war das zu anstrengend für die Kinder. Eine Woche hier, eine Woche da. Sie hatten das Gefühl, nirgends richtig zu Hause zu sein. Nach Hollys und Jeffs Hochzeit haben wir beschlossen, dass es besser ist, wenn sie die Wochenenden mit ihrem Dad verbringen, weil er dann sowieso am meisten Zeit für sie hat.“
„Macht Macy gerade ihre Hausaufgaben?“
„Nein, sie ist nach der Schule mit Holly losgezogen, weil sie ein Geburtstagsgeschenk besorgen wollte. Owen hätte sie begleitet, aber er war bis gerade eben bei den Pfadfindern.“
Wie schön es hier ist, dachte er. Wie herrlich, nach einem langen Tag auf ihrer Veranda zu sitzen, Vögel huschten durch die Bäume, und die duftende Bergluft wehte durch sein Haar. Ein merkwürdiges Gefühl ergriff ihn, so unbekannt, dass er eine Weile brauchte, bis er es erkannte.
Zufriedenheit.
Obwohl seine Sehnsucht nach ihr unerfüllt blieb, genoss er ihre Gegenwart so sehr, dass der Schmerz in seinem Innersten, der niemals
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