Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)
jubelten, als der Esel
das Ziel erreichte. Alle machten sich hungrig über die Melonen her. Auch dem Esel
blieb am Schluss ein kleiner Rest.
Corri, mio
caro asinello coraggioso e testardo, e combatti! hatte Andrea
dazugeschrieben. Lauf, mein lieber kleiner tapferer und hartnäckiger Esel, und
kämpfe! Nichts anderes hatte er vor. Vielleicht sollte er sich noch eine Prise
Aufheiterung gönnen. Er forschte nach der Nachricht, die von den Kollegen der Streife
vor einigen Tagen an alle Mitarbeiter geschickt worden war. Nach kurzer Suche fand
er die Datei mit der Bemerkung Jubiläum – 300. Crash! Er wollte sich endlich
die mitgelieferten Bilder anschauen. Drei Fotos fand er im Anhang. Das erste zeigte
in Großaufnahme die Vorderseite eines Audi, dessen Räder ein Stück über dem Asphalt
schwebten. Der aus dem Boden ragende Poller hatte sich knapp hinter der Frontverkleidung
in den Wagen gebohrt. Ein bleichgesichtiger Mann mit Schirmmütze kniete neben dem
Auto und betrachtete mit verzweifelter Miene den Schaden. Auf dem zweiten Bild war
auch die Umgebung des Unfallortes zu erkennen. Einige der gaffenden Zuschauer hatten
Handykameras gezückt. Ein Mann im Trachtenanzug machte einen der Umstehenden mit
ausgestrecktem Arm auf die Beifahrerin aufmerksam, die eben aus dem Auto kletterte.
Hinter den Leuten sah man leicht verschwommen die Umrisse der Mozart-statue. Das
dritte Bild hatte eine hohe Auflösung und war von guter Qualität. Es vermittelte
einen noch größeren Ausschnitt des Platzes. Im Vordergrund war der demolierte Wagen
auszumachen, dahinter standen die Zuschauer. Plötzlich stutzte Merana. War das nicht
Ferdinand Hebenbronn mitten unter den Gaffern? Der Kommissar markierte einen Bildausschnitt
und vergrößerte ihn. Er war es tatsächlich. Der Sarastro-Darsteller musste auf dem
Weg von seiner Aigner Wohnung in die Innenstadt zufällig hier vorbeigekommen sein.
So wie alle anderen hatte er sich das Spektakel natürlich nicht entgehen lassen.
Merana schloss den vergrößerten Ausschnitt und hatte wieder das gesamte Bild vor
sich. Er hielt ein weiteres Mal überrascht inne. Auf dem Bild zeigte sich noch eine
Person, die er kannte. Emina Saric. Und noch etwas verwunderte den Kommissar. Während
alle Umstehenden auf den kaputten Audi schauten, richtete sich Eminas Blick in eine
ganz andere Richtung. Sie starrte auf Ferdinand Hebenbronn. Hatten die beiden einander
doch gekannt? Oder war es einfach der pure Zufall gewesen? Zwei Leute, die einander
nicht persönlich kannten, fanden sich zufällig zur selben Zeit am selben Ort ein.
Dabei entdeckte die Mitarbeiterin einer Festspielsponsorenfirma überraschenderweise
in der Menge den Star der Opernbühne. Merana war klar, eine Momentaufnahme vor sich
zu haben. Der Fotograf hatte genau in der Sekunde den Auslöser betätigt, als der
jungen Frau der Festspielkünstler aufgefallen war. Er griff zur Computermaus und
vergrößerte den Kopf der Bosnierin. Der Ausdruck in ihrem Gesicht wirkte nicht überrascht.
Ihr Blick war anders. Er suchte nach dem richtigen Begriff. Prüfend kam ihm
in den Sinn. Ja, das passte am besten. Prüfend . Er dachte nach. Dann suchte
er aus dem Absender der Rundmail-Nachricht nach dem Namen des Kollegen und ließ
sich von der Vermittlung verbinden.
»Herr Kommissar,
was kann ich für Sie tun?«
»Zunächst
einmal danke für die Mail mit dem kuriosen 300. Poller-Unfall. Ich habe eine Frage
dazu. Woher stammen die Bilder?«
»Einige
haben wir selbst gemacht. Manche wurden uns auch zugeschickt. Die Salzburger haben
in den letzten Monaten einen wahren Sport daraus entwickelt, die auffälligsten Pollerunfälle
zu dokumentieren.«
»Haben Sie
die anderen Bilder von diesem speziellen Unfall am Mozartplatz noch?«
»Ich denke
schon. Wir heben das meiste auf. Manches Mal kommen ja Anfragen von Versicherungen,
da benötigen wir das Material. In einem Fall hat uns dabei sogar eine der Privataufnahmen
geholfen. Ich stelle die Bilder auf den zentralen Server und schicke Ihnen eine
Nachricht.«
Der Kommissar
bedankte sich und richtete sein Augenmerk wieder auf den Bildschirm. Hatte er beim
zweiten Foto im Anhang der Rundmail nicht richtig hingesehen? Er öffnete noch einmal
dieses Bild. Tatsächlich. Auch darauf war Ferdinand Hebenbronn zu erkennen, wenn
auch schwer. Er wurde auf dieser Darstellung von einer Frau halb verdeckt, die offenbar
auf das kaputte Auto zustrebte. Emina fand sich auf diesem Foto nicht, dafür war
der Bildausschnitt zu eng. Die
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