Zauber-Suche
vorwärtsriß. Grelles Licht kam aus der Öffnung, und sie erkannten die furchterregende Silhouette des Ogers. Er war doppelt so groß wie Bink, und neben ihm wirkte sogar die hohe Tür fast winzig. Sein Leib war entsprechend umfangreich, und seine Gliedmaßen waren knotig wie knorrige alte Bäume. »Ungh!« dröhnte das Wesen.
»Er fragt, was es wohl bringt, daß es hier stinkt«, übersetzte der Golem.
»Es stinkt?« rief Chester. »Er stinkt hier!«
Das war wahr. Der Oger schien weder ans Waschen noch an Reinigungsmagie zu glauben. Sein Fleisch war schmutzüberkrustet, und er stank nach fauligem Gemüse. »Aber wir wollen die Nacht doch nicht im Freien verbringen«, warnte Bink.
Crombie krächzte. »Vogelschnabel meint, wir sollten es hinter uns bringen, Schlafmützen!«
»Klar, typisch Vogelschnabel«, brummte Chester.
Der Oger grunzte. »Steingesicht meint, es stinkt nach Schweif und faulem Greif.«
Hochgewachsen und zornig stand der Greif da und breitete seine schimmernden Flügel aus. »Wie wär’s, wenn wir dem Problem dadurch beikommen, daß wir deine Rotznase amputieren?« übersetzte Grundy.
Der Oger schwoll an vor Wut. Er knurrte. »Ich mahl’ dich in Schrot und back’ draus Brot«, übersetzte Golem.
Nun folgte ein Potpourri aus Krächzen und Knurren, das der Golem fröhlich übersetzte.
»Komm raus und sag das noch mal, Taubnuß!«
»Komm in mein Haus, du Schnabelmaus! Ich brech’ dich klein in Kochtopf rein!«
»Du brichst dir höchstens den Schädel beim Denken«, krächzte Crombie.
»Reden alle Oger in reimenden Zweizeilern?« fragte Bink, als die Kontrahenten gerade ihr Schimpfwortarsenal auffüllten. »Oder erfindet der Golem das bloß?«
»Das kleine Biest so schlau nicht ist«, sagte der Golem – und reagierte wütend. »Wer ist ein Biest, du Froschgesicht –?«
»Oger sind sehr verschieden, wie andere Wesen auch«, warf Humfrey elegant ein. »Der hier scheint wirklich freundlich zu sein.«
»Freundlich!« rief Bink.
»Für einen Oger, ja. Wir gehen besser hinein.«
»Werd’ ab dich schmecken, in Kessel stecken!« grollte der Oger mit Umweg über den Golem. Aber der Greif schlüpfte dennoch hinein, und sein Gastgeber ließ ihn knurrend vorbei.
Drinnen war es dumpf und finster, wie es sich für den Unterschlupf eines Ungeheuers gehörte. Das grelle Licht, das ihnen beim Eintreten entgegengestrahlt war, war verschwunden. Offenbar hatte ihr Gastgeber zur Feier des Tages eine neue Fackel angesteckt, die bereits ihren Geist aufgegeben hatte. Der Boden war mit feuchten Strohmatten belegt, an den Wänden war Riffelholz aufgeschichtet, und über einer Feuermulde mitten im Raum blubberte es in einem Kessel wie Vulkanschlamm. Es waren allerdings nirgendwo Knochenhaufen zu erkennen. Das war natürlich ermutigend. Bink hatte noch nie von einem vegetarischen Oger gehört, aber der Dämon Beauregard verstand wirklich etwas von seinem Geschäft.
»Wie heißt du?« fragte er den Oger.
»Du mach Happs, ich Knacks.«
Offenbar hatte das Ungeheuer ihn nicht verstanden. »Ich heiße Bink, und du?«
»Ich merke stracks du nicht kennst Knacks.« Der Oger tunkte eine haarige, schmierige Faust in den brodelnden Kessel, fischte darin herum, holte eine Faustvoll schleimige Masse hervor und knallte sie in eine knorrige Holzschüssel, die er schließlich Bink vor die Nase schob.
»Trink, Bink.«
»Er will sagen, daß sein Name ›Knacks‹ ist«, erklärte Chester. »Er bietet dir etwas zu essen an. Er unterscheidet nicht zwischen den einzelnen Mahlzeiten zu verschiedenen Tageszeiten. Für ihn ist alles nur ein Happs!«
»Oh. Ah, danke, Knacks«, sagte Bink verlegen. Du mach Happs, ich Knacks – jetzt ergab das einen Sinn. Das war eine Einladung zum Essen und eine Antwort auf seine Frage, keine Drohung. Er nahm den Klumpen in Empfang. Der Oger teilte an die anderen die gleichen Portionen aus. Seine riesigen Pranken schienen hitzeunempfindlich zu sein.
Bink musterte seine Portion mißtrauisch. Das Zeug war zu dick, um es zu löffeln, und zu dünn, um es mit der Hand herauszuheben, und machte trotz seiner enormen Hitze einen alles andere als toten Eindruck. Es war von dunkelroter Farbe und schimmerte an manchen Stellen grünlich. Eigentlich roch es ganz appetitlich, obwohl eine schuppige Fliege auf der Brühe trieb.
Chester schnüffelte zufrieden. »He, das ist ja rote Bouillon mit grünem Süßholz – das ist ja eine phantastische Delikatesse! Aber dafür muß man auf magische Weise den
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