Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)
Brot
hole ich mir immer vom Grünmarkt auf dem alten Universitätsplatz. Mit Marmeladen
versorgt mich meine Schwester, die lebt in Niederösterreich.«
Während
Merana sich Butter aufs Brot strich und auch bei den Marmeladen wacker zugriff,
erzählte ihm sein Gegenüber mehr über das Gebäude, über seine Kontakte zu den Kapuziner-Patres
im nahen Kloster und über seine Herkunft. Das Haus gehörte seiner Familie seit über
300 Jahren. Robert Neuenberg stammte von Geigenbauern ab. »Mein Großvater hat hier
noch gearbeitet. Ich zeige Ihnen nachher gerne seine bestens erhaltene Werkstatt
unten im Keller«. Er berichtete weiter, er selbe habe Geige studiert, aber den großen
Durchbruch als Solist nie ganz geschafft. Er hatte viel Kammermusik aufgeführt und
in Meisterkursen unterrichtet. Vor einigen Jahren hatte er einen Radunfall gehabt.
Dabei wurde die linke Mittelhand völlig zertrümmert. »Karriere beim Teufel. Zum
Unterrichten reicht es aber immer noch. Und ich schreibe an einem Werk über die
berühmte Geigenbauerfamilie Klotz aus Tirol.« Er deutete zum Klavier, auf dem sich
die Bücher häuften. Offenbar Fachliteratur für seine Arbeit.
»Ich habe
in Salzburg und in Wien studiert. An der Wiener Musikhochschule traf ich eine äußerst
attraktive und hoch talentierte junge russische Sängerin, von der damals schon klar
war, dass sie große Karriere machen würde.«
»Anabella
Todorova?« Der Geiger nickte. Sehr gut, dachte der Kommissar, wir sind endlich beim
Grund meines Besuches angekommen. Neuenberg schob seine Kaffeetasse beiseite und
langte nach einem schmalen Heftordner, der auf der Bank lag.
»Herr Kommissar,
sagt Ihnen der Name Waldemar Bernhold etwas?« Merana überlegte kurz, dann verneinte
er. Sein Gastgeber öffnete den Ordner, entnahm ihm zwei Blätter und legte sie vor
dem Kommissar auf den Tisch. Das eine Blatt zeigte das Porträt eines Mannes. Breiter
Kopf. Die Augen wie bei einem Raubvogel. Am Kinn hatte der Mann eine auffällige
Narbe. Der Hals war kaum zu sehen. Es wirkte, als säße der Kopf direkt auf den Schultern.
Das zweite Blatt war ein Ausschnitt aus einem Zeitschriftenartikel des Nachrichtenmagazins
›Spiegel‹. Aufgegeigt!, stand als Headline über dem Artikel. Geigenhändler
Waldemar Bernhold ist der König der Branche! Darunter waren Bilder, die denselben
Mann im Park eines prächtigen Chalets zeigten. In der linken Hand hielt er eine
Geige. Die Rechte hatte er um eine vollbusige junge Frau im kurzen Kleid gelegt,
die ihn einen ganzen Kopf überragte.
»Das ist
Waldemar Bernhold«, begann Neuenberg seine Erklärung. »Er ist der bekannteste und
einflussreichste Händler der Welt im heiß umkämpften Markt für alte Streichinstrumente.«
Bisher hatte Merana über dieses Geschäftsfeld noch nie nachgedacht. Er hatte sich
als Konzertbesucher selten die Frage gestellt, woher die Streicher ihre Instrumente
bezogen. Natürlich war ihm bekannt, dass die Solisten der Weltspitze zu ganz besonderen
Geigen oder Violoncelli griffen. Zu solchen aus der Werkstatt eines Antonio Stradivari
oder eines Nicola Amati. Diese Namen waren ihm geläufig. Aber dass es dafür einen
eigenen ›Markt‹ gab, noch dazu einen ›heiß umkämpften‹ war ihm völlig neu. Er lauschte
interessiert den Ausführungen.
»In den
1970er Jahren konnten Sie, mit etwas Glück, eine Stradivari vielleicht noch um 300.000
Dollar bekommen. Heute zahlen Sie gut und gerne drei bis sechs Millionen Euro dafür.
Und das Interesse an alten Instrumenten steigt ständig. Nicht nur Musiker interessieren
sich dafür, auch milliardenschwere Industrielle, die sich schon mal eine Stradivari
oder Guarneri als Wertanlage leisten, genau so wie Banken, Versicherungen, Stiftungen.
Das ist ein Riesengeschäft. Es gibt fundierte Untersuchungen, die belegen, dass
aus der Werkstatt großer Geigenbauer niemals so viele Instrumente kommen konnten,
wie angeblich im Umlauf sind.« Davon hatte Merana schon mehrfach gehört, zuletzt
bei einem Interpol-Briefing über internationalen Antiquitätenschmuggel.
»Ich weiß,
dass einige der Instrumente gefälscht sind.«
»Es sind
wohl mehr als einige, Herr Kommissar. Herkunfts-Zertifikate werden von wenigen Firmen
vergeben, die auf den Handel mit alten Instrumenten spezialisiert sind. Dazu zählen
etwa Beare’s in London oder Andreas Post in Amsterdam, und vor allem auch das Unternehmen
von Waldemar Bernhold mit den Hauptstandorten Wien, Berlin, Paris und Niederlassungen
in Tokyo, Shanghai, San
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