Zauber-Suche
durch diese Höhle schreiten und einige von den magischen der Gedankenstrudel des Dämons abfangen. Dann werden wir alles begreifen.«
»Ich habe kein Bedürfnis nach weiteren magischen Erfahrungen!« protestierte Bink. »Ich will nur wissen, was es mit der Quelle auf sich hat.«
»Das wirst du ja auch, das wirst du ja auch«, sagte Humfrey. »Geh einfach mit mir mit, das ist alles. Es gibt keinen anderen Weg.« Er machte einen Schritt nach vorn.
Mißtrauisch folgte Bink ihm, denn er wollte nicht, daß der Magier außer Reichweite seines Schwerts kam.
Plötzlich verspürte er einen Schwindel, als würde er in die Tiefe stürzen, dabei stand er mit beiden Beinen fest auf dem Höhlenboden. Er blieb stehen, um sich gegen etwas zu rüsten, das er nicht zu definieren vermochte. War das ein weiterer Sieg des Wahnsinns? Wenn das die Falle sein sollte –
Da erblickte er Sterne. Nicht die armseligen Fünkchen am Nachthimmel, sondern monströse und fremdartige Kugeln aus einer lodernden und doch nicht verbrennenden Substanz, aus einem Gas, das dichter war als Wasser, und aus Gezeiten ohne Gewässer. Sie waren so weit voneinander entfernt, daß nicht einmal ein Drache die Entfernung in einem ganzen Leben ununterbrochenen Fluges zu überbrücken vermocht hätte, und so zahlreich, daß ein Mensch sie in einem Leben nicht alle hätte zählen können, und doch waren sie alle auf einmal zu sehen. Zwischen diesen magischen groß-kleinen, fern-nahen Gewißheiten unglaublicher Art flogen allmächtige Dämonen umher, die mal einen kleinen (gigantischen) Stern berührten, um ihn zum Flackern zu bringen, mal einen großen (winzigen) zum Glühen brachten und gelegentlich einen Stern so stark anhauchten, daß er mit einem grellen Blitzen zu einer Nova wurde. Das Reich der Sterne war das Spielfeld der Dämonen.
Die Vision verblaßte. Bink blickte sich verwirrt in der Höhle um. »Du bist aus diesem Gedankenstrudel herausgetreten«, erklärte Humfrey. »Sie sind alle äußerst schmal, aber dafür auch sehr tief.«
»Hm, ja«, meinte Bink. Er machte einen weiteren Schritt nach vorn – und stand einer hübschen Dämonin gegenüber, deren Augen so tief waren wie der Strudel der Ungeheuer, mit Haaren, die sich wie ein Kometenschweif hinter ihr ausbreiteten.
Sie war nicht im eigentlichen Sinne weiblich, da sich Dämonen nicht fortpflanzten und keine Geschlechtlichkeit besaßen, außer wenn sie sich damit amüsieren wollten. Sie lebten ewig, hatten immer existiert und würden es auch immer tun, solange Existenz noch einen Sinn hatte. Doch um der Abwechslung willen spielten sie manchmal mit dem Geschlecht, indem sie männliche, weibliche, dingmännliche, mannmännliche, weibmännliche, neutralmännliche und anonymmännliche Gestalt annahmen. Doch diese hier ließ sich durchaus als weiblich bezeichnen.
»???«, sagte sie und formulierte ein derart all-umfassendes Konzept, daß es Binks Fassungsvermögen überstieg. Und doch hatte ihre Aussage einen so tiefen Sinn, daß es ihn innerlich heftig aufwühlte. Plötzlich hatte er den Drang – aber so etwas wäre nach menschlichen Maßstäben unaussprechlich obszön gewesen, wenn es überhaupt vorstellbar oder gar möglich gewesen wäre. Letztlich stand sie doch nicht der Kategorie »weiblich« am nächsten …
Bink gelangte aus dem Gedankenstrudel und sah Juwel, die wie gebannt in einem anderen Strudel stand. Ihr Mund war geöffnet, und sie atmete schwer. Was sie wohl gerade erleben mochte? Bink reagierte auf vier Ebenen gleichzeitig: Entsetzen darüber, daß sie einem derart hochgeistigen und doch groben, betörenden Gedanken ausgesetzt werden könnte, wie er ihn gerade erfahren hatte, denn sie war doch nur eine unschuldige Nymphe; Eifersucht, daß sie auf solch entzückte Weise auf einen anderen reagierte, erst recht wenn es sich dabei um eine so anzügliche Emotion handeln sollte, wie sie ihm gerade zuteil geworden war; Schuldgefühle, weil er solche Gefühle für eine Nymphe hegte, die er doch nicht haben konnte, und schließlich intensivste Neugier. Angenommen, ein dingmännliches Wesen würde ihr einen Antrag – oh, entsetzlich! Und doch auch so verlockend!
Doch Humfrey ging weiter, und Bink mußte ihm folgen. Er trat in ein Feld ewiger Erinnerung, die so lang war, daß sie einem magischen Pfad glich, der an beiden Enden in die Unendlichkeit mündete. Die Sichtlinie – obwohl es sich nicht wirklich um den Gesichtssinn handelte – in die Vergangenheit verschwand in einem weit, weit
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