Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)
klatschinteressierten Regionen dieser Welt würden sich wie eine
Meute auf das Ereignis stürzen. Da würde es bald vorbei sein mit einer Untersuchung
in aller Ruhe. Einen kleinen Vorsprung hatten sie bis dahin. Er musste auf der Stelle
sein Team einberufen und sich mit der Staatsanwältin absprechen. Gott sei Dank war
das an diesem Wochenende Gudrun Taubner. Mit der verstand er sich prächtig.
»Was immer
ich dazu beitragen kann, Ihnen bei der Untersuchung zu helfen, zögern Sie nicht,
mich jederzeit anzurufen, Herr Kommissar. Tag und Nacht.«
Merana würde
nicht zögern. Er stand auf und verabschiedete sich vom Enkelsohn des alten Geigenbauers,
dessen Werkstatt sich immer noch im Keller dieses heimeligen 300 Jahre alten Hauses
auf dem Kapuzinerberg befand. In diese Werkstatt einen Blick zu werfen, würde er
sich nicht entgehen lassen. Später halt. Jetzt hatte er anderes zu tun.
Sonntag, 26. Juli, 10.15 Uhr
Polizeipräsident Hofrat Günther
Kerner liebte in der Regel die ausschweifende Geste. Er pflegte seine Ausführungen
mit dem einen oder anderen klassischen Zitat zu würzen, schon allein, um seine humanistische
Bildung zu unterstreichen, die ihm im Elternhaus und im akademischen Gymnasium zuteil
geworden war. Er scheute auch vor keinem belehrenden Exempel aus dem reichen Schatz
seiner 30-jährigen Diensterfahrung zurück. Ja, hin und wieder streute er sogar den
einen oder anderen Witz ein, ob die Gelegenheit nun passte oder nicht. Doch er war
auch Profi genug um zu wissen, wann eher knappe Präzision in der Gesprächsführung
angesagt war. Und jetzt war sie geboten.
»Also, Kinder,
die Lage ist klar. Ein Festspielpromi ist tot. Die High Society ist aus dem Häuschen.
Ich werde mich bald der Anrufe nicht mehr erwehren können, von der Landeshauptfrau
über die Festspielpräsidentin bis zum Innenminister. Vielleicht ruft auch Putin
an, die Dame war ja Russin. Mir ist es persönlich völlig wurscht, wer die gute Todorova
mit Barbituraten vollgepumpt hat, ich will nur den Namen wissen. Und zwar so schnell
wie möglich!«
Er blickte
auf Merana und dessen Team, das im großen Besprechungszimmer im ersten Stock der
Bundespolizeidirektion Platz genommen hatte.
»Mir kroch
schon so eine ungute Ahnung hoch, als ich da gestern plötzlich die tirilierende
Russin von ihrer Säule plumpsen sah«, fügte der Polizeichef noch hinzu. Selbstverständlich
war der Herr Hofrat so wie jeder, der zu Salzburgs Promi-Clique gehörte, gestern
auch in der Festspielpremiere gewesen. Merana und Carola hatten ihn allerdings nicht
gesehen. Bei über 2.000 Leuten kann das schon vorkommen.
»Ich habe
noch gestern Abend die gute Frau Taubner angerufen, sie möge unbedingt eine Autopsie
veranlassen. Aber unsere hoch talentierte Frau Staatsanwältin hatte schon von sich
aus die richtigen Schritte gesetzt.« Merana war neugierig, was die ›hoch talentierte
Frau Staatsanwältin‹ selbst zu dieser möglichen Bevormundung ihrer Kompetenzen sagen
würde. »Somit liegt es nun wie immer an euch, Licht ins Dunkel der Verwirrung zu
bringen. An die Arbeit, meine Lieben. Und ich will über jeden neuen Ermittlungserfolg
umgehend informiert werden, Martin.«
Der Kommissar
drehte die Augen zur Decke. »Natürlich, Günther, wirst du doch immer.« Der Hofrat
setzte sein breites Nussknackergrinsen auf. »Ich wünsche euch viel Glück bei der
Arbeit. Erfolg ist wie ein scheues Reh. Der Wind muss stimmen, die Witterung, die
Sterne, der Mond. Aber ihr macht das schon.« Ganz ohne Zitat war es also doch nicht
gegangen. Damit verschwand der Präsident nach draußen.
Merana schaute
auf seine Mitarbeiter. Otmar Braunberger wirkte etwas zerknittert. Er hatte bis
spät in die Nacht hinein der kleinen Hedwig Kinderlieder vorgesungen, weil sie partout
nicht einschlafen wollte. Als ihm die Kinderlieder ausgingen, war er auf Operettenschnulzen
umgestiegen. Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein hatte nicht die
erhoffte Wirkung erzielt. Erst bei Dein ist mein ganzes Herz , in der bassbrummenden
Version des gesanglich nur mäßig talentierten Abteilungsinspektors, war das Kind
schließlich weggeschlummert. Dafür vermittelte Carola den Eindruck, als wäre sie
eben einem Erfrischungsbad entstiegen. Neben seiner Stellvertreterin hatte Thomas
Brunner Platz genommen, der über Handy mit den Leuten seiner Tatortgruppe im Festspielhaus
ständig in Verbindung war. Sie würden bald noch mehr Leute werden, die Präsidiumssekretärin
war schon dabei, die
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