Zauber-Suche
ungefährdeter reisen.«
»Nein, wir haben beschlossen, uns gleich auf den Weg zu machen.« Bink fürchtete, daß einige Tage der Rast in diesem Dorf voller eifriger, entgegenkommender Frauen sich als nicht minder verheerend erweisen könnten als ein längeres Zusammensein mit der Sirene und der Gorgone. Sie mußten weiter.
»Dann werden wir euch eine Führerin mitgeben. Sie kann euch vor den naheliegendsten Fallen warnen, so daß ihr es vielleicht so lange überleben könnt, bis ihr das Schlimmste hinter euch gebracht habt. Ihr seid schließlich sowieso schon halb wahnsinnig.«
»Stimmt«, sagte Bink mit schiefem Lächeln. »Wir sind schließlich Männer.« Kein Geschlecht konnte das andere verstehen. Das war auch ein Aspekt der Magie von Xanth. Dieser weibliche Troll gefiel ihm eigentlich ganz gut. Offenbar konnte man jedes Ungeheuer schätzen lernen, wenn man sich erst einmal persönlich mit ihm bekannt gemacht hatte.
Die Führerin stellte sich als äußerst hübscher weiblicher Greif heraus. »Skwaak!« protestierte Crombie. »Aaak! Aaak!« erwiderte sie schelmisch. »Nun würgt uns doch nicht so ein Hühnchen rein!« übersetzte Grundy erfreut. »Wer ist hier ein Hühnchen? Ich bin eine Löwin!«
»Du bist eine Qual!«
»Und du bist ein Langweiler!«
»Weib!«
»Mann!«
»Äh, das reicht, Grundy«, sagte Bink. »Jetzt sind sie bei den tödlichen Beleidigungen angelangt.« Er drehte sich zu Trolla um. »Danke für eure Führerin. Wir werden uns jetzt auf den Weg machen.«
Alle Dörflerinnen stellten sich in einer Reihe auf, um ihnen zuzuwinken. Es war ein trauriger, aber notwendiger Abschied.
Doch in der Wildnis von Xanth wich die Sentimentalität schnell von ihnen. Die Bäume dieser Gegend waren extrem groß und bildeten einen dichten Dschungel. Dieses Gebiet lag in der Windzugrichtung des magischen Staubes, genau wie Trolla es gesagt hatte. Hier gedieh die Magie überall prächtig. Ganz unten wuchsen monströse Nadelkissen, die jeden stachen, der ihnen zu nahe kam. Dazwischen ragten lebende Stalagmiten hervor, deren steinerne Spitzen feucht glitzerten. Überall, wo sich geeignete Mulden befanden, schlängelten sich Ölschlieren. Das Öl war glitschiger als alles andere und gleichzeitig wesentlich zäher. »Diese Tankerbäume sollten ihre Abfälle nicht auf der ganzen Oberfläche verteilen«, brummte Chester. »Sie sollten sie vergraben, wie es alle zivilisierten Wesen tun.«
Doch die höher stehenden Gewächse waren auch nicht vielversprechender. Die riesigen metallenen Stämme der Eisenholzbäume drängten sich dicht an dicht mit ausgebrannten Ascheneschen. Rost und Asche bedeckten den Boden um sie herum. Hier und dort schnaubten Bullenschößlinge und drehten drohend ihre Asthörner auf sie zu. Darüber war alles noch schlimmer: Raupendisteln krochen umher und blickten in stachliger Vorfreude auf sie herab, während Kotzpilze aus ihren schleimigen Vertiefungen herunterbaumelten. Wo war denn hier ein sicherer Pfad?
»Aak!« machte die Führerin und wies ihnen den Weg. Sie glitt an einem Knäuel Schlangenwurz vorbei, zwischen den beiden scharfen Klingen einer Säbelkiefer hindurch und über die Sprossen eines umgestürzten Leiterbusches. Die anderen folgten ihr, vorsichtig zwar, aber doch schnell.
Es war düster, fast finster, obwohl es erst der Mittagszeit entgegenging. Das Baumdach, dem es offenbar nicht genügte, das Sonnenlicht abzuhalten, zog sich nun wie ein Gummiband zusammen, bis es sie wie eine enge Blase umhüllte. Wie ein Gummiband? Da erkannte Bink, daß es tatsächlich Gummi war, denn er sah die gewaltigen Gummilianen, die zwischen den anderen Gewächsen gespannt waren. Gummi stellte zwar keine ernste Gefahr dar, wenn man Schwerter oder Messer dabei hatte, aber es konnte äußerst lästig sein.
Große Lebewesen waren keine zu sehen, dafür aber zahlreiche kleine. Überall gab es Käfer. Manche davon erkannte Bink: Blitzkäfer, die sich zischend entluden, Soldatenkäfer, die in Reih und Glied zu ihrem Lager marschierten, Damenkäfer und Damselfliegen hielten sich in ihrer Nähe auf, wie es leichtlebige Frauen so häufig mit Armeen taten.
Dann bemerkte Bink, daß Humfrey wie verzaubert vor sich hin starrte. Ein beunruhigendes Zeichen. »Ist Ihnen nicht wohl, Magier?«
»Wunderbar!« murmelte Humfrey entzückt. »Eine Schatzkammer der Natur!«
»Meinen Sie damit die Käfer?«
»Dort ist ein Federflügelkäfer«, sagte Humfrey. Tatsächlich: Ein Käfer mit zwei grellen Federn
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