Zauber-Schloss
vollen Leben erwecken möchte. Es ist ein Gefallen, den ich… äh… jemandem tue. Ihr seid derjenige, der die Formel für derartige Wiederherstellungen kennt. Deshalb bin ich mit magischer Hilfe zu Euch gekommen.«
»Ein höchst interessanter Ursprung. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das glauben kann. Für wen tut Ihr das?«
»Für ein… für eine Dame.« Er konnte Millie unmöglich etwas über ihr zukünftiges Schicksal erzählen und durfte deshalb auch ihren Namen nicht nennen. Nicht auszudenken, was ein solches Wissen bei einem derart unschuldigen Geschöpf anrichten könnte!
»Und wer ist dieser Zombie?« beharrte der Magier sanft. »Ich will mich ja in nichts einmischen, was mich nichts angeht, aber Zombies gehen mich nun einmal etwas an, denn jeder Zombie, der in Euren Tagen existiert, ist ein Produkt meiner Magie. Folglich sorge ich mich natürlich auch um sein Wohlergehen.«
Dor wäre lieber ausgewichen, aber er kam zu dem Schluß, daß er dem Zombiemeister dieses Wissen kaum verwehren durfte. »Sie… diese Dame nennt ihn Jonathan. Mehr weiß ich auch nicht.«
Der Mann versteifte sich. »Ah, der Lohn der eitlen Neugier.« hauchte er.
»Ihr kennt diesen Zombie?«
»Ich – vielleicht. Das wird für mich zu einer Lektion in Sachen Menschenliebe. Ich hätte nie gedacht, daß ich diesem Individuum einmal einen solchen Gefallen tun würde.«
»Ist es einer der Zombies hier in Eurem Schloß?« Schon spürte Dor das leise Pieksen der Eifersucht.
»Zur Zeit nicht. Ich habe keinen Zweifel, daß Ihr ihm bald begegnen werdet.«
»Ich will ihm gar nicht –« Nein, das konnte er unmöglich sagen. Was geschehen mußte, mußte eben geschehen. »Ich weiß nicht, ob es sehr ratsam wäre, ihm davon zu erzählen… Ich meine, achthundert Jahre sind schließlich eine lange Zeit, um auf eine Wiederherstellung zu warten. Vielleicht würde er die Medizin lieber jetzt nehmen und wäre dann nicht mehr für die Dame da –« Was natürlich ein teuflisch verführerischer Gedanke war, den es schleunigst zu unterdrücken galt.
»Eine äußerst lange Zeit«, stimmte der Zombiemeister ihm zu. »Macht Euch keine Sorgen, ich werde Euer Geheimnis niemandem verraten.« Er wischte das Thema mit einem brüsken Kopfschütteln beiseite. »Jetzt müssen wir uns um die Verteidigungsanlagen des Schlosses kümmern. Meine Beobachtungskäfer melden mir, daß die Mundanier sich zu einem massiven Angriff zusammenziehen.«
Die Verteidiger bildeten eine Kette, um diesem Angriff zu widerstehen. Hüpfer bewachte die Ostmauer und das Dach. Er spannte eine Reihe von Stolperleinen für etwaige Eindringlinge. Der Zombiemeister übernahm die Südmauer, die den Innenhof einfaßte. Dor übernahm die Westseite, und der Oger bewachte natürlich das Nordtor. Alle wurden sie von Zombietrupps unterstützt. Millie blieb im Schloß – um auf feindliche Magie, Zauber und so weiter achtzugeben, wie sie ihr sagten. Niemand wollte sie während der Kampfhandlungen auf den Bollwerken sehen, wo ihre niedlichen Reaktionen auf die Mundanier wie ein Magnet wirken würden. Außerdem bewachte sie das Heilelixier, so daß sie sich um die Verwundeten kümmern konnte.
Die Zombiekäfer mußten ihre vom Elixier wiederhergestellten Augen vorzüglich zu nutzen gewußt haben, denn der Angriff kam pünktlich auf die Minute. Eine Welle von Mundaniern griff die Flanke des Schlosses an. Nicht das Haupttor, wo Egors Ruf zur Verteidigung vollauf zu genügen schien, sondern die schwächste Mauer – und das war zufällig Dors Bereich.
Sie warfen Holzbohlen aus, um eine provisorische Brücke zu bauen, postierten Männer mit riesigen Schilden auf beiden Seiten, um das Grabenungeheuer abzuhalten, und brachten etwa die Hälfte ihrer Truppen auf die Schloßseite. Das Schloß war äußerst unklug konstruiert worden: Über den beiden ersten Stockwerken befand sich ein Mauervorsprung, der geradezu ideal für das Einhaken von Enterleitern war. Der Vorsprung endete zwar abrupt an der Ecke, wo der Innenhof begann, führte dafür aber auf eine kleine Tür an der nördlichen Kante zu. Dieser Zugang sollte wohl dazu dienen, die Reinigung der Regenrinnen zu erleichtern, aber er stellte eine Schwachstelle in den Verteidigungsanlagen des Schlosses dar, die geradezu fatal war. Eine kahle Wand ohne Vorsprünge und Türen wäre wirklich viel besser gewesen!
Dor postierte sich vor der Tür und wartete in der Hoffnung, bereit zu sein. Sein Magen war recht unruhig. Tatsächlich hatte er
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