Zauber-Schloss
der Zeit an Macht verliert.«
»Die Vernunft kann mancherlei Magie besiegen«, stimmte Hüpfer ihm zu. Er schwang sich zu ihm herüber und hatte ihn mit wenigen geschickten Bewegungen befreit. »Tut mir leid, daß es so weit gekommen ist«, schnatterte er.
»Mir auch. Ach, Hüpfer, es tut mir ja so leid! Ich hätte erkennen müssen –«
»Ich war ja auch davon gefangen. Das Gefühl hat die Vernunft überwältigt – beinahe, jedenfalls.«
»Aber sag mal – warum hast du mir denn nicht den Kopf abgebissen? Ich dachte schon, du wolltest damit anfangen.«
»Die Versuchung war recht groß. Aber in der Regel bringt man keinen wehrlosen Gegner um, es sei denn, man hat Hunger. Man lagert das Fleisch lebend, bis man es braucht. Und ich mag auch den Geschmack deiner Fleischart nicht besonders. Also verstieß es gegen alle Logik, dich zu töten, und das war es auch, was mich störte. Ich ziehe es vor, der Logik zu gehorchen. Ich versuche, eine Situation als Ganzes zu verstehen, zu jeder Zeit zu einer übergeordneten Perspektive zu finden. Alle acht Augen offen zu halten, wie wir Spinnen schnattern.«
»Ich habe gar nicht erst versucht, nachzudenken«, gestand Dor. »Ich habe einfach drauflosgekämpft.«
»Du bist ja auch jünger als ich!«
Ja, wieder hatte Hüpfers Reife das Schlimmste verhindert.
»Wie alt bist du eigentlich, Hüpfer?«
»Ich bin vor einem halben Jahr ausgeschlüpft, im Frühling.«
»Vor einem halben Jahr!« rief Dor. »Ich bin vor zwölf Jahren ausgeschlüpft, äh, ich meine, geboren worden. Also bin ich wesentlich älter als du!«
»Wahrscheinlich haben wir andere Lebensrhythmen«, meinte Hüpfer diplomatisch. »Noch ein Vierteljahr, und ich werde an Altersschwäche sterben.«
Dor war schockiert. »Aber ich hab’ doch kaum Gelegenheit gehabt, dich kennenzulernen!«
»Es geht nicht darum, wie lange man lebt, sondern wie gut man lebt«, schnatterte Hüpfer.
Sie ließen sich vom Baum herab und stellten ihre Markierungen im weiten Umkreis um die Zauberknolle auf. Diese Waldverteidigung erschien ihnen zwar als ziemlich umständlich, aber andererseits ließ sich eine offensichtliche Falle natürlich auch leichter umgehen.
Dor war ziemlich ernüchtert, und dies nicht nur wegen der feindseligen Magie. Hüpfer – in drei Monaten war er schon tot!
10
Die Schlacht
Am Nachmittag kamen sie ohne weitere Zwischenfälle auf Schloß Roogna an. Der König freute sich sehr über ihre Meldung. »Dann habt ihr also den Zombiemeister überredet! Wie habt ihr das nur geschafft?«
»Millie hat es eigentlich getan«, sagte Dor und erinnerte sich an die möglichen Grenzen seines Eingreifens. »Sie wird den Zombiemeister heiraten.«
»Wann werden die Zombies eintreffen?«
»Morgen, wenn nichts dazwischenkommt.« Dor bedeckte den Mund mit der Hand.
»Aber wir haben den Weg so markiert, daß einfach nichts dazwischenkommen kann!«
»Wir wollen’s hoffen«, meinte der König trocken. »Es ist wohl besser, wenn wir ein geregeltes Meldesystem auf die Beine stellen. Das wird nicht leicht sein, denn die Koboldkräfte haben die Boden- und die Harpyien die Lufthoheit. Ich habe meine Truppen nicht von zu Hause herbeizitiert, weil ein Marsch durch ein von Ungeheuern beherrschtes Gebiet unverhältnismäßig riskant gewesen wäre. Mal überlegen.« Er dachte kurz nach, während Dor entsetzt begriff, daß Schloß Roogna keinerlei Verteidigungskräfte besaß. »Schade, daß zwischen uns kein Fluß fließt. Wir müssen also Bodenverbindungen herstellen.«
»Aber das Drachenpferd!« rief Dor.
»Nein, ich habe auch meinen Drachen freigegeben, damit sie ihre Heime verteidigen können, die wesentlich angreifbarer sind als dieses große Schloß. Mal sehen, was für Fische wir haben.«
»Fische?« fragte Dor verständnislos. »Aber die können doch gar nicht –«
Der König führte sie an den königlichen Fischteich, während Dor immer bekümmerter wurde. Keine Truppen, keine Drachen – und da wollte der König sich jetzt auf Fische verlassen?
König Roogna holte einen hell schimmernden Goldfisch mit dem Netz ein. »Mal sehen«, sagte er konzentriert.
Der Fisch wurde blau, und die Wasseroberfläche vereiste. »Hoppla, jetzt habe ich ihn in einen Eisfisch verwandelt«, sagte Roogna. »Das nützt uns nicht viel.« Er konzentrierte sich erneut. Der Fisch wurde feuerrot, und das Wasser begann unter seinen heftigen Schwanzschlägen zu brodeln. »Nein, jetzt ist er ein Kampffisch. Ist aber auch wirklich schwierig zur
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