Zauber einer Winternacht
haben, werden Sie wissen, wie weit ich gehen werde, um meinen Sohn zu behalten.«
»Und du solltest wissen, wie weit ich gehen werde, um zu verhindern, dass ein Eagleton auch nur in deiner Nähe aufwächst.«
»Mehr ist er für Sie nicht, ein Name, ein Symbol für Unsterblichkeit.« Sie konnte ihre Stimme nicht mehr davon abhalten, verzweifelt zu klingen, und die Knie nicht davon, ins Zittern zu geraten. »Sie lieben ihn nicht.«
»Gefühle haben damit nichts zu tun. Ich wohne im Fairmont. Du hast zwei Tage, dich zu entscheiden, ob du einen öffentlichen Skandal willst oder nicht.« Lorraine zog ihre Handschuhe wieder heraus. Sie war sicher, dass es dazu nicht kommen würde. Lauras schreckensbleiche Miene gab ihr diese Zuversicht. »Ich glaube kaum, dass die Bradleys sehr begeistert wären, von deinen vergangenen Indiskretionen zu erfahren. Daher zweifle ich nicht daran, dass du vernünftig sein wirst, Laura. Du wirst doch nicht gefährden, was du dir bequemerweise verschafft hast.« Sie ging durch die Tür und die Stufen hinab, wo eine graue Limousine auf sie wartete.
Laura wartete nicht, bis sie losfuhr, sondern warf die Tür zu und verriegelte sie. Sie war atemlos, als hätte sie einen Dauerlauf hinter sich. Und Weglaufen war das Erste, woran sie dachte. Sie raste die Treppe hinauf in Michaels Zimmer und begann, seine Sachen in eine Tasche zu werfen.
Sie würde mit leichtem Gepäck reisen. Nur das Nötigste würde sie mitnehmen. Noch vor Sonnenuntergang konnten sie mehrere Meilen entfernt sein. In nördlicher Richtung, dachte sie. Vielleicht nach Kanada.
Sie hatte noch genügend Geld, um zu entkommen, um mit Michael zu verschwinden. Eine Rassel glitt ihr aus der Hand und fiel klappernd zu Boden. Sie ließ sich von der Verzweiflung überwältigen, setzte sich auf die Liege und schlug die Hände vors Gesicht.
Sie konnten nicht davonlaufen. Selbst wenn sie die finanziellen Möglichkeiten gehabt hätten, sich ein Leben lang zu verstecken, wäre Davonlaufen unmöglich gewesen. Es wäre ungerecht. Ungerecht gegenüber Michael, gegenüber Gabriel und auch gegenüber ihr selbst. Sie durften das Leben hier nicht einfach aufgeben, das Leben, das sie sich immer gewünscht hatte, das sie ihrem Sohn bieten wollte.
Aber wie konnte sie es davor bewahren, zerstört zu werden?
Indem sie sich wehrte, dem Angriff standhielt. Und nicht nachgab. Aber Nachgeben war das, was sie immer am besten gekonnt hatte. Sie hob den Kopf und wartete darauf, dass ihre Atmung sich beruhigte. Aber das war die Einstellung der alten Laura, und genau darauf verließ sich Lorraine. Die Eagletons wussten, wie leicht sie sich hatte manipulieren lassen. Sie rechneten damit, dass sie davonlaufen würde, und würden dieses impulsive, verzweifelte Verhalten gegen sie verwenden. Vielleicht erwarteten sie auch, dass sie ihr Baby opfern würde, um ihren Ruf bei den Bradleys nicht zu gefährden.
Aber die Eagletons kannten sie nicht gut genug. Sie hatten es nie für nötig befunden, ihre Schwiegertochter wirklich kennenzulernen. Diesmal würde sie nicht nachgeben, nicht mit ihrem Sohn davonlaufen. Diesmal würde sie um ihn kämpfen.
Der Zorn stieg in ihr auf, und es war ein wunderbares Gefühl. Zorn war eine hitzige, lebendige Empfindung, ganz anders als die lähmende Kälte der Angst. Sie würde zornig bleiben, wie Amanda es ihr geraten hatte. Denn voller Zorn würde sie nicht nur einfach kämpfen, sondern mit allen Tricks und Raffinessen kämpfen. Den Eagletons stand eine gewaltige Überraschung bevor.
Als Laura vor der Galerie eintraf, hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Michael war bei Amanda in Sicherheit, und Laura war dabei, den ersten Schritt auf dem Weg zu unternehmen, an dessen Ende es für ihn keine Gefahr mehr geben würde.
Die Trussault-Galerie befand sich in einem geschmackvoll restaurierten alten Gebäude. Die sorgfältig gepflegten Blumen, die den Haupteingang säumten, waren noch feucht vom Regen. Der Duft der Rosen stieg Laura in die Nase, als sie die Tür aufzog. Innen war durch Oberlichter der noch immer bewölkte Himmel zu erkennen, aber die Galerie selbst war dank der versteckt angebrachten Beleuchtung hell wie ein strahlender Sommertag. Es war so still wie in einer Kirche. Und als Laura sich umschaute, kam es ihr tatsächlich wie ein Andachtsort vor. Diese Galerie diente der geradezu ehrfürchtigen Bewunderung von Kunst. Skulpturen aus Marmor und Holz, aus Eisen und Bronze waren geschickt platziert. Sie konkurrierten nicht
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