Zauber einer Winternacht
geräuschvoll aus. Nicht aus Ärger oder gar Belustigung, sondern aus Freude. Aus jener seltenen unvermittelten Freude, die sich einstellte, wenn man umsorgt wurde. »Mir geht es gut. So gut wie noch nie in meinem Leben.«
»Trotzdem. Du hast gerade erst ein Baby zur Welt gebracht. Nach dem, was ich gelesen habe …«
»Das hast du auch nachgelesen?«
Ihr ungläubiges Staunen und der Anflug von Belustigung in den weit aufgerissenen Augen provozierten ihn. »Ich werde dich nicht anrühren«, sagte er förmlich, »bis ich sicher bin, dass du dich vollständig erholt hast.«
»Was willst du, ein ärztliches Attest?«
»So ungefähr.« Er wollte ihre Wange berühren, und seine Hand zuckte schon hoch, da überlegte er es sich anders. »Ich sehe nach Michael.«
Er ließ sie auf dem Flur zurück. Sie schwankte zwischen Verärgerung und Belustigung und Freude. Nur eins war ihr klar, und das war die Tatsache, dass sie fühlte. Und im Mittelpunkt ihrer Gefühle stand Gabriel.
8. K APITEL
»Ich kann gar nicht glauben, wie schnell er wächst.« Sich sehr großmütterlich fühlend, aber mit hochmodisch gestyltem Haar, saß Amanda in dem Bugholz-Schaukelstuhl in Michaels neuem Kinderzimmer. Auf ihrem Schoß saß das Baby.
»Er holt auf, was ihm durch die Frühgeburt gefehlt hat.« Laura war sich noch nicht sicher, was sie für ihre Schwiegermutter empfand, und konzentrierte sich darauf, die winzigen Kleidungsstücke zusammenzulegen, die gerade aus der Wäscherei gekommen waren. »Wir haben uns heute durchchecken lassen, und die Ärztin meinte, Michael sei gesund wie ein Pferd.« Sie hielt sich einen Schlafanzug an die Wange. Er war weich, fast so weich wie die Haut ihres Sohns. »Vielen Dank, dass du mir Dr. Sloane empfohlen hast. Sie ist wunderbar.«
»Gut. Aber ich weiß auch ohne Kinderärztin, dass dieses Kind gesund ist. Sieh dir bloß diesen Griff an.« Amanda schmunzelte, als Michael mit seinen Fingern nach ihren fasste. Aber dass er an ihrem Saphirring nuckeln wollte, ging ihr dann doch zu weit. »Er hat deine Augen, weißt du das?«
»Wirklich?« Erfreut baute Laura sich vor den beiden auf. Das Baby duftete nach Puder, Amanda nach Paris. »Es dauert noch eine Weile, bis es endgültig feststeht, aber gehofft habe ich es.«
»Kein Zweifel.« Amanda musterte ihre Schwiegertochter, ohne mit dem Schaukeln aufzuhören. »Und was hat dein Durchchecken ergeben? Wie geht es dir?«
»Mir geht es gut.« Laura dachte an das Stück Papier, das sie in die oberste Schublade ihrer Kommode gelegt hatte.
»Du siehst etwas müde aus.« Es war keine Mitleidsbezeugung, sondern eine sachliche Feststellung, und so klang es auch. »Hast du dir denn noch niemanden besorgt, der dir hilft?«
Lauras Rückgrat straffte sich automatisch. »Ich brauche keine Hilfe.«
»Das ist natürlich absurd. Ein Haus in dieser Größe, ein anspruchsvoller Ehemann und ein neugeborenes Baby, da brauchst du sämtliche Hilfe, die du bekommen kannst. Aber du musst es ja wissen.« Michael begann zu gurren, und Amanda strahlte. »Sprich mit Gran, mein Herz. Erzähl deiner Gran, wie es dir geht.« Das Baby antwortete ihr mit einem gurgelnden Geräusch. »Hör sich einer das an. Bald wirst du eine Menge zu sagen haben. Und zu den ersten Sätzen, die du lernst, muss ›Meine Gran ist hübsch‹ gehören. Versprichst du mir das, du süßer Bursche?« Sie küsste ihn auf die Augenbraue, bevor sie zu Laura hochsah. »Ich würde sagen, hier ist ein Windelwechsel angesagt, und den überlasse ich dir nur zu gern.« Mit einem Gesichtsausdruck, der verriet, dass sie das als großmütterliches Privileg ansah, reichte sie Laura das nasse Baby. Sie blieb sitzen, während Laura mit Michael zum Wickeltisch ging.
Es gab eine Menge, was Amanda ihr gern gesagt hätte. Normalerweise hielt sie mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg, aber sie hatte in den letzten paar Wochen viel über die Eagletons und Lauras Aufenthalt bei ihnen erfahren. Sie probierte eine neue Taktik.
»Gabriel verbringt viel Zeit in der Galerie.«
»Ja. Ich glaube, er hat sich schon fast zu einer neuen Ausstellung entschieden.« Sie presste die Nase gegen Michaels Hals.
»Bist du schon mal dort gewesen?«
»In der Galerie? Nein, noch nicht.«
Amanda klopfte mit einem perfekt gepflegten Fingernagel auf die Lehne des Schaukelstuhls. »Ich hätte gedacht, du würdest dich für Gabriels Arbeit interessieren.«
»Das tue ich.« Sie hielt Michael über den Kopf, und er blubberte lächelnd. »Ich wollte
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