Zauber-Suche
seit zehn Jahren vermisse!« Welch eine Ironie des Schicksals! Der Magier hatte in seiner Zerstreutheit seine Klugheitspillen in eine weitere Flasche abgefüllt und war ohne sie nicht mehr dazu in der Lage gewesen, sie ausfindig zu machen. Jetzt, beim Krieg der Talente, waren sie plötzlich aufgetaucht – zur Unzeit.
Bink setzte dem Magier die Schwertspitze auf die Brust. »Sie werden keine Klugheitspillen brauchen, um zu wissen, was mit Ihnen passiert, wenn Sie jetzt nicht aufgeben.«
Humfrey seufzte. »Offensichtlich habe ich dich unterschätzt, Bink. Ich hätte nie geglaubt, daß du den Greif besiegen könntest.«
Bink hoffte nur, daß er es nie wieder probieren mußte. Wenn Crombie nicht bereits ermattet und verwundet gewesen wäre – aber es hatte keinen Zweck, jetzt darüber nachzudenken, was alles hätte passieren können. »Sie dienen einem mir feindlich gesonnenen Herrn. Ich kann Ihnen nicht trauen. Geben Sie auf,
dann werde ich Ihnen einen Dienst abverlangen und Sie wieder in die Flasche zwingen, bis ich meine Suche beendet habe. Sonst muß ich Sie töten, damit die Gehirnkoralle machtlos wird.« War das ein Bluff? Er wollte den Magier gar nicht töten, aber wenn der Kampf aufs neue ausbrechen sollte … »Also wählen Sie!«
Humfrey zauderte. Offenbar stand er in Kontakt mit irgendeinem anderen Geist. »Kobolde kommen nicht. Erstens ist es zu hell, und zweitens hassen sie die Koralle. Sonst bleibt kein Ausweg. Nein, auf dein Schach kann ich nichts mehr entgegnen.« Er machte eine Pause. »Die Koralle kennt keine Ehre«, fuhr er schließlich fort. »Aber ich. Ich habe geglaubt, daß mein Angebot vorhin volle Gültigkeit hätte. Ich wußte nicht, daß der Greif dich in diesem Augenblick angreifen würde.«
»Ich würde Ihnen gerne glauben«, sagte Bink, dessen Wut sich zwar zu legen begann, der aber immer noch vorsichtig blieb. »Doch das wage ich nicht. Ich kann Ihnen nur mein Wort geben.«
»So wie die Lage aussieht, ist dein Wort immer noch besser als meins. Ich akzeptiere deine Bedingungen.«
Bink senkte das Schwert, steckte es aber nicht weg. »Und was ist mit dem Golem?« fragte er. »Auf wessen Seite steht er?«
»Er ist … einer von uns, genau wie du vermutet hast. Meine Reaktion soeben dürfte dir soviel verraten haben. Du bist wirklich sehr schlau, wenn du in der Klemme steckst, Bink!«
»Lassen Sie die Schmeichelei! Warum hat Grundy mir geholfen?«
»Die Koralle hat es mir befohlen«, sagte der Golem.
»Das ergibt keinen Sinn! Warum sollte die Koralle gegen sich selbst kämpfen? Wenn du auf Crombies Seite gekämpft hättest, dann hätte er mich schlagen können.«
»Um dann trotzdem zu verlieren«, meinte Humfrey. »Auch die Koralle hat dich weit unterschätzt, Bink. Sie hat geglaubt, daß sie nur dein Talent auszuschalten brauchte – was an sich schon ständige Aufmerksamkeit verlangt, weil es so entsetzlich stark und schwer greifbar bleibt –, um dich dann mit physischen Mitteln überwältigen zu können. Statt dessen hast du immer besser und erbitterter gekämpft, je stärker der Druck wurde. So wurde aus einem sicheren Erfolg das genaue Gegenteil. Die Chancen der Koralle, mit Gewalt zu siegen, sanken immer mehr, und die Wahrscheinlichkeit, daß sie nur mit Vernunft ihr Ziel erreichen würde, wuchs.«
»Mit Vernunft?« rief Bink ungläubig.
»Folglich hat die Koralle dem Golem aufgetragen, dein Freund zu sein – ihr Agent in deinem Lager. Wenn du den körperlichen Kampf gewonnen und mich getötet hättest, hättest du auf deinen Freund gehört.«
»Na, das werde ich aber jetzt nicht mehr«, sagte Bink. »Ich habe Grundys plötzlichem Seitenwechsel nie getraut und hätte ihn sofort in den See zurückgeworfen, wenn er mich verraten hätte. Aber im Augenblick habe ich Wichtigeres zu tun. Suchen Sie die Flasche mit dem Heilelixier. Ich weiß, daß sie noch verschlossen ist.«
Der Magier kauerte sich nieder und durchstöberte die verbliebenen Fläschchen. »Hier.«
»Juwel!« bellte Bink.
Verschüchtert kam die Nymphe auf ihn zu. »Wenn du so bist, machst du mir Angst, Bink.«
Sie hatte den ganzen Kampf über Angst gehabt. Er hätte ihre Hilfe bei der Ortung des Bösen Auges gebrauchen können, anstatt sich auf die höchst dubiose Unterstützung des Golems verlassen zu müssen. In dieser Hinsicht war sie eine typische Nymphe: unfähig, in einer Krise entschieden zu handeln. Chamäleon war da anders gewesen, selbst in ihrer dümmsten Phase. Sie hatte gehandelt, um ihn zu
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