Zauber der Schlange
noch das Problem, wie wir an den Botschafter herankommen«, sagte Durnik, als sie anhalten mußten, um einenschweren Karren in eine Seitenstraße abbiegen zu lassen.
»Er ist mein Vetter«, sagte Barak. »Er, Anheg und ich haben als Kinder zusammen gespielt.« Der große Mann sah sich um. »Er soll ein Haus in der Nähe der Garnison der Dritten Kaiserlichen Legion haben. Wir sollten jemand nach dem Weg fragen.«
»Das ist nicht nötig«, sagte Silk. »Ich weiß, wo das ist.«
»Das hätte ich mir eigentlich denken können.« Barak grinste.
»Wir können über den Nordmarkt reiten«, sagte Silk. »Die Garnison ist nicht weit von den Kais auf der flußaufwärts gelegenen Seite der Insel.«
»Zeig uns den Weg«, bat Wolf. »Ich möchte hier nicht so viel Zeit vergeuden.«
Die Straßen von Tol Honeth quollen über vor Menschen aus aller Herren Länder. Drasnier und Rivaner stießen sich die Ellbogen mit Nyissanern und Thulls. Hier und dort waren vereinzelte Nadraker in der Menge und, für Garions Geschmack, zu viele Murgos. Tante Pol hielt sich dicht neben Hettar, sprach leise auf ihn ein und legte hin und wieder leicht die Hand auf seinen Schwertarm. Die Augen des hageren Algariers glühten, und seine Nasenflügel blähten sich drohend, wenn er ein vernarbtes Murgogesicht erblickte.
Die Häuser entlang der breiten Straßen waren imposant, mit weißen Marmorfassaden und schweren Türen, die oft von privaten Soldaten bewacht wurden, die die Passanten streitlustig ansahen.
»Die Kaiserliche Stadt scheint ein Hort des Mißtrauens zu sein«, stellte Mandorallen fest. »Hat denn hier ein jeder Angst vor seinem Nachbarn?«
»Schwere Zeiten«, erklärte Silk. »Und die Handelskönige von Tol Honeth haben einen großen Teil des Vermögens dieser Welt in ihren Schatzkammern. Hier siehst du Männer, die fast ganz Arendien kaufen können, wenn sie wollten.«
»Arendien ist nicht zu verkaufen«, sagte Mandorallen steif.
»In Tol Honeth, lieber Baron, ist alles zu verkaufen«, sagte Silk. »Ehre, Tugend, Freundschaft, Liebe. Es ist eine verruchte Stadt voller verruchter Menschen. Geld ist das einzige, was hier zählt.«
»Dann paßt du ja gut hierher«, meinte Barak.
Silk lachte. »Mir gefällt Tol Honeth«, gab er zu. »Die Menschen hier haben keine Illusionen. Sie sind erfrischend korrupt.«
»Du bist ein schlimmer Mann, Silk«, sagte Barak offen. »Das sagtest du schon einmal«, erwiderte der rattengesichtige kleine Drasnier mit einem spöttischen Grinsen.
Das Banner von Cherek, ein weißes Kriegsschiff auf blauem Grund, flatterte von einem Mast über dem Tor der Botschaft. Barak stieg etwas steif vom Pferd und ging zu dem eisernen Gitter, das in das Tor eingelassen war. »Sagt Grinneg, daß sein Vetter Barak hier ist, um ihn zu besuchen«, befahl er den bärtigen Wachen auf der anderen Seite.
»Woher sollen wir wissen, daß du sein Vetter bist?« gab einer der Wächter unfreundlich zurück.
Barak griff wie beiläufig durch das Gitter und erwischte das Kettenhemd des Mannes. Er zog den Mann fest gegen die Gitterstäbe. »Möchtest du die Frage wiederholen«, fragte er, »solange du noch bei guter Gesundheit bist?«
»Entschuldigung, Graf Barak«, bat der Mann rasch. »Jetzt, wo ich Euch von nahem sehe, erkenne ich Euch wieder.«
»Das hatte ich mir gedacht«, sagte Barak.
»Ich schließe das Tor für Euch auf«, schlug der Wächter vor.
»Gute Idee«, meinte Barak und ließ den Mann los. Der Wächter öffnete flink das Tor, und die Gruppe ritt in den Hof.
Grinneg, der Botschafter König Anhegs am Kaiserlichen Hof von Tol Honeth, war massig und fast so groß wie Barak. Sein Bart war sehr kurz geschnitten, und er trug einen blauen Umhang nach tolnedrischem Schnitt. Er kam, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe herunter und umarmte Barak freundschaftlich. »Alter Pirat!« brüllte er. »Was machst du in Tol Honeth?«
»Anheg hat beschlossen, Leute in den Palast einzuschleusen«, scherzte Barak. »Sobald wir alles Gold und die jungen Frauen zusammenhaben, lassen wir dich die Stadt anzünden.«
Grinnegs Augen glitzerten in momentaner Gier. »Würde sie das nicht ärgern?« fragte er mit boshaftem Grinsen.
»Was ist mit deinem Bart passiert?« fragte Barak.
Grinneg hüstelte verlegen. »Das ist nicht so wichtig«, sagte er schnell.
»Wir hatten nie Geheimnisse voreinander«, sagte Barak. Grinneg erzählte seinem Vetter leise etwas und sah dabei sehr beschämt aus. Anschließend prustete Barak vor
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