Zauber einer Karibiknacht
unter den Tisch getrunken!
Er hatte unbedingt den Geschäftsabschluss feiern wollen, da hatte Sean natürlich schlecht Nein sagen können. Stundenlang hatte er Geschichten von der Insel und aus Melindas Kindheit erzählt und Sean ständig sündhaft teuren Brandy nachgeschenkt. Am Schluss war Sean heftig schwankend in sein Hotelzimmer zurückgekehrt.
Er hatte nur schwer in den Schlaf gefunden, während sich alles um ihn drehte, und schließlich merkwürdige Albträume gehabt. Stanford hatte ihn gejagt, mit einer riesigen Brandy-Flasche in der Hand, und Melinda hatte ihn mit Brautsträußen beworfen.
„Ich will lieber gar nicht wissen, was dieser Traum zu bedeuten hat“, murmelte er vor sich hin.
Aufstöhnend griff er nach der Schachtel mit Kopfschmerztabletten, als plötzlich Rafes Gesicht auf dem Bildschirm erschien.
„Guten Morgen, Sean“, sagte sein Bruder und hielt dann erschrocken inne. „Mann, Junge, du siehst aber gar nicht gut aus.“
In diesem Moment wäre Sean ein Telefonat lieber gewesen als diese Internet-Videokonferenz. Dann hätte er seinen beklagenswerten Zustand besser verbergen können. „Danke, Rafe. Ich freue mich auch, dich zu sehen.“
„Hast du gestern zu viel getrunken?“
„Das hast du sehr scharf beobachtet.“ Mit zitternden Fingern bemühte er sich, die Tabletten aus der Schachtel zu fischen.
„War nicht schwer zu erraten. Du hast dicke Augenränder und sitzt zusammengekrümmt da wie ein Häufchen Elend. Aber jetzt erzähl. Ist der Vertrag unter Dach und Fach?“
„Ach ja, der Vertrag …“
„Verflixt noch mal, Sean, raus mit der Sprache!“
„Autsch, bitte nicht so laut. Mein Kopf …“ Endlich hatte er zwei Tabletten aus der Folie gelöst und spülte sie mit einem Schluck aus der Wasserflasche hinunter. Anschließend nahm er gleich noch zwei. Nur um sicherzugehen. Im Stillen hoffte er, dass sie wie durch ein Wunder in Sekundenschnelle wirken würden.
Das war natürlich nicht der Fall.
„Gut, für dich flüstere ich sogar“, sagte Rafe leise. „Hauptsache, du erzählst endlich.“
„Es ist eine lange Geschichte“, begann Sean und rieb sich die Augen. „Deshalb möchte ich sie lieber nur einmal erzählen. Ist Lucas auch im Haus?“
„Das hört sich ja gar nicht gut an“, murmelte Rafe. „Aber, ja, er ist hier.“ Er drückte auf einen Knopf und sagte: „Marie, würden Sie bitte Lucas zu mir rufen? Danke.“
„Marie?“, fragte Sean. „Hast du eine neue Sekretärin?“
„Ja. Katie hat darauf bestanden, dass ich zu meiner Entlastung jemanden einstelle, damit ich immer rechtzeitig zum Abendessen zu Hause bin. Meistens jedenfalls.“
Es klang ein wenig wie eine Beschwerde, aber Sean wusste, wie sehr Rafe seine Frau liebte. Und das war auch kein Wunder. Rafe konnte einem manchmal ganz schrecklich auf die Nerven gehen, aber Katie war wirklich ein Engel. Davon abgesehen buk sie die leckersten Kekse der westlichen Hemisphäre.
„Wie geht es Katie?“, brachte Sean mühsam hervor.
„Oh, der geht’s prima“, antwortete Rafe glücklich lächelnd. Es war wirklich erstaunlich, wie sie den früher oft so mürrischen Rafe King verändert hatte. „Ich soll dir von ihr ausrichten, dass sie eine Charge ihrer Pistazien-Schokokekse für dich zurückgelegt hat.“
Normalerweise hätte Sean sich darüber gefreut, aber im Moment war ihm speiübel. „Sag ihr Dankeschön dafür“, würgte er.
Rafe runzelte die Stirn und winkte dann Lucas heran, der gerade sein Büro betreten hatte. Lucas setzte sich neben ihn, sodass Sean jetzt beide auf dem Bildschirm sah.
„Mann“, sagte Lucas erschrocken, als er Sean erblickte, „du siehst aber gar nicht gut aus.“
Sean seufzte. „Darin sind wir uns alle einig. Wie geht es dem Baby?“
„Danny geht es großartig“, erklärte Lucas voller Vaterstolz. „Ich glaube, er hat heute Morgen zum ersten Mal ‚Daddy‘ gesagt.“
Sean musste lachen, was einen neuen Kopfschmerzanfall bei ihm auslöste. Sein Neffe war kaum drei Monate alt, da sprach er bestimmt noch kein verständliches Wort. Aber Lucas war felsenfest davon überzeugt, dass sein Sohn ein kleines Genie war. Sean wollte ihn in dem Glauben lassen.
„Jetzt aber endlich zum Thema“, forderte Rafe ihn auf. „Ich habe das Gefühl, du ziehst mit irgendeiner Blondine um die Häuser, statt dich um die Geschäfte zu kümmern.“
„Ja“, warf Lucas ein. „Die Blondinen können warten, bis wir endlich unser Grundstück haben.“
„Was heißt warten?“, fragte
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