Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)
Tierschützer einige ausgemacht zu haben, die zumindest den Mund
bewegten. Dann war der Jodler zu Ende und die Zeremonie vorbei. Wer erwartet hatte,
dass nun das Geschrei der Tierschützer wieder losgehen würde, wurde enttäuscht.
Offenbar hatte der schlichte, wunderbare Jodler seine Wirkung getan. Auf diese einfache,
vielstimmige Melodie wieder in ein Protestgeheul auszubrechen, fiel offenbar keinem
mehr ein. Merana konnte sich ein stilles Lachen nicht verkneifen. Manchmal verzweifelte
er an dieser Stadt und ihren Menschen und manchmal konnte er jeden einzelnen umarmen.
Was für ein Theater! Was für ein Riesenaufwand wegen einer Unmutsbekundung zu einer
eher harmlosen Angelegenheit wie dem traditionellen Vogelfang. Ob das Anliegen nun
berechtigt war oder nicht. Auf der einen Seite Geschrei, wütendes Gegenbrüllen auf
der anderen Seite. Aufspielen, aufplustern, sich in Szene setzen, heulen, Banner
schwingen. All die angestammten Rituale von Auseinandersetzung konnte man hier beobachten.
Und dann erreichte so etwas Schlichtes wie ein Jodler die Herzen der Tobenden, und
aus ist es mit der Hysterie. Ja, sie sind schnell beim Protestieren in dieser Stadt,
aber ebenso schnell bereit zum Konsens. Gott sei Dank auch bei manch wichtigen Dingen,
die wirklich das Leben jedes einzelnen betreffen. Aber meist regen sich die Leute
auch nur deswegen auf, weil sie eine neu aufgestellte Skulptur stört, eine moderne
Installation auf irgendeinem Platz. Merana gefiel auch nicht alles. Er hatte sich
vor Jahren auch gefragt, was er mit einem auf den Kopf gestellten Hubschrauber einer
italienischen Künstlerin mitten auf dem Residenzplatz anfangen sollte? Aber es wäre
ihm nie und nimmer in den Sinn gekommen, mit Transparenten, Megafonen oder auch
nur geifernden Leserbriefen dagegen zu protestieren. Schon gar nicht bevor er das
Ding gesehen hatte. Zugegeben, der Hubschrauber hatte ihn dann auch nicht besonders
beeindruckt. Er fühlte sich beim Anblick des auf den Kopf gestellten Helikopters
eher irritiert. Doch er war neugierig gewesen. Er hatte das ungewöhnliche Bild von
Platz, Brunnen, Dom und Hubschrauber auf sich wirken lassen. Hatte begonnen, sich
zu fragen, warum er konsterniert war. Und war so in seiner Auseinandersetzung mit
dieser ungewöhnlichen Installation in seinem Inneren zu einem Dialog mit sich selbst
gekommen. Gott sei Dank gab es in dieser Stadt neben den ewigen Nörglern auch viele,
die etwas wagten, ausprobierten. Auf den Bühnen der Festspiele genau so wie in den
anderen, kleineren Kulturstätten. Die sich nicht mit fantasielosem Klammern an das
Ewiggleiche begnügten, ob auf den Plätzen, in den Schulen, ja sogar in manchen Geschäften.
Sonst wäre es manchmal hier nicht zum Aushalten.
»Da schau her. Was führt ausgerechnet
den Leiter der Mordermittlung an einem Sonntagvormittag zu einem eher doch belanglosen
Match Vogelfänger gegen Tierschützer?« Merana hatte die Stimme auf Anhieb erkannt.
Jutta Ploch war Kulturredakteurin einer angesehenen Salzburger Zeitung. Er hatte
von ihrem großen Insiderwissen schon bei manchem Fall profitiert. »Oder hast du
gedacht, die stämmigen Vogelfänger aus dem Salzkammergut mit den muskelbepackten
Oberarmen unter den schnittigen Trachtenhemden würden die schmächtigen Vertreter
aus der Tierschützerriege hier öffentlich erwürgen?« Merana musste lächeln.
»Du hast
dir die schmucken Herren im Trachtenoutfit aber schon sehr genau angesehen, Jutta.
Mir ist die muskulöse Ausstattung der Oberarme gar nicht aufgefallen. Vielleicht
haben die Kerle auch noch eindrucksvolle Brusthaare vorzuweisen?«
Die Journalistin
lächelte pfiffig zurück. »Ja, haben sie. Alles genau festgehalten.« Sie klopfte
zur Bestätigung auf die umgehängte Kamera.
»Gegenfrage,
Jutta: Was führt eine Top-Kultur-Journalistin an diesen Platz? Du bist doch nicht
ins Heimat- und Brauchtumsfach gewechselt?« Sie schüttelte ihre glatte schwarze
Mähne.
»Nein, bin
ich nicht. Aber wenn sich schon der Festspielpapageno mitten in der Altstadt ein
Stelldichein mit den vogelfangenden Praktikern gibt, dann muss eine Top-Kultur-Journalistin
natürlich in der ersten Reihe stehen. Doch du hast mir immer noch nicht gesagt,
warum du hier bist, Herr Kommissar. Hat das etwas mit den Vorfällen von gestern
Abend zu tun?« Sie sah ihm ins Gesicht. »Weißt du etwas, das ich nicht weiß, Merana?«
In Meranas Kopf arbeitete es. Sollte er ihr jetzt schon verraten, was sie ohnehin
bald erfahren würde? Er
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