Zauber-Suche
Selbsttäuschung!
Und doch, dachte Bink, war das nicht typisch für die Gedankengänge aller Frauen? Welche Frau hätte zugegeben, welche Verheerung ihr Geschlecht unter den Männern anrichtete?
Doch das war Crombies Standpunkt und deswegen wahrscheinlich etwas übertrieben. Es war zwar möglich, daß jedes Mädchen etwas von einer Sirene und einer Gorgone an sich hatte, aber nicht allzuviel. Chamäleon hatte von beiden kaum etwas.
»Wenn noch mehr Männer kommen«, fuhr Humfrey mit ungewöhnlicher Sanftheit fort, »werden nur noch mehr Statuen zurückbleiben. Das ist nicht gut.«
»Ja, es gibt schon zu viele Statuen hier«, stimmte sie treuherzig zu. »Meine Insel ist schon ziemlich überfüllt.«
»Die Männer dürfen nicht mehr kommen«, sagte Humfrey. »Sie müssen zu Hause bleiben, bei ihren Familien.«
»Könnte nicht einfach nur ein Mann kommen – und ein bißchen bleiben?« fragte sie flehend.
»Ich fürchte, nein. Männer sind einfach nicht das, äh, richtige für dich.«
»Aber ich hab’ doch so viel Liebe zu geben! Wenn doch nur einer bliebe! Es kann ruhig ein kleiner sein! Ich würde ihn in alle Ewigkeit lieben und ihn so glücklich machen –«
»Du mußt ins Exil gehen«, sagte Humfrey. »Der König hat befohlen, den magischen Schild abzuschalten, du kannst Xanth
also ohne Schwierigkeiten verlassen. In Mundania wird sich deine Magie auflösen, und du wirst fähig sein, freie Beziehungen zu einem Mann oder zu Männern zu unterhalten.«
»Xanth verlassen?« rief sie entsetzt. »O nein! Lieber würde ich sterben! Ich kann doch nicht mein Zuhause verlassen!«
Bink konnte sie gut verstehen. Er hatte auch einmal ins Exil gemußt …
»Aber in Mundania wärst du ein ganz gewöhnliches Mädchen, ohne jeden Fluch. Du bist äußerst schön und hast ein liebenswürdiges Wesen. Dort kannst du dir so viele Männer aussuchen wie du willst.«
»Ich liebe Männer«, erwiderte sie langsam. »Aber mein Zuhause liebe ich noch mehr. Ich kann nicht fort. Wenn das meine einzige Wahl ist, dann bitte ich dich darum, mich umzubringen und meinem Leiden ein Ende zu machen.«
Der Gute Magier schien zum ersten Mal in seinem Leben erschüttert zu sein. »Dich umbringen? Das würde ich nicht tun! Du bist das anziehendste Geschöpf, das ich je gesehen habe, selbst im Spiegel! In meiner Jugend hätte ich –«
Da griff sie zu einer kleinen, ganz normalen weiblichen List. »Aber du bist doch gar nicht alt! Du bist ein sehr attraktiver Mann.«
Crombie unterdrückte mit knapper Not ein Krächzen. Chester hüstelte, und Bink wäre beinahe erstickt. Da hatte sie aber wirklich übertrieben, um nicht zu sagen, die Dinge verfälscht! Humfrey war ein guter, ein talentierter Mann, aber wohl kaum ein attraktiver. »Du schmeichelst mir«, erwiderte der Magier ernst. »Aber ich habe zu tun.«
»Von allen Männern, die mich hier aufgesucht haben, bist du der einzige gewesen, der sich mit mir unterhalten hat«, fuhr die Gorgone fort. »Ich bin ja so einsam! Ich flehe dich an – bleib hier, damit ich dir auf alle Zeiten dienen kann.«
Da krächzte Crombie laut auf. »Dreh dich bloß nicht um, du Narr!« rief der Golem. »Blick nur in den Spiegel!«
»Ah, ja«, meinte Humfrey. Der Greif mußte wirklich ein gutes Gehör haben, dachte Bink, wenn er es schon wahrnahm, daß der Magier im Begriff war, sich umzudrehen! »Gorgone, wenn ich dich direkt anschaute –«
»… dann würdest du dich gezwungen fühlen, fortzugehen und mir lediglich ein steinernes Denkmal deiner selbst zu hinterlassen«, beendete sie seinen Satz. »Ich verstehe nicht, warum die Männer so sind! Aber komm doch, schließ die Augen, wenn es sein muß, und küß mich, damit ich dir zeigen kann, wieviel Liebe ich dir zu geben habe. Dein letztes Wort ist mir Befehl, wenn du nur bleibst!«
Der Magier seufzte. Ob der alte Gnom in Versuchung geführt war? Bink überlegte, daß Humfrey vielleicht nicht deswegen Junggeselle geblieben war, weil er sich nicht für Frauen interessierte, sondern weil er bisher nur noch nicht die Richtige gefunden hatte. Die Durchschnittsfrau interessierte sich nicht für einen ergrauten, zwergenhaften alten Mann – und wenn sie so tat als ob, dann nur, um eine gehörige Portion seiner Magie zu ergattern. Hier aber war eine Frau, die nur sein Äußeres kannte, die nichts über ihn wußte und sich danach sehnte, ihn lieben zu dürfen, wenn er nur blieb.
»Meine Liebe, ich fürchte, es geht nicht«, sagte Humfrey schließlich. »Ein solches
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