Zauber-Suche
flatterte an ihnen vorüber.
»Und eine Eulenfliege. Und zwei Netzflügler!« Bink erblickte den großäugigen, gepunkteten Käfer, der zwei schwebende Netze musterte, die vor ihm in der Luft hingen. Niemand wußte genau, wie ein Netzflügler fliegen konnte, da seine Netze offensichtlich keinerlei Luftwiderstand erzeugen konnten. Doch was machte das bei Magie schon? »Und ein Gemäldeflügler auch!« rief der Magier, der jetzt wirklich äußerst erregt war. »Das muß eine neue Art sein. Sie muß mutiert sein. Ich werde mal mein Buch befragen.« Ungeduldig nestelte er eine Flasche auf. Der hervortretende Dampf verdichtete sich zu einem riesigen Buch, das der Magier zwischen den Flügeln auf dem Rücken des Greifs balancierte, während er die Seiten umblätterte. »GEMÄLDEFLÜGLER«, las er laut. »Landschaft, Stilleben, Naturalistisch, Surrealistisch, Kubistisch, Aquarell, Öl, Pastellkreide, Federzeichnung, Kohle – ich hatte recht! Das hier ist eine Buntstiftart, die noch nicht in der Liste steht! Bink, überzeuge dich davon, damit der Bericht beglaubigt werden kann!« Bink beugte sich vor und betrachtete das auf dem rechten Ohr des Greifs hockende Insekt, das mit bunten Mustern geschmückt war. »Sieht aus wie Buntstift«, sagte er.
»Genau!« rief Humfrey. »Ich muß es aufschreiben! Was für eine phantastische Entdeckung!« Bink hatte den Mann noch nie derart aufgeregt erlebt. Und plötzlich kam ihm eine wichtige Erkenntnis: Das war es, wofür der Gute Magier lebte! Humfreys Talent war die Information, das Wissen, und die Entdeckung und die Klassifizierung von Lebewesen gehörten dazu. Es gab nichts Wichtigeres für ihn, als Wissen anzusammeln, weshalb er natürlich auch nicht gerade erfreut gewesen war, sich davon losreißen zu müssen. Nun hatte das Glück ihn dafür mit einer Neuentdeckung entschädigt. Humfrey war also keineswegs nur ein gefühlskalter, habgieriger Mensch, sondern er war genauso lebhaft und gefühlsfähig wie andere auch – wenn er es sich anmerken ließ.
Bink merkte, wie plötzlich jemand an seinem Schwert zupfte. Er fuhr mit der Hand an den Griff – und zwei Raubfliegen schwirrten davon. Sie hatten versucht, sein Schwert zu rauben! Plötzlich machte Chester einen Satz, der Bink beinahe abgeworfen hätte. »Ich habe keine Lust, mir jetzt auch noch eine Blase am Huf zuzuziehen.«
Die Greifin drehte den Kopf zurück, ohne ihren Körper zu wenden, wie Greife das stets zu tun pflegten. »Aak!« rief sie ungeduldig. »Beeil dich, Krabbe!« übersetzte der Golem. »Wir nähern uns der Wahnsinnszone.«
»Skwaak!« erwiderte Crombie gereizt. »Wir tun schon unser Bestes. Warum zeigst du uns nicht einen besseren Weg, Spatzenhirn?«
»Jetzt hör mir mal gut zu, Katzenschwanz!« krächzte sie zurück. »Ich mach’ das hier nur, um euch einen Gefallen zu tun. Wenn ihr Hohlschädel im Dorf geblieben wärt, wie es sich gehört hätte –«
»In einem Dorf voller Weiber? Dich hat der Wahnsinn wohl schon gepackt!«
Dann mußten sie ihren Streit beenden und einer Schlangenfliege ausweichen, die sich mit gebleckten Fängen zwischen ihnen durchschlängelte. Diesmal trat Chester doch auf ein Insekt – auf einen Stinkkäfer. Ein entsetzlicher Gestank drang empor, und sie beeilten sich zu fliehen. Die Greifin schreckte eine bunte Schar von Rehfliegen, Baumhüpfern,
Tigermotten und einen fetten Butterling auf, der den Magier von oben bis unten mit Butter bespritzte.
Da flatterte ein hübscher Goldkäfer Bink unter die Nase. »Vielleicht ist das hier auch eine neue Spezies!« rief er, vom Enthusiasmus des Magiers angesteckt. Er griff danach, doch in diesem Augenblick stolperte Chester, so daß er ihn knapp verfehlte. »Er fliegt auf Sie zu, Magier!« rief er. »Fangen Sie ihn!«
Doch Humfrey wich dem Insekt aus. »Das ist eine Midasfliege!« rief er entsetzt. »Faß die bloß nicht an!«
»Eine Midasfliege?«
»Alles, was sie anfaßt, verwandelt sich in Gold.« Die Fliege surrte nun um den Kopf des Magiers herum und suchte einen Landeplatz.
»Aber das ist doch wunderbar!« meinte Bink. »Wir müssen sie einfangen. Gold können wir gut gebrauchen!«
»Nicht, wenn wir dabei selbst zu Gold werden!« schnauzte Humfrey. Er duckte sich so tief, daß er von dem Greif herunterfiel. Die Midasfliege schickte sich an zu landen.
»Crombie!« schrie Bink. »Paß auf!«
Da prallte die Greifin auch schon gegen Crombie und stieß ihn mit ihrer Löwenschulter beiseite. Er entkam – doch dafür landete die
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