Zauber-Suche
nehmen.«
»Auf Kosten meiner Freunde, meines Landes und meiner Geliebten?«
»Die Gerechtigkeit ist absolut. Du darfst keine persönlichen Faktoren dagegen aufwiegen.«
»Die Gerechtigkeit ist aber nicht absolut! Sie hängt von der jeweiligen Situation ab. Wenn in beiden Waagschalen Recht und Unrecht liegen, dann ist der Ausschlag –«
»Du kannst doch nicht Recht und Unrecht mit einer Waage gegeneinander aufwiegen, Bink!« sagte Humfrey heftig. Er hatte sich inzwischen in seine Rolle als Dämonenadvokat hineingesteigert. Jetzt war Bink überzeugt davon, daß es der Gute Magier selbst war, der zu ihm sprach, und nicht die Gehirnkoralle. Der Feind hatte Humfrey zumindest in diesem Umfang freigeben müssen, damit er das Spiel vorläufig mitspielen konnte. Weder Verstand noch Gefühl des Magiers waren ausgelöscht worden, und das war ein Teil dessen, was Bink wissen mußte. »Recht und Unrecht finden sich weder in Dingen noch in der Geschichte, und sie lassen sich auch nicht in menschliche oder dämonische Begriffe fassen. Es sind lediglich Standpunkte. Die Frage lautet vielmehr, ob man dem Dämon gestatten soll, seinen Weg auf seine Weise zu gehen.«
»Aber genau das tut er doch bereits!« wandte Bink ein. »Wenn ich ihn nicht befreie, dann entspricht das doch auch seinen Spielregeln. Ich bin doch zu nichts verpflichtet!«
»Die Ehre des Dämons zwingt ihn, eine Beschränkung hinzunehmen, die kein Mensch dulden würde«, meinte Humfrey. »Es ist nicht verwunderlich, daß dein eigenes Ehrgefühl, an diesem vollkommenen Maßstab gemessen, minderwertiger ist.«
Bink hatte das Gefühl, als habe ihn ein Waldvernichtungszauber mit einem Schlag getroffen. Der Magier war wirklich ein vernichtender Nahkampfgegner, selbst bei einer Sache, die er ablehnte! Nur daß dies vielleicht die wirkliche Meinung des Magiers sein konnte, die die Koralle ihn gezwungenermaßen vertreten ließ. »Meine Ehre gebietet es mir, mich an den Kodex meiner Art zu halten, so unvollkommen er auch sein mag.«
Humfrey spreizte schulterzuckend die Hände. »Dagegen kann ich nicht argumentieren. Der einzige wirkliche Kampf zwischen Gut und Böse findet im Innern deines Ichs statt – wer immer du auch sein magst. Wenn du ein Mensch bist, mußt du auch als Mensch handeln.«
»Ja«, sagte Bink. »Und mein Kodex verlangt –« Er hielt verwirrt und entsetzt inne. »… er verlangt, daß ich keine lebende, fühlende Kreatur durch meine Untätigkeit leiden lassen darf. Es spielt gar keine Rolle, ob der Dämon mich an meiner Stelle auch befreien würde oder nicht. Ich bin jedenfalls kein Dämon und werde auch nicht wie einer
handeln. Wichtig ist vielmehr, daß ein Mensch es nicht zulassen darf, daß ein Unrecht, das ihm bewußt wurde, fortgesetzt wird. Nicht, wenn er etwas ändern kann.«
»Aber Bink!« rief Juwel, die plötzlich nach Myrrhe duftete. »Tu’s nicht!«
Er blickte sie erneut an. Sie war so hübsch, selbst in ihrer Furcht, und doch so fehlbar! Chamäleon hätte seine Entscheidung unterstützt, nicht etwa weil sie ihm hätte gefallen wollen, sondern weil sie ein Mensch war, der, wie er auch, daran glaubte, daß man das Richtige tun mußte. Doch obwohl Juwel, wie alle Nymphen, keinerlei überwältigendes Gefühl sozialer Verpflichtung kannte, war sie innerhalb ihrer eigenen Grenzen ein gutes Wesen. »Ich liebe dich, Juwel. Ich weiß zwar, daß das nur einer von den Versuchen der Koralle ist, mich von meinem Vorhaben abzuhalten, aber … na ja, wenn ich den Liebestrank nicht eingenommen hätte und nicht bereits verheiratet wäre, wäre es mir auch so sehr leichtgefallen, mich in dich zu verlieben. Wahrscheinlich wird es dich nicht sonderlich trösten, wenn ich dir sage, daß ich auch das Leben meiner Frau und meines ungeborenen Kindes und meiner Eltern und aller, die ich liebe, aufs Spiel setze. Aber ich muß tun, was ich tun muß.«
»Du Narr!« rief Grundy. »Wenn ich wirklich wäre, würde ich die Nymphe packen und diesen Dämonen zur Hölle fahren lassen. X(A/N) th wird es dir nicht lohnen.«
»Das weiß ich«, sagte Bink. »Niemand wird mir dafür danken.«
Dann drehte er sich zu dem riesigen Dämonengesicht um. »Ich befreie dich, Xanth«, sagte er.
13
Verlorene Magie
Sofort brach der Dämon frei. Jene durchgesickerte Magie seiner unmittelbaren Umgebung war nichts, verglichen mit der Magie seines Ausbruchs. Ein greller Blitz, ein ohrenbetäubender Knall – da wurde Bink von der Explosion durch die Höhle
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