Zauber-Suche
ihn deshalb wohl kaum verfolgen.
Bink kletterte auf das kleine Dach. Als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte, blickte er sich um, um die Lage besser einschätzen zu können. Der Wasserspeier war etwa so groß wie er, bestand aber zum größten Teil aus Gesicht. Der Rumpf war so kurz, daß er kaum mehr als ein Säulenfuß war. Der Kopf war so verzerrt, daß Bink nicht feststellen konnte, ob er menschlicher, tierischer oder sonstiger Art war. Die riesigen Augen waren vorgewölbt, die Nase glich der eines Pferdes, die enormen Ohren standen ungeheuer weit ab, und das Maul nahm ein gutes Drittel des ganzen Gesichts ein, wobei es so aussah, als würde der Wasserstrom durch eine ständige Würgebewegung hervorgebracht.
Hinter dem Ungeheuer stieg die Schloßmauer steil empor. Diesmal waren keine Grifflöcher vorhanden, und selbst wenn es ihm gelingen sollte hochzuklettern, sah er oben doch nichts als vergitterte Öffnungen. Nicht sehr ermutigend.
Bink musterte den Wasserspeier. Wie war er hier heraufgekommen? Er besaß weder Hände noch Füße wie Bink. Ob sich hinter ihm eine Tür befand? Das schien einleuchtend zu sein.
Er mußte das Ungeheuer von der Tür wegbekommen. Aber wie? Bisher hatte ihn das Ding nicht angegriffen, doch das konnte sich schnell ändern, wenn er es belästigte. Der Wasserspeier war massiger als er selbst und konnte ihn durchaus vom Dach herunterstoßen. Wirklich zu dumm, daß er sein Schwert nicht dabei hatte, denn das lag unten bei seinen Kleidern.
Sollte er noch einmal hinuntersteigen, um es zu holen? Nein, er war überzeugt davon, daß das unklug wäre, denn damit würde er seine Absicht verraten. Der Wasserspeier konnte ihm beim Aufstieg mit dem Schwert immer noch die Finger zerquetschen.
Vielleicht ging es ja mit einem Bluff. »Beweg deinen Hintern, Glotznase! Ich bin hier in Mission des Königs.«
Der Wasserspeier ignorierte ihn. Das war auch so etwas, das Bink auf die Nerven ging: ignoriert zu werden. »Beweg dich, sonst mach’ ich dir Beine!« Er machte einen Schritt auf das Ungeheuer zu.
Keine Reaktion. Wie konnte er jetzt noch einen Rückzieher machen? Bink vertraute auf sein Talent, stellte sich neben den Wasserspeier, dem Strahl ausweichend, und legte Hand an das Ungeheuer. Das bizarre Gesicht fühlte sich wie harter Stein an. Außerdem war es so schwer, daß er es nicht beiseite schieben konnte.
Dieses Ungeheuer war im Begriff, ihn zu besiegen – und dabei hatte es ihn noch nicht einmal wahrgenommen!
Da hatte Bink einen brillanten Einfall. Manchmal waren solche Wesen für ihre eigene Spezialität anfällig. Die Spezialität des Wasserspeiers war Häßlichkeit.
Bink stellte sich mit gespreizten Beinen über dem Wasserstrom vor ihm auf. »He, Hübscher – schau dir mal an, wie du aussiehst!« Er legte die gekrümmten Zeigefinger in die Mundwinkel, zog den Mund breit und ließ seine Augen hervortreten.
Da reagierte der Wasserspeier. Er schürzte die Lippen, um Bink anzuspeien. Bink hüpfte behende beiseite. »Nyaaa!« schrie er und plusterte die Wangen auf, um eine weitere Grimasse zu schneiden.
Das Ungeheuer bebte vor Wut. Es spie einen weiteren Wasserstrahl in seine Richtung. Der Strahl streifte Bink, und fast wäre er vom Dach gespült worden. Die Sache war doch ziemlich riskant!
Er riß den Mund auf und streckte die Zunge aus. »Haaa!« schrie er.
Der Wasserspeier wurde immer wütender. Er riß sein Maul auf, bis es so groß war wie der Rest des Gesichts. Das führte allerdings dazu, daß der Wasserdruck nachließ und das Wasser sein häßliches Kinn hinabtropfte.
Bink sprang mitten in das Maul hinein. Er kletterte gegen den trägen Wasserstrom an – und kam in einem Reservetank im Inneren des Schlosses heraus. Kurz darauf war er an die Wasseroberfläche geschwommen und kletterte ins Trockene. Er war im Schloß!
Doch immer noch nicht in Sicherheit: Am Rande des Tanks saß eine Kaktuskatze. Sie war ungefähr so groß wie Bink und besaß ein gewöhnliches Katzengesicht. Ihr Pelz bestand jedoch aus Dornen. In der Ohrengegend waren die Dornen besonders lang und steif, wie schlanke Stacheln. Doch die eigentlichen Waffen der Katze befanden sich an ihren Vorderbeinen, aus denen scharfe, glitzernde Knochen wie Messerschneiden hervortraten. Als Schlitzinstrumente waren sie verheerend.
Der Dornenpelz war waagrecht grün und braun gestreift, ebenso die drei Schwänze. Es war ein hübsches, aber gefährliches Wesen, dem niemand, der recht bei Sinnen war, mit einem
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