Zauberhafte Versuchung
Morgen die Nachricht zukommen zu lassen, dass wir ihn aufsuchen werden.«
Dieses E-Book wurde von der "Osiandersche Buchhandlung GmbH" generiert. ©2012
12. Kapitel
E sme zupfte an ihrem Ärmel und zog ihn über den goldenen Reif an ihrem Handgelenk. »Wenn es dir nichts ausmacht, dann überlass mir das Reden bitte«. sagte sie zu Fielding. »Nach unserer Korrespondenz zu urteilen, scheint Phillip ein wenig empfindlich zu sein. Aber er ist auch hochintelligent.«
Esme sah sehr hübsch aus. Eigentlich sah sie nicht anders aus also sonst auch, trotzdem konnte Fielding nicht umhin, es zu bemerken. Die Farbe ihres Kleids passte wunderbar zu ihren grünen Augen, die vor Eifer so glänzten, dass er den Blick kaum von ihr abwenden konnte. »Dein Haar gefällt mir besser, wenn du es offen trägst«, stellte er fest.
Ein wenig verlegen hob sie eine Hand und betastete ihr aufgestecktes Haar.
»Ich habe nicht gesagt, dass es dir nicht steht, Esme. Es sieht sogar sehr hübsch aus. Aber ich finde es viel verführerischer, wenn es dir offen auf die Schultern fällt.«
Esme befeuchtete ihre Lippen und ignorierte die Bemerkung. »Phillip verfügt bestimmt über eine sehr umfangreiche Bibliothek«, sagte sie stattdessen und klatschte in die Hände. »Ich wünschte nur, wir hätten mehr Zeit, sie durchzusehen, falls es so ist.«
»Aber die haben wir nicht«, ermahnte Fielding sie.
Wieder zupfte sie an ihrem Ärmel herum und versuchte, das Armband zu bedecken.
»Was machst du, Esme?«
»Nichts«, entgegnete sie und wandte den Blick ab. »Ich will nur nicht, dass Phillip erfährt, wie dumm und schwach ich war. Ich möchte mich ganz allgemein bei ihm erkundigen, wie man einen Fluch aufheben oder umkehren kann, ohne dass ich diesen ganz besonderen hier erwähne. Vielleicht könnten wir aber auch einfach nur sagen, wir wüssten, dass die beiden Helfershelfer des Raben zwei der Reifen haben.« Esme schüttelte den Kopf, und selbst im Halbdunkel der Kutsche hätte Fielding schwören können, dass ihre Augen sich mit Tränen füllten. »Aber ich hätte es wirklich besser wissen müssen und meiner Neugier nicht nachgeben dürfen.«
Er hätte sie gern getröstet und ihr gesagt, sie solle aufhören zu weinen, doch da er nicht sicher war, wie sie reagieren würde und er in solchen Dingen keine Übung hatte, nickte er nur. »Keine Angst, ich werde nichts davon erwähnen«, versicherte er ihr und legte ihr beruhigend eine Hand aufs Knie.
»Danke.«
Fielding zog die Tasche, die er bei sich trug, noch näher an sich heran. »Wir werden ihm die Schatulle erst zeigen, wenn ich überzeugt bin, dass er mit deiner Entführung nichts zu tun hat.«
»Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Wissenschaftler wie Phillip mit dem Raben zusammenarbeiten würde.«
»Möglich ist alles«, meinte Fielding.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nicht Phillip. Er ist viel zu anständig für so etwas. Außerdem würde ein intelligenter Mensch wie Phillip doch nicht auf einen so elenden Verbrecher wie den Raben hereinfallen, der ...«
Sie unterbrach sich und errötete, als wäre ihr gerade bewusst geworden, dass ihre Worte auch so interpretiert werden konnten, als wäre auch Fielding weder anständig noch intelligent.
»Ich wollte damit nicht sagen ...«, begann sie rasch, aber er ließ sie nicht ausreden.
»Der Rabe kann überaus charmant sein, wenn er will. Er hat schon gestandenere Männer als deinen Gelehrten dazu gebracht, zu tun, was er verlangt.«
Esme sagte nichts und ließ offen, ob sie ihm glaubte oder nicht.
Aber Fielding spürte, wie sein Ärger auf Phillip, den Gelehrten, zunahm. Was, wenn dieser intelligente, anständige Mensch nun genau die Sorte Mann war, zu der es Esme letztlich hinzog? Aller Wahrscheinlichkeit nach war er ein bleichgesichtiger, bebrillter Schwächling, der nicht einmal imstande sein würde, Esme vor dem Raben zu beschützen.
Dieser Gedanke trug keineswegs dazu bei, Fieldings Stimmung zu verbessern. War das vielleicht der Grund, warum Esme sich heute so viel Mühe mit ihrem Haar gegeben hatte - weil sie gewusst hatte, dass sie ihrem gelehrten Freund begegnen würde? Und wenn Fielding sich noch so sehr einzureden versuchte, er sei nicht eifersüchtig auf diesen Phillip, wurde er doch den Verdacht nicht los, dass er sich selbst belog.
Kurz darauf hielt die Kutsche auch schon. »Ich glaube, wir sind da«, sagte Fielding.
Nachdem er Esme beim Aussteigen behilflich gewesen war, stiegen sie Seite an
Weitere Kostenlose Bücher