Zauber der Sonneninsel
Warten deine Eltern nicht auf dich?”
“Sie haben es aufgegeben, sich um mich Sorgen zu machen.”
“Was?” fragte er entrüstet. “Kommst du immer erst um ein Uhr nachts nach Haus?”
“Nein”, beruhigte Petra ihn. Zum ersten Mal bereute sie, dass sie noch bei ihren Eltern lebte. Es wäre schön, die Nacht mit Tomás auf der Yacht zu verbringen. “Ich sollte mich wirklich auf den Heimweg machen.” Sie setzte sich langsam auf und strich sich mit einer müden Bewegung die Haare aus dem Gesicht. “Ich fühle mich, als ob ich einen Marathonlauf hinter mir hätte.”
“Es gibt hier eine Dusche”, sagte Tomás. “Ich glaube, wir passen beide hinein. Kommst du mit?”
Es schien ganz natürlich, dass das Duschen viel länger als notwendig dauerte und dass sie sich beinahe noch einmal geliebt hätten. Doch schließlich riss Petra sich von ihm los und wickelte sich in ein dickes, weiches Badetuch.
Forschend sah sie in den großen Wandspiegel. Ihr Körper war derselbe: schlank, mit vollen, kleinen Brüsten und langen Beinen. Doch ihr Gesicht war anders, etwas Neues lag in ihrem Blick, eine Art von stiller Freude, die vorher nicht da war. Tomás kam zu ihr und schüttelte das Wasser aus seinen Haaren.
“Du bist ja eitel.” Er küsste ihre nackte Schulter.
“Nein.” Sie lächelte seinem Spiegelbild zu. “Ich wollte nur sehen, ob deine Liebe mich verändert hat.”
“Du bist sehr schön.” Er nahm ihr das Handtuch aus der Hand und stellte sich neben sie, so dass sie sich gemeinsam im Spiegel betrachten konnten. “Was meinst du, passen wir zusammen?”
“Ich glaube ja.” Seine Größe und Statur ließen Petra zart und zerbrechlich aussehen, und das unterstrich wiederum seine männliche Kraft.
“Komm, Liebling! Wir müssen gehen, es ist schon sehr spät. Dein Vater wird mich umbringen.”
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss. “Und wenn er uns beide umbringt, mir ist es einerlei. Dies ist die glücklichste Nacht meines Lebens!”
Die Heimfahrt im offenen Ferrari war zauberhaft. Der Wagen schien wie für solche Gelegenheiten geschaffen. Petra schmiegte sich eng an Tomás. Sie fühlte sich völlig eins mit ihm, geborgen in einer Welt, in der nur sie beide existierten.
“Worüber denkst du so angestrengt nach?” fragte er und strich ihr sanft über die Wange.
“Über dich.” Petra lächelte ihm zu. Vor wenigen Wochen noch war er ein Fremder für sie gewesen, und nun liebte sie ihn mit jeder Faser ihres Herzens. Doch ihr war, als sei dies vom Schicksal vorherbestimmt gewesen. Es hatte einfach passieren müssen. Ob seine Liebe bestehen blieb? Ihr Glück wurde von der Angst getrübt, von Tomás verlassen zu werden.
Ach, sie hätte lieber weiter vor sich hinträumen sollen, anstatt sich Gedanken darüber zu machen, wie viel sie für Tomás bedeutete. Was konnte ein so reicher, bedeutender Mann schon von einem Mädchen wie ihr wollen? Vielleicht war seine Liebe zu ihr nur eine Illusion, auf die sie sich lieber nicht verlassen sollte.
Tomás hatte sich über ganz andere Dinge Gedanken gemacht. “Du kommst doch zu der Versammlung morgen?” fragte er unvermittelt.
“Ich sitze in der ersten Reihe. Das würde ich mir auf keinen Fall entgehen lassen”, erwiderte Petra mit gespielter Fröhlichkeit. “Ganz Palma wird da sein.”
“Dein Freund Barry Lear will damit Aufsehen erregen”, stellte Tomás fest. “Er geht die Sache emotional an.”
“Seine Gefühle sind eben sehr stark”, meinte sie und schmiegte sich an Tomás.
“Das glaube ich”, sagte er trocken. “Aber was fühlt er? Liebe zur Natur oder Hass gegen Menschen? Ich mag ihn nicht.”
“Ich aber. Er ist ehrlich und engagiert sich für die Umwelt. Außerdem ist er Experte, was Falken angeht.”
“Wie schön für ihn.”
“Du respektierst keinen von ihnen, nicht wahr?” fragte Petra heftig. “Wenn es um Umweltschützer geht, bist du sehr verletzend.”
“Und du lässt dich zu sehr von ihnen beeindrucken”, fuhr Tomás unbeirrt fort. “Lear tut, als sei er Experte, dabei hat er sein Wissen nur aus Büchern. Er kann dir ganz genau sagen, wie viele Mäuse ein Falke pro Jahr verschlingt, aber er kann nicht einmal einen gebrochenen Flügel schienen oder einen kranken Vogel kurieren.”
“Was meinst du damit?” Sie rückte von ihm ab.
“Mein Onkel, Emilio Torres, ist ein wirklicher Experte auf dem Gebiet. Er ist Falkner, wie mein Großvater und Urgroßvater es waren. Barry Lear muss ihn bei
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