Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)
kriegen. Er warf einen Blick auf die
Enten in der Auslage. Die kleinen Tiere mussten einen Miniplayer samt Chip und Batterie
im Inneren haben, der auf Feuchtigkeit reagierte. Oder auf das Geräusch der Wasserspülung.
Er zog demonstrativ einen Notizblock aus der Tasche und notierte sich den Namen
des Geschäftes und die Hausnummer.
»Ich kann
Sie beruhigen, ich werde der Sache nachgehen«, betonte er.
»Das hat
mir die Frau Todorova auch versprochen. Sie werde nachprüfen, ob das alles mit rechten
Dingen zugehe, hat sie gesagt. Ob man tatsächlich einen Plastikvogel ins Scheißhaus
hängen darf, der Mozart singt.«
»Das hat
sie gesagt?«
Die Alte
schaute ihn an. »Das mit ›Scheißhaus‹ nicht. Aber den Rest schon. Und ich sage Ihnen,
sie hat es getan. Sie ist dem Skandal nachgegangen. Und deswegen haben sie die arme
Frau um die Ecke gebracht. Die schrecken nämlich vor nichts zurück.« Sie drohte
mit der Faust in Richtung Auslage. »Denken Sie an meine Worte, junger Mann.« Dann
vollführte sie wieder die Feldwebeldrehung und stapfte davon. Merana überlegte einen
Augenblick, ob an dem Gerede der alten Dame etwas dran sein könnte. War die Todorova
tatsächlich hier gewesen, um sich über einen fragwürdigen Gebrauch von Mozarts Ansehen
zu beschweren? Das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Ein junges
Paar war an der Auslage stehen geblieben.
»Schau,
die süßen Enten!« rief die junge Frau begeistert. »Was steht da? Mit Mozart Originalmusik?
Komm, so eine müssen wir uns besorgen.« Der junge Mann folgte ihr mit mäßiger Begeisterung
ins Innere des Geschäftes. Merana konnte die alte Frau von vorhin verstehen. Auch
er merkte, wie ihm der Groll hochkam. Das passte irgendwie zum Erscheinungsbild
dieser Stadt, die sich oft liebenswert und kultiviert präsentierte, und dann wieder
präpotent, geschäftsgeil und geschmacksverwirrt. Reichten denn nicht Mozart-Kugeln,
Mozart-Dinner, Mozart-Liköre, Mozart-Krawatten, Mozart-T-Shirts, Mozart-Schifffahrt,
Mozart-Würste? Mussten es unbedingt auch noch Mozart-WC-Enten sein, die singen?
Nie hab
ich so etwas gehört und gesehn!
Trallalala
tralla lalala!
Er war nicht der Typ der Leserbriefe
schrieb. Doch er überlegte, ob er nicht mit Rotgunde Gimpl eine Initiative gegen
Klo-Enten gründen sollte.
Montag, 27. Juli, 16.00 Uhr
Waldemar Bernhold empfing sie in
seinem Hotelzimmer. Das Fenster zur Gasse war geöffnet. Der Lärm der drei Stockwerke
tiefer vorbeiströmenden Leute drang schwach herauf.
»Womit kann
ich der Polizei helfen?« Er wies dem Kommissar und dem Abteilungsinspektor zwei
Stühle an. »Wir ermitteln die Umstände, die zum Tod von Anabella Todorova geführt
haben und bis jetzt noch nicht geklärt sind«, begann Merana das Gespräch mit betonter
Gelassenheit.
»Und da
Sie unseren Informationen nach Frau Todorova gut kannten wegen ihrer geschäftlichen
Beziehung, hoffen wir, dass Sie uns weiterhelfen können«, ergänzte Otmar Braunberger.
Der Geigenhändler blickte wachsam zwischen den beiden Polizisten hin und her. Er
hatte sich offenbar am Morgen nicht rasiert. Die Bartstoppeln verdeckten zur Gänze
die Narbe am Kinn. »Ich weiß nicht genau, wie Sie das meinen?«
»Was wissen
Sie über den Tod von Anabella Todorova?«
»Nichts.
Nur was ich in der Zeitung gelesen habe.«
Die beiden
Ermittler ließen die Aussage unkommentiert stehen. »Waren Sie am Samstag in der
Premiere?«, fragte Otmar Braunberger ruhig, als würde er sich nach der Uhrzeit erkundigen.
Bernhold
zögerte kurz. »Nein.«
»Sie waren
aber im Großen Festspielhaus, eine Zeugin hat Sie gesehen.« Merana blickte kurz
zu seinem Begleiter. Bluffte Otmar Braunberger oder stimmte das? Er wusste, dass
sein Abteilungsinspektor oft aus seinen eigenen Quellen schöpfte. So war es auch
in diesem Fall. Otmar Braunberger wusste, dass die Chefin des Blumengeschäftes,
in dem er öfter kleine Sträuße für Hedwig besorgte, zu den größten Klatschtanten
der Stadt gehörte, bestens informiert vom Secret Service der Inhaberin eines Friseurladens
in der Innenstadt. Und dass die erfolgreiche Geschäftsfrau bei der Zauberflötenpremiere
gewesen war, davon war er ausgegangen. Ein Mitglied der selbst ernannten Salzburger
Society hatte einfach dabei zu sein. Also hatte er heute auf gut Glück ein Foto
von Bernhold eingesteckt und war zu Mittag im Geschäft aufgetaucht. Er hatte damit
einen Volltreffer gelandet. Die Geschäftsinhaberin hatte den Mann wiedererkannt
und dem
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