Zauber der Schlange
Achseln. »Wir hatten noch keine Zeit, uns darum zu kümmern.«
»Nehmt euch die Zeit«, sagte Issus. »Wenn einer der Priester hört, daß gesprochen wird, werden sie dich verhören. Das würde dir nicht gefallen.«
»Ich habe keine Angst vor den Priestern«, sagte der Wächter, sah dabei aber nervös über die Schulter.
»Du solltest aber lieber Angst haben«, riet ihm Issus. »Und tränke diese Tiere. Tot nützen sie niemandem.« Er ging den Männern, die Garion hielten, durch den Schatten zwischen zwei Säulen voran und blieb dann erneut stehen. »Geh mir aus dem Weg«, sagte er zu etwas, das im Schatten lag. Widerwillig begann das Ding sich zu bewegen. Mit Ekel erkannte Garion, daß es sich um eine große Schlange handelte.
»Geh dort hinüber zu den anderen«, befahl Issus der Schlange. Er deutete auf einen schwach beleuchteten Winkel, wo eine große Masse zu wogen schien, die sich in einem trägen Brodeln bewegte. Schwach konnte Garion das trockene Rascheln von Schuppen hören, die sich aneinander rieben. Die Schlange, die ihren Weg versperrt hatte, züngelte Issus nervös an und glitt dann in die dunkle Ecke.
»Eines Tages wirst du gebissen, Issus«, warnte einer der Männer. »Sie mögen es gar nicht, herumkommandiert zu werden.«
Issus zuckte gleichgültig die Achseln und ging weiter.
»Sadi will mit dir reden«, sagte der dickliche junge Eunuch widerwillig zu Issus, als sie sich einer schweren, polierten Tür näherten. »Ich habe ihm gesagt, daß du mich geschlagen hast. Maas ist bei ihm.«
»Gut«, antwortete Issus. Er stieß die Tür auf. »Sadi«, rief er scharf, »sag deinem Freund, daß ich hineinkomme. Ich möchte nicht, daß es ein Versehen gibt.«
»Er kennt dich, Issus«, sagte eine Stimme im Innern des Raumes. »Er tut nie etwas aus Versehen.«
Issus ging hinein und schloß die Tür hinter sich.
»Du kannst jetzt gehen«, sagte einer der Männer, die Garion stützten, zu dem jungen Eunuchen.
Der Dicke rümpfte die Nase. »Ich gehe, wenn Sadi es sagt.«
»Und kommst angelaufen, wenn Sadi pfeift.«
»Das geht nur Sadi und mich etwas an, oder?«
»Bringt ihn herein«, befahl Issus, die Tür wieder öffnend. Die beiden Männer schoben Garion in den Raum. »Wir warten hier draußen«, sagte einer von ihnen etwas nervös.
Issus lachte gehässig, schob die Tür mit dem Fuß zu und zog Garion vor einen Tisch, auf dem eine einzelne Öllampe mit einer winzigen Flamme flackerte, die die Dunkelheit kaum vertrieb. Ein dünner Mann mit leblos wirkenden Augen saß an dem Tisch. Er strich sich mit langen Fingern über den haarlosen Kopf.
»Kannst du sprechen, Junge?« fragte er Garion. Er hatte eine merkwürdige Altstimme, und sein Gewand war dunkelrot, nicht bunt.
»Könnte ich etwas Wasser haben?« bat Garion.
»In einer Minute.«
»Ich möchte jetzt mein Geld, Sadi«, sagte Issus.
»Sobald wir sicher sind, daß es der richtige Junge ist«, antwortete Sadi.
»Frag es, wie es heißt«, kam ein zischelndes Wispern aus der Dunkelheit hinter Garion.
»Ja doch, Maas.« Sadi war leicht verärgert über diesen Vorschlag. »Ich habe so etwas schon öfter gemacht.«
»Du brauchst zu lange«, sagte es wispernd.
»Sag deinen Namen, Junge«, befahl Sadi.
»Doroon«, log Garion rasch. »Ich bin wirklich sehr durstig.«
»Hältst du mich für einen Idioten, Issus?« fragte Sadi. »Glaubst du, mir wäre jeder Junge recht?«
»Das ist der Junge, den ich holen sollte«, sagte Issus. »Ich kann nichts dafür, wenn meine Informationen falsch waren.«
»Du sagst, du heißt Doroon?« fragte Sadi.
»Ja«, antwortete Garion. »Ich bin Schiffsjunge auf Kapitän Greldiks Schiff. Wo sind wir?«
»Ich stelle die Fragen, Bursche«, sagte Sadi.
»Er lügt«, tönte das zischende Wispern hinter Garion.
»Ich weiß, Maas«, erwiderte Sadi gelassen. »Das tun sie zuerst immer.«
»Wir haben keine Zeit für all das«, zischte es. »Gib ihm Oret. Ich brauche die Wahrheit sofort.«
»Wie du meinst, Maas«, stimmte Sadi zu. Er stand auf und verschwand im Schatten hinter dem Tisch. Garion hörte ein Klicken und wie Flüssigkeit in ein Gefäß gegossen wurde. »Denk daran, daß es deine Idee war, Maas. Wenn sie darüber wütend wird, möchte ich nicht derjenige sein, dem sie die Schuld gibt.«
»Sie wird es verstehen, Sadi.«
»Hier, mein Junge«, sagte Sadi, trat wieder zurück ins Licht und hielt Garion einen braunen Steinzeugbecher hin.
»Äh, nein danke«, sagte Garion. »Ich glaube, eigentlich habe ich
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