Zauber der Vergangenheit
eine kleine Flamme bildete. Dann entzündete er damit das restliche Holz. Ich musste ihn einfach ein bisschen dafür bewundern.
Nach einer Weile brannte das Feuer warm und hell. Es würde zwar noch ein wenig dauern, bis die Nacht hereinbrach, aber es sollte uns ja nicht nur Licht spenden und wärmen, sondern auch die wilden Tiere vom Leib halten. Ich sah mich nach Lilian um. Sie durchstreifte gerade das Gebüsch. Ich fragte mich, wonach sie suchte.
»Wenn du willst, kannst du mir helfen«, sagte sie, als sie bemerkte, dass ich sie beobachtete, und winkte mich zu sich. Ich bahnte mir einen Weg durch die Sträucher.
»Die hier sind essbar«, sagte sie und deutete auf eine Ansammlung von Pilzen. »Die können wir aufspießen und über dem Feuer braten.«
»Woher weißt du, dass sie nicht giftig sind?«, fragte ich etwas beunruhigt.
»Meine Großmutter hat mir als Kind alles über den Wald beigebracht. Sie kannte jede Pflanze beim Namen und wusste genau, was man essen kann und was nicht. Du kannst mir vertrauen, die sind völlig ungiftig.« Sie schenkte mir ein Lächeln und bückte sich hinunter, um einen der Pilze aus dem Boden zu ziehen.
»Halt bitte mal den Beutel auf«, forderte sie und drückte mir einen leinenähnlichen Sack in die Hand. Ich tat, wie geheißen, und Lilian warf den Pilz, den sie soeben ausgerissen hatte, hinein. Nach und nach füllte sich der Beutel.
»So, das sollte reichen«, sagte sie schließlich mit einem prüfenden Blick. Er war mittlerweile fast voll. Gemeinsam gingen wir zurück zum Lager, wo Drew uns bereits erwartete.
»Wir haben etwas zu essen besorgt«, sagte ich und setzte mich neben ihn.
»Gut, ich sterbe nämlich fast vor Hunger«, entgegnete er, schnappte sich einen der Pilze, warf ihn in die Luft und spießte ihn mit dem Degen auf. Kunststück!
»Du bist manchmal so ein Angeber«, sagte ich und grinste. Er zuckte unschuldig die Achseln.
Langsam wurde es dunkel und nach und nach auch merklich kühler. Trotz des Feuers fröstelte ich. Drew bemerkte es und legte einen Arm um mich. Ich lehnte mich an ihn und starrte ins Feuer. Lilian beobachtete uns aus dem Augenwinkel, während sie geschäftig einen Pilz auf einen dünnen Ast spießte. Sie sah irgendwie traurig aus. Doch ich war nicht mehr dazu in der Lage mir Gedanken darüber zu machen, denn meine Lider wurden schwer wie Blei. Mein Kopf lag auf Drews Brust, die sich gleichmäßig hob und senkte. Und obwohl wir mitten in der Wildnis festsaßen, fühlte ich mich sicher.
KAPITEL 8
MITTERNACHTSGEFLÜSTER
Ein Geräusch riss mich aus dem Schlaf. Ein Knacken im Gebüsch. Erschrocken fuhr ich hoch und sah mich nach allen Seiten um, doch ich konnte nichts Ungewöhnliches entdecken. Die anderen beiden schliefen tief und fest. Vielleicht hatte ich es mir nur eingebildet. Für einen Moment war es ruhig. Dann hörte ich erneut ein Geräusch ganz in der Nähe.
»Violet?« Jemand rief leise meinen Namen. Ich blickte in die Richtung, aus der die Stimme kam. »Violet, hier drüben.«
Im Schein des Feuers konnte ich nur eine dunkle Silhouette erkennen, die an einem Baum lehnte. Ich befreite mich von Drews Arm, den er um mich gelegt hatte, und schlich langsam näher.
»Anthony, bist du das?«, fragte ich leise. Ich war mir nicht ganz sicher.
»Ja, ich bin es«, flüsterte er zurück. Ich zwängte mich durch das Gebüsch hindurch.
»Was machst du hier?«, fragte ich überrascht.
»Ich muss mit dir reden«, antwortete er und sah sich hektisch um. »Alleine!«
»Was, jetzt? Es ist mitten in der Nacht. Weißt du, normale Menschen schlafen da.«
»Ja, jetzt! Und ich bezweifle, dass du normal bist.« Er streckte mir seine Hand entgegen. Ich war kurz geneigt, wieder auf dem Absatz kehrtzumachen, doch meine Neugier siegte.
»Na gut«, flüsterte ich ein wenig beleidigt. Ich nahm seine Hand. Seine Berührung fühlte sich seltsam warm und vertraut an. Vorsichtig führte er mich durch das Unterholz, bis wir außer Sicht- und Hörweite der anderen waren.
»So, und jetzt sag mir, was du von mir willst!«, forderte ich. Er entfernte sich ein paar Schritte von mir und ließ sich dann auf einem umgekippten Baumstamm nieder. Ich dachte daran, mich zu ihm zu setzen, doch aus Erfahrung wusste ich, dass es für meine Konzentration besser war, wenn ich hier stehen blieb.
»Ich finde, dass du etwas wissen solltest.« Er machte eine theatralische Pause, bevor er fortfuhr. »Ich weiß, wer du bist, Violet.« Ich starrte ihn ungläubig an. Hatte er
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