Zauber-Suche
Ein ganzer Jahresdienst für eine Antwort? Da zog Bink es vor, seinen Feind selbst ausfindig zu machen und sich mit ihm auseinanderzusetzen. »Vergessen Sie’s«, sagte er.
»Schon vergessen«, sagte Humfrey gnädig.
Verschnupft stieg Bink die Treppe hinab, entdeckte den Troll und gab ihm Anweisungen. Das Ungeheuer ließ die von außen
nicht zu erkennende Zugbrücke hinab, und kurz darauf traten Chester und Crombie durch ein Tor herein. Wie konnte es hier nur eine Öffnung geben, wo sich doch in der Wand nicht das kleinste Loch erkennen ließ? Der Magier hatte hier offenbar eine Menge Magie verschwendet! Vielleicht war ja irgendein begabter Techniker mit einer Frage zu ihm gekommen und hatte mit diesem Mechanismus bezahlt.
»Ich wußte, daß du es schaffen würdest, Bink«, sagte der Zentaur. »Was meint der alte Gnom zu deinem Auftrag?«
»Er kommt mit.«
Chester schüttelte den Kopf. »Dann steckst du aber wirklich in der Patsche.«
Der Magier kam die Treppe herunter, um sie zu begrüßen. »Du willst also dein obszönes Talent erfahren«, sagte er zu dem Zentaur. »Was willst du dem alten Gnom denn dafür bezahlen?«
Chester war ausnahmsweise einmal verlegen. »Ich weiß nicht so recht … äh … Zentauren sollen ja eigentlich nicht …«
»… um den heißen Brei herumreden?« fragte Humfrey in ätzendem Tonfall.
»Chester ist einfach nur mitgekommen, damit ich nicht zu Fuß gehen muß«, sagte Bink. »Und um gegen Drachen zu kämpfen.«
»Bink wird immer noch ein Reittier brauchen«, sagte Humfrey. »Da ich nun mit dieser Suche persönlich zu tun habe, ist es auch mein Behuf, dafür zu sorgen. Ich schlage dir folgendes Geschäft vor: Anstatt einen ganzen Jahresdienst abzuleisten, brauchst du mir nur für die Dauer der Suche zu dienen, wenn du eine Antwort bekommen hast.«
Chester starrte ihn erschrocken an. »Soll das heißen, daß ich tatsächlich ein Talent habe? Ein magisches?«
»Zweifellos.« »Und Sie kennen es? Was ist es denn?« »Ich weiß es.« »Dann –« Doch der Zentaur zögerte. »Wenn es für Sie derart
leicht ist, könnte ich es auch versuchen. Warum sollte ich Sie dann dafür bezahlen?«
»Ja, warum eigentlich?« pflichtete der Magier ihm bei.
»Aber wenn ich es nicht herausbekommen sollte und Bink Ärger mit einem Drachen bekommt, nur weil ich nicht dabei bin –«
»Ich würde dich ja zu gerne für alle Zeiten in deinem Dilemma schmoren lassen«, sagte Humfrey, »aber ich habe es eilig, und Bink braucht eine Transportmöglichkeit, also will ich es kurz machen. Leiste den von mir geforderten Dienst im voraus, bevor ich dir eine Antwort gebe. Wenn du dein Talent bis zum Ende der Suche nicht selbst herausgefunden hast, werde ich es dir sagen. Wenn du es aber selbst herausfindest, werde ich dir eine zweite Frage beantworten. Auf diese Weise bekommst du zwei Antworten für den Preis von einer.«
Chester überlegte. »In Ordnung«, sagte er schließlich. »Ich mag Abenteuer sowieso.«
Der Magier drehte sich zu Crombie um. »Du stehst ja ohnehin im Dienst des Königs. Er hat dir eine brauchbare Gestalt verliehen, aber du kannst nicht verständlich sprechen. Ich meine, daß es besser wäre, wenn du etwas kommunikativer wärst. Deshalb stelle ich euch einen meiner Jahresdiener vor: Grundy den Golem.« Eine winzige Menschengestalt erschien, die kaum größer war als eine Männerhand. Er schien aus Bindfäden, Lehm, Holz und Abfällen hergestellt worden zu sein, war aber lebendig.
Der Greif starrte den Golem mit einer Mischung von Staunen und Verachtung an. Er hätte die Gestalt mit einem einzigen Biß zerfetzen können. »Skwaaak!« meinte Crombie.
»Gleichfalls, Vogelschnabel«, erwiderte der Golem ohne besondere Betonung, als sei es ihm eigentlich gleichgültig.
»Grundys Talent ist das Übersetzen«, erklärte der Magier. »Ich werde ihm auftragen, das Greifgeschnatter des Soldaten in menschliche Sprache zu übersetzen, damit wir ihn besser verstehen können. Da er uns seinerseits bereits verstehen kann, wie so manche Tiere, brauchen wir umgekehrt keinen Dolmetscher. Der Golem ist so klein, daß jeder von uns ihn ohne Anstrengung tragen kann, also gibt es da keine Transportprobleme. Bink wird den Zentauren reiten und ich den Greif. So werden wir schnell vorankommen.«
So einigten sie sich. Die Suche nach der Magie des Landes Xanth hatte begonnen.
5
Golem-Höhen
Sie standen draußen vor dem Schloß, jenseits des Grabens, und sahen zu, wie der Magier seine Residenz
Weitere Kostenlose Bücher