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Zauber der Schlange

Zauber der Schlange

Titel: Zauber der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Körner an einen bunten Kanarienvogel, der auf seiner Sessellehne hockte. Der Kaiser hatte eine kurze, hakenförmige Nase und helle, fragende Augen. »Ich wünschte doch allein gelassen zu werden, Morin«, sagte er gereizt und blickte von seinem Kanarienvogel hoch.
    »Bitte tausendmal um Entschuldigung, Eure Hoheit«, sagte Morin mit einer tiefen Verbeugung. »Graf Grinneg, Botschafter von Cherek, wünscht Euch eine Angelegenheit von äußerster Wichtigkeit vorzutragen. Er hat mich davon überzeugt, daß sie keinen Aufschub duldet.«
    Der Kaiser sah Grinneg scharf an. Sein Blick wurde verschlagen, fast boshaft. »Ich sehe, daß Euer Bart langsam wieder nachwächst, Grinneg.«
    Grinneg wurde rot.
    »Ich hätte wissen müssen, daß Eure Hoheit von meinem kleinen Mißgeschick gehört haben.«
    »Ich weiß alles, was in Tol Honeth vorgeht, Graf Grinneg«, fuhr der Kaiser ihn an. »Selbst wenn alle meine Vettern und Neffen sich davonmachen wie Ratten von einem sinkenden Schiff, habe ich doch noch ein paar treue Männer um mich herum. Was um alles in der Welt ist in Euch gefahren, Euch mit dieser nadrakischen Frau einzulassen? Ich dachte, ihr Alorner haßt die Angarakaner.«
    Grinneg hüstelte verlegen und blickte rasch zu Tante Pol hinüber. »Es war eine Art Scherz, Eure Hoheit«, sagte er. »Ich dachte, es würde den nadrakischen Botschafter ärgern – und seine Gattin ist schließlich eine gutaussehende Frau. Ich wußte nicht, daß sie eine Schere unter ihrem Bett hatte.«
    »Sie bewahrt Euren Bart in einer goldenen Schachtel auf, wißt Ihr.« Der Kaiser grinste. »Und sie zeigt ihn all ihren Freunden.«
    »Sie ist eine böse Frau«, sagte Grinneg düster.
    »Wer sind diese Leute?« fragte der Kaiser und deutete mit dem Finger auf die anderen, die hinter Botschafter Grinneg standen.
    »Mein Vetter Barak und einige Freunde«, sagte Grinneg. »Sie sind es, die mit Eurer Hoheit sprechen wollen.«
    »Der Graf von Trellheim?« fragte der Kaiser. »Was macht Ihr hier in Tol Honeth, Graf?«
    »Wir sind auf der Durchreise, Eure Hoheit«, antwortete Barak mit einer Verbeugung.
    Ran Borune musterte die anderen der Reihe nach, als ob er sie zum erstenmal sähe. »Und das muß Prinz Kheldar von Drasnien sein«, sagte er, »der Tol Honeth nach seinem letzten Besuch etwas überstürzt verlassen hat. Er hat einen Akrobaten in einem Wanderzirkus gespielt, glaube ich, und ist der Polizei gerade noch entwischt.«
    Silk verbeugte sich ebenfalls höflich.
    »Und Hettar von Algarien«, fuhr der Kaiser fort, »der Mann, der im Alleingang die Bevölkerung von Cthol Murgos zu dezimieren versucht.«
    Hettar neigte den Kopf.
    »Morin«, fragte der Kaiser scharf, »warum hast du mir lauter Alorner gebracht? Ich mag keine Alorner.«
    »Es ist wegen dieser dringenden Angelegenheit, Eure Hoheit«, entschuldigte sich Morin.
    »Und ein Arendier?« sagte der Kaiser und sah Mandorallen an.
    »Ein Mimbrater, würde ich sagen.« Seine Augen wurden schmal. »Nach den Beschreibungen, die ich gehört habe, kann das nur der Baron von Vo Mandor sein.«
    Mandorallens Verbeugung fiel sehr elegant aus. »Euer Auge ist scharf, Hoheit. Ihr habt uns alle ohne Zögern erkannt.«
    »Nicht alle«, widersprach der Kaiser. »Ich erkenne weder den sendarischen noch den rivanischen Burschen.«
    Garions Herz machte einen Satz. Barak hatte ihm einmal gesagt, daß er einem Rivaner ähnelte, aber der Gedanke war in dem Strom von Ereignissen untergegangen, die dieser beiläufigen Bemerkung gefolgt waren. Jetzt hatte der Kaiser von Tolnedra, dessen Auge eine untrügliche Fähigkeit zu besitzen schien, die wahre Natur der Dinge zu sehen, ihn ebenfalls einen Rivaner genannt. Er warf Tante Pol einen raschen Blick zu, aber sie schien völlig davon eingenommen, die Knospen an einem Rosenstrauch zu betrachten.
    »Der Sendarier ist Durnik«, sagte Meister Wolf, »ein Schmied. In Sendarien gilt dieser nützliche Beruf etwa soviel wie der Adelsstand. Der Junge ist mein Enkel, Garion.«
    Der Kaiser betrachtete den alten Mann. »Mir scheint, als sollte ich wissen, wer Ihr seid. An Euch ist etwas…« Er hielt nachdenklich inne.
    Der Kanarienvogel, der auf der Sessellehne des Kaisers gehockt hatte, fing plötzlich an zu singen. Er schwang sich in die Luft und flatterte zu Tante Pol. Sie hielt ihm ihren Finger hin. Der bunte Vogel landete darauf, legte das Köpfchen zurück und sang begeistert, als wollte sein kleines Herz vor Verehrung zerspringen. Sie hörte seinem Lied ernst zu. Sie

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