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Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)

Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)

Titel: Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Baumann
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Nachricht des Kollegen traf ein. Merana wechselte
zum entsprechenden Serverpfad und holte sich die Dateien auf seinen Rechner. Er
fand insgesamt 20 weitere Bilder und ein Handyvideo. Auf acht der 20 Fotos und auf
dem Handyvideo war auch Emina zu sehen. Auf jeder der Darstellungen bot sich ihm
die identische Situation. Emina schaute auf keinem einzigen Bild zum demolierten
Unfallauto, sie schaute immer auf Ferdinand Hebenbronn. Auf dem Handyvideo war sie
dabei sogar eine halbe Minute lang zu beobachten. Sie hielt unverwandt den Kopf
in seine Richtung gedreht. Merana war verwirrt. Wenn drei oder vier der Bilder die
junge Frau mit Blickrichtung zu Hebenbronn gezeigt hätten, dann wäre daran nichts
Ungewöhnliches festzumachen. Aber sie schaute auf keiner der Aufnahmen in eine andere
Richtung. Natürlich konnte sie in Wirklichkeit auch wie alle anderen zum demolierten
Auto geblickt haben. Aber es war doch auffällig, dass dies auf keinem einzigen der
Bilder dokumentiert war. Sie musste zumindest eine erheblich lange Zeit in ein und
dieselbe Rechtung geblickt haben, eben zu Ferdinand Hebenbronn. Er vergrößerte auf
allen Fotos das Gesicht von Emina. Er fand jedes Mal denselben Gesichtsausdruck. Prüfend. Was hat dich am Anblick von Ferdinand Hebenbronn so im Bann gehalten,
dass du ihn so lange angeschaut hast? War es etwas, worüber du am Sonntag mit mir
reden wolltest, ehe die selbstgefällige Flora dich mit ihrer aufdringlichen Einmischung
irritierte? Oder wolltest du mir am Sonntag etwas ganz anderes mitteilen? Er dachte
nach. Zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem Mozartplatz war noch nichts von den darauf
folgenden Ereignissen passiert. Da erfreute sich Anabella Todorova noch bester Gesundheit.
Erst vier Stunden später sollte sie auf der Bühne des Großen Festspielhauses zu
Tode stürzen. Er dachte darüber nach, welche Gründe es für das sonderbare Verhalten
der jungen Frau geben könnte. Es fielen ihm einige ein, aber keiner kam ihm plausibel
vor. Er wusste einfach zu wenig über die Hintergründe dieses komplexen Falles. Schließlich
fasste er einen Entschluss. Er wählte die von der Bildauflösung beste Darstellung
von Eminas merkwürdigem Blick und klickte auf das Print-Symbol. In der Blattausgabe
des Druckers wurde langsam das vergrößerte Gesicht der jungen Bosnierin sichtbar.
Das gleiche machte er mit einem Bildausschnitt vom Kopf des Sängers. Dann packte
er seine Unterlagen zusammen und ging hinüber in den Sitzungssaal. Er heftete Eminas
Bild an den äußersten linken Rand der großen Ermittlungstafel, Hebenbronns Konterfei
an den rechten. Dazwischen waren alle Bilder, Notizen, Fakten, Indizien und Hinweise,
die sie bisher gesammelt hatten. Er versuchte, sich jedes Detail zu vergegenwärtigen:
vom ersten Schwächeanfall der Königin der Nacht über sein Gespräch mit Neuenberg
auf dem Kapuzinerberg bis hin zur Bemerkung der Großmutter, dem Fernsehbericht von
Bernholds Verhaftung und den Fotos vom Pollerunfall. Er bemühte sich, offen zu sein
für jede Kleinigkeit. Für jedes Gespräch bei den Erhebungen, für jeden Satz der
Zauberflöte, für jeden Eindruck, den er gewonnen hatte. Vom Auftritt der Tierschützer
bis zu Fabienne Navarras Violinkonzert, von der gespenstischen Szenerie beim Leichenfund
auf dem Gaisberg bis zum Vortrag des Experten für Kunstgeschichte und Symbolik.
Nichts wollte er auslassen. Er vergegenwärtigte sich auch die Beschreibungen aus
Flora Stullermanns Facebook-Nachrichten. Er saß wie gebannt in dem großen Zimmer,
dachte nach und starrte dabei auf die Tafel. Er kam nicht weiter. Die Teile fügten
sich nicht zusammen. Er versuchte es auf eine andere Art. Er achtete mehr auf Stimmungen,
denn auf logische Kombinationen. Er versuchte, so gut es ging, alles gleichzeitig
zu erfassen, nicht in der Abfolge des Geschehens sondern in der Gesamtheit. Allmählich
bekam er das Gefühl, die einzelnen Details gerieten in eine Art Schwingung. Bei
manchen Teilen glaubte er so etwas wie einen ähnlichen Klang auszumachen, andere
Hinweise passten wiederum gar nicht ins Gefüge. Die schloss er weg und versuchte,
die übrigen Faktoren ins Zentrum zu rücken. Der Moment der Erkenntnis kam nicht
wie ein Blitzschlag, wie er das sonst oft erlebt hatte. Es hatte nichts mit dem
Betätigen eines Schalters zu tun, dessen Stromstoß im nächsten Moment die Lichtquelle
aktivierte, die alles überstrahlte. Es war mehr wie die Luftblase auf dem Grund
eines Sees, die langsam an die Oberfläche schwebte, um dort

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