Zauber der Vergangenheit
Ring gab, würde er den Verlauf der Ereignisse verändern und somit die gesamte Geschichte. Mein Leben in der Zukunft würde es nicht mehr geben, weder mich, noch meine Mum, noch meinen Dad, noch all die anderen Menschen, die ich kannte und an denen mir etwas lag. Aber wenn ich ihn ihm nicht gab, würde Drew sterben.
»Ich warne Sie, Miss Violet, machen Sie keinen Fehler«, drohte er und sah mich abwartend an. Ich sah zu Drew hinüber, der wie ein Häufchen Elend in der Ecke saß, blutüberströmt und sichtlich geschwächt. Wenn ihm nicht bald geholfen wurde, würde er sicher verbluten. Plötzlich kam mir ein Gedanke. Es war nur eine vage Hoffnung, doch ich musste es riskieren. Schweren Herzens traf ich eine Entscheidung. Ich sah Joshua Scott direkt in die Augen.
»Es würde mir leichter fallen, wenn Ihre Wache meine Hände freigeben würde«, sagte ich.
»Wir werden also doch noch vernünftig?« Er schien zufrieden und gab seinem Helfer ein Zeichen mich loszulassen. Ich rieb mir die schmerzenden Handgelenke. Vorsichtig zog ich mir den Ring vom Finger.
»Violet, tu es nicht. Das ist es nicht wert«, flehte Drew.
»Doch Drew, das ist es«, sagte ich und übergab den Ring an Joshua Scott. Ich betete, dass sich meine Vermutung bestätigte und mein Plan aufging.
»Endlich«, sagte er. »Endlich kann ich die Fehler der Vergangenheit ungeschehen machen. Es war mir eine Ehre, Sie kennengelernt zu haben.«
»Mir auch!«, sagte ich, als er sich den Ring auf den Finger steckte. Augenblicklich stieß Joshua Scott einen markerschütternden Schrei aus. Ich sah, wie er umhersprang und versuchte den Ring wieder vom Finger zu streifen, doch er saß fest. Der Ring glühte regelrecht und strahlte ein gleißend helles Licht aus. Ich musste mir die Hand vors Gesicht halten, um nicht geblendet zu werden. Joshua Scott schrie weiter vor Schmerzen, bis er schließlich zusammensackte und reglos am Boden liegen blieb. Ich sah mich um. Sein Helfer taumelte orientierungslos umher. Offensichtlich hatte er direkt in das Licht gesehen und war nun geblendet. Ich stürzte zu Drew hinüber.
»Was ist mit ihm passiert?«, fragte er völlig fassungslos.
»Ich weiß es nicht. Kannst du aufstehen?« Mit ein bisschen Hilfe gelang es ihm, sich auf mich zu stützen. »Warte mal kurz«, sagte ich, als ich einen letzten, prüfenden Blick auf den leblosen Körper von Joshua Scott warf. Der Finger, an den er sich den Ring gesteckt hatte, war verschwunden. Es roch nach verbranntem Fleisch. Ich war kurz davor mich an Ort und Stelle zu übergeben. Der Ring lag neben ihm auf dem Boden. Vorsichtig hob ich ihn auf und steckte ihn mir wieder an den Finger. Er glitt fast wie von selbst an die richtige Stelle. Auf dem Weg zur Tür mussten wir der Wache ausweichen, die kurz darauf mit einem dumpfen Geräusch über Joshua Scott stolperte und zu Boden fiel. Als ich die Tür aufriss, wäre ich beinahe mit Anthony zusammengestoßen. Er sah reichlich ramponiert aus. Seine Hose war über dem Knie gerissen und an seiner Schläfe tropfte Blut aus einer Schnittwunde. Außerdem hatte er wohl auch eine Faust ins Gesicht bekommen, denn unter seinem linken Auge prangte ein dunkler Bluterguss.
»Mein Gott, Violet, was ist hier passiert?«, fragte er und nahm mir Drew ab. Erst jetzt merkte ich, wie schwer er gewesen war.
»Als ob dich das interessieren würde«, schnauzte ich ihn an.
»Violet, es tut mir wirklich leid. Ich kann dir das alles erklären.«
»Spar dir das für später auf. Hilf mir lieber Drew hier rauszuschaffen.« So schnell es ging, hievten wir ihn die Treppe hinunter und hinaus in den Vorgarten.
»Wenn seine Wunden nicht bald versorgt werden, wird er verbluten.«, stellte Anthony fest. Er zog seinen Gehrock aus und drückte ihn mir in die Hand. »Bleib hier bei ihm sitzen und binde seine Wunden ab. Ich besorge uns eine Kutsche.« Dann rannte er los und sprang mit einem Satz über das niedrige Gartentor. Ich riss den Stoff in Stücke und begann Drews Wunden zu verbinden. Ihm stand der Schweiß in Perlen auf der Stirn und einige seiner blonden Haarsträhnen klebten ihm an den Schläfen. Sein Atem ging schwerfällig. Trotzdem versuchte er zu sprechen.
»Ich wollte das nicht«, röchelte er. »Bitte …« Ich legte ihm einen Finger auf die Lippen. Ich konnte sehen, wie sehr das Sprechen ihn anstrengte und wie er immer blasser wurde. Seine Augen hatten jeglichen Glanz verloren. Sein Blick war matt. Er durfte sich nicht weiter verausgaben.
»Schon gut«,
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