Zauber-Suche
einmottete. Der Ouroboros und die anderen Tiere in seinem Dienst hatten Urlaub bekommen und waren bereits verschwunden. Humfrey fummelte in seiner Robe und holte aus einem mit vielen Taschen besetzten Gürtel ein schmales, verkorktes Fläschchen. Er drückte mit den Daumen gegen den Korken, bis er heraussprang.
Rauch wirbelte hoch in den Himmel empor. Dann verdichtete er sich zu der größten Motte, die Bink jemals gesehen hatte. Ihre Flügelspanne war größer als das ganze Schloß. Nun erhob sich das Wesen, flog über das Schloß und ließ eine Kugel fallen. Als die Kugel auf den höchsten Turm aufprallte, explodierte sie. Grauweiße Schwaden breiteten sich zu einer riesigen Kugelgestalt aus und senkten sich auf das ganze Bauwerk herab. Dann zogen sie sich zusammen, und plötzlich war das ganze Schloß in ein dichtes, seidiges Netz gehüllt. Es sah aus wie ein riesiges Zelt. Ein kalter, bitterer Duft wehte vom Gebäude herüber. Er roch leicht aseptisch.
»So«, sagte Humfrey mit grimmiger Zufriedenheit. »Das hält hundert Jahre, wenn’s sein muß.«
»Hundert Jahre!« rief Chester. »Meinen Sie etwa, daß die Mission so lange dauern wird?«
»Kommt, kommt, wir verschwenden nur unsere Zeit«, grollte der Gute Magier.
Bink, der auf dem Zentaur saß, blickte zu dem Greif hinüber. »Was er meint, Crombie, ist, daß wir die Richtung der Quelle der Magie wissen müssen. Mit deiner Hilfe sollten wir es in ein paar Tagen geschafft haben.«
Der Greif krächzte zornig. »Warum sagt der alte Narr es dann nicht?« übersetzte der Golem prompt. Er teilte sich den Greifrücken mit dem Magier, da beide zusammen nicht einmal halb soviel wogen wie Bink.
»Wohlgesprochen, Soldat«, brummte Chester leise.
Crombie wirbelte herum, wobei er um ein Haar seine Reiter abgeworfen hätte. »Da lang«, sagte Grundy und zeigte – im Kreis, bis sich sein winziger Arm wieder senkte.
»O nein!« stöhnte Chester. »Sein Talent ist wieder auf Urlaub!«
»Es funktioniert durchaus!« fauchte Humfrey. »Du hast die falsche Frage gestellt.«
Bink furchte die Stirn. »Das Problem hatten wir schon einmal. Welches ist die richtige Frage?«
»Diese Suche ist deine Aufgabe«, sagte Humfrey. »Ich muß mein Wissen für Notfälle aufsparen.« Und er lehnte sich gemütlich zwischen den Federn des Greifs zurück und schloß die Augen.
Der Gute Magier blieb also so schweigsam wie immer. Er war es nicht gewöhnt, irgend jemandem kostenlos zu helfen, selbst wenn er selbst persönlichen Nutzen daraus ziehen konnte. Jetzt war Bink wieder gefordert. Er mußte sich überlegen, wie sie Crombies Talent nutzbringend anwenden konnten – während der Magier schnarchte.
In der Nickelfüßlerschlucht hatte Crombie versagt, weil es nicht nur eine Fluchtrichtung gegeben hatte. War das jetzt vielleicht auch der Fall – daß es keine alleinige Quelle der Magie gab? Dann würde es sehr schwer sein, sie ausfindig zu machen. Doch mußte er die Gruppe führen, und zwar möglichst sofort.
Es war deutlich, daß der Gute Magier ihm keinen Gefallen damit getan hatte, ihm die Führung zu überlassen. »Wo befindet sich der kürzeste Weg zur Quelle der Magie?«
Diesmal zeigte der Greif mit seinem Flügel schräg nach unten.
Aha, die Quelle lag unter ihnen! Das nützte freilich nicht viel. Sie konnten nicht auf die Schnelle ein tiefes Loch in den Boden graben. Dazu mußten sie sich erst jemanden holen, dessen Talent im magischen Tunnelbau bestand, und das würde die Sache noch beschwerlicher machen und sie noch weiter verzögern. Die Gruppe war ohnehin schon größer, als Bink es eigentlich vorgehabt hatte. Es war besser, einen natürlichen Zugang zu suchen.
»Wo gibt es einen Zugang zu dieser Quelle, von der Oberfläche aus?« fragte Bink.
Der Flügel begann, hin und her zu schwingen. »Den nächsten!« korrigierte Bink sich hastig. Der Flügel zeigte grob nach Süden.
»Ins Herz der unerforschten Wildnis«, sagte Chester. »Das hätte ich wissen müssen. Vielleicht sollte ich mir lieber jetzt meine Antwort geben lassen und aufhören.«
Crombie krächzte. »Vogelschnabel sagt, daß du eben nicht mehr aufhören kannst, wenn du jetzt deine dämliche Antwort einforderst, Pferdehintern.«
Chesters Brustkorb schwoll wütend an. »Das hat Vogelschnabel gesagt? Du kannst ihm von mir ausrichten, daß er Vogelscheiße im Gehirn hat und –«
»Immer mit der Ruhe«, mahnte Bink. »Crombie kann dich auch ohne Übersetzung verstehen.«
»Eigentlich hat er dich einen
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